Wenn sich ein Viermannbetrieb einen 17-Millionen-Auftrag angelt, beweist er damit, dass Qualität keine Frage der Grösse ist. Gelungen ist dieses Kunststück der Horwer Manitec Consulting: Wenn im Herbst das neue Sendungslager auf dem Klotener Frachtflughafen seinen Betrieb aufnimmt, hat die kleine Firma aus dem Luzerner Vorort einen wesentlichen Anteil am Gelingen. Denn von ihr stammt das ausserordentlich speditive und Platz sparende Lagerbewirtschaftungssystem im Innern des Neubaus. «Der Auftrag an die Manitec Consulting war ein Teilprojekt innerhalb eines Teilprojekts», rückt Rainer Deutschmann, Geschäftsleitungsmitglied der SAir-Tochter Cargologic, die Bedeutung des Auftrags für seinen Betrieb ins rechte Licht.

Doch was für die Cargologic ein kleiner Mosaikstein unter anderen war, hat den Partner gewissermassen in eine höhere Umlaufbahn geschossen. Die Anlage in Kloten ist zwar erst die zweite ihrer Art, doch dank diesem Prestigeauftrag, der seit nunmehr fünf Jahren rund drei Viertel des Umsatzes ausmacht, haben die Luzerner zumindest auf der Marketingseite nur noch ein Problem: Sie müssen erkennen, welche Anfragen bloss Versuchsballone sind und welche mit hoher Sicherheit zu einem Auftrag führen.

Dabei hat die ungewöhnliche Liaison zwischen dem nationalen Aushängeschild und der Kleinfirma lange an einem seidenen Faden gehangen: Denn die teilweise namhafte Manitec-Konkurrenz intrigierte heftig bei der Swissair. Dazu kamen aber auch Swissair-interne Turbulenzen. Mit dem Amtsantritt von Philippe Bruggisser wurde das Projekt kurzfristig wieder auf Eis gelegt. Und schliesslich verweigerte die Manitec-Hausbank ihrem Kunden auch noch die nötigen finanziellen Garantien. «Manchmal hatten wir schon ein ungutes Gefühl», kommentiert Geschäftsführer Hans Koller die Zeit bis zum Abschluss des endgültigen Vertrags im Frühjahr 1997. Wobei Koller nicht verschweigt, dass die langwierigen Vertragsverhandlungen unter dem Strich der Manitec sogar noch zugute gekommen sind: Da lange kein Rahmenvertrag bestand, musste die Swissair die Projektarbeiten laufend abgelten und ersparte so der Manitec hohe Vorfinanzierungskosten.

Die Möglichkeit, seine Projektkosten mit einem grossen Partner zu teilen, hat auch Andreas Schweitzer, Geschäftsführer der Chamer Fritson, sondiert. Doch der smarte Unternehmer, der ursprünglich aus der Vermögensverwaltung für institutionelle Anleger kommt, hat sich schliesslich anders entschieden. Schweitzer und seine Partner nutzen jetzt zwar das Entwicklungslabor der Spreitenbacher Zweifel und haben vom Chipshersteller auch schon eine Absichtserklärung für die Marketingkooperation erhalten, doch das grosse Geschäft will die Fritson selber machen. Die finanzielle Verflechtung mit einem potenziellen Vertreiber könnte zu Konflikten führen und schliesslich gar die Umsätze schmälern. Umsätze, die Schweitzer und seine Partner - darunter Alfred Meister, ein ehemaliges Geschäftsleitungsmitglied der Zweifel - mit einem neuartigen Pommes-frites-Backsystem erzielen wollen.

35 000 Tonnen Kartoffeln werden jährlich in der Schweiz zu Pommes frites verarbeitet, und verkauft werden sie zum überwiegenden Teil in der klassischen Gastronomie. In den USA ist das anders. Dort boomt das Geschäft mit den Automaten, und auch die Fritson gehört zu den Firmen, die darauf setzen, dass Europa jetzt nachzieht. Mit den Branchengrössen aus dem Foodbereich legt sie sich trotzdem nicht an. Denn sie positioniert sich exakt in der Nische zwischen den Betreibern von unbemannten Pommes-frites-Automaten und den Herstellern von Gastronomiefriteusen. Ihr Zielmarkt sind all jene Verkaufsstellen von Snacks und Erfrischungen, die Pommes frites verkaufen möchten, aber nicht genügend Nachfrage für den lohnenden Betrieb einer wartungsintensiven Friteuse haben.

Zwei Millionen Franken hat die Fritson bisher investiert: Knapp die Hälfte davon in eine Konservierungsmethode, die es erlaubt, die halb fertigen Pommes frites auch bei Raumtemperatur zu transportieren und zu lagern. Denn das genial einfache Vertriebskonzept, das sich Schweitzer und seine Kompagnons ausgedacht haben, lässt sich nur umsetzen, wenn die Vertriebspartner keine Kühlinfrastruktur aufbauen müssen. Und so funktioniert es: Die Fritson stellt den Snackverkäufern und Kioskbetreibern kostenlos einen Backautomaten samt 50 Gratisportionen Pommes frites ins Haus und übergibt den anschliessenden Vertrieb der halb fertigen Pommes frites einem grossen Partner aus dem Lebensmittel- und Gastrobereich, der die Kleingastronomen so oder so schon auf der Kundenliste hat. Eine Win-win-Situation der klassischen Art: Denn dieses Konzept erspart der Fritson den Aufbau eines kostspieligen Vertriebsnetzes und gibt dem grossen Partner die Möglichkeit, völlig risikolos eine zusätzliche Distributionsmarge einzufahren.

«Wir verschaffen den Grossen kostenlos ein Zusatzgeschäft», schwärmt Schweitzer von seinem Konzept. Was er jetzt allerdings noch braucht, ist Geld für die Finanzierung der 5000 Backautomaten, welche die Fritson bis Ende 2000 installieren will. Sollten sich Geldgeber finden lassen, stehen märchenhafte Umsatzzahlen ins Haus: In fünf Jahren soll der Umsatz laut Businessplan knapp 150 Millionen Franken betragen. Schon wesentlich früher dürfte da die Hightechfirma Pollex Technology LTD den kommerziellen Durchbruch schaffen. Der 14-Mann-Betrieb aus Binningen hat gemeinsam mit Siemens ein fingernagelgrosses Standardmodul für die schnelle Identifikation von Fingerabdrücken entwickelt und will dieser Tage die ersten eigenen Produkte lancieren. Dies obwohl seit dem Abschluss der Kooperationsvertrages keine zwei Jahre vergangen sind.

Für Jean-Denis Borer, Gründer und Mehrheitsaktionär der Pollex, hat sich die Zusammenarbeit mit Siemens deshalb schon heute als Glücksfall erwiesen: «Dank dem Halbleiter-Know-how von Siemens konnten wir unsere Produkte vier- bis fünf- mal schneller zur Marktreife bringen als ursprünglich geplant.» Eine Zeitersparnis, die Gold aufwiegt; zumal die Pollex den Massenmarkt anpeilt. Im Gegensatz zur Siemens, die das Modul für hochwertige Investitionsgüter nutzt, will Borer seine Pollex gleich dreifach positionieren: Als Zulieferer für Zeiterfassungs- und Zutrittskontrollsysteme, als Lieferant von Sicherheitsapplikationen in den Bereichen PC und E-Commerce sowie als Lizenzgeber für Dritte.

Vor allem vom Geschäft mit der IT-Branche verspricht sich Borer viel: «Das Internet hat sich durchgesetzt. Was es jetzt noch braucht, sind Sicherheitsstandards, und die können wir jetzt kostengünstig anbieten.» Der Grund für den tiefen Preis: Die Pollex-Siemens-Plattform basiert nicht auf einem optischen Leser, sondern auf einem so genannt kapazitiven Sensor, der nicht Bilder erzeugt, sondern die Fingerkuppe rein elektromagnetisch abtastet, mit dem Vorteil, dass die analogen Signale auf dem Chip selbst digitalisiert und ausgewertet werden. Deshalb soll zum Beispiel der Pollog, das Pollex-Fingerprintmodul für PC, nur 250 Franken kosten. Zum Vergleich: Optische Systeme zur Identifikation der Augeniris kosten heute noch mehrere 1000 Franken.

Aufgrund des Kostenvorteils sind die Pollex-Produkte aber auch für OEM attraktiv: Seit der Pollog die EU-Testetikette tragen darf, welche ihm die gesetzlich vorgeschriebene Resistenz gegen elektromagnetische Entladungen bescheinigt, ist der Weg auf den Weltmarkt auch für die Basistechnologie frei. Und prompt hat der japanische NEC-Konzern angekündigt, Ende Jahr neue Laptops mit einem integrierten Pollex-Fingerprintmodul auf den Markt zu bringen. Auf diesem Laptop loggt sich der Nutzer dann nicht mehr per Name und Passwort, sondern per Fingerdruck ein.

Produziert werden die Security-Produkte übrigens zu 80 Prozent in der Schweiz. Den Chip liefert die Siemens Schweiz, und für die Montage ist namentlich die Breitenbacher Firma Brac-Werke zuständig, wo das Modul bereits heute über 15 Arbeitsplätze geschaffen hat. Abgesetzt werden sollen die Pollex-Produkte aber vor allem im Ausland; deshalb ist Borer jetzt daran, ein weltweites Vertriebsnetz aufzubauen. 14 grosse Distributoren hat er schon akquiriert, und er ist überzeugt, dass er seine selbst gesetzten Ziele erreichen kann: Bis Ende des nächsten Jahres soll die Pollex die Umsatzgrenze von zehn Millionen Franken durchstossen; dann ist auch schon das Initial Public Offering (IPO) an der amerikanischen Nasdaq geplant.

Dieser stramme Kurs hat auch die professionellen Wachstumsfinanzierer hellhörig gemacht. Seit dem vergangenen September sitzt denn auch die Zürcher Beteiligungsgesellschaft Venture Partners mit im Boot, und Jean-Denis Borer weiss, dass beim Deal mit den Risikokapitalisten «unser Kontakt mit der Siemens zweifellos eine grosse Rolle gespielt hat». Eine einzige gelungene Kooperation mit einem etablierten Konzern macht Eindruck; sie kann einem Betrieb schlagartig ein grosses Renommee verschaffen. Diese Erfahrung hat auch Hans Koller von der Manitec gemacht. Er will die Möglichkeiten des Referenzmarketings resolut nutzen und denkt bereits daran, die internationale Lizenz für das bei der Cargologic bewährte Manitec-Lagerbewirtschaftungssystem an ausländische Generalunternehmer zu verkaufen.

Völlig verkehrt wäre es allerdings, würde man in solchen Kooperationen eine versteckte Förderung der Kleinen durch die Grossen sehen. Rainer Deutschmann von der Cargologic etwa betont, dass man sich für die Manitec Consulting einzig und allein auf Grund der Qualität entschieden hat: «Die Manitec Consulting war keineswegs die erstbeste Lösung. Wir sind spät auf sie gestossen und haben ihretwegen sogar nachevaluiert.» Ins gleiche Horn stösst Siemens-Manager Beat Oberholzer. Er war bei der Siemens Schweiz für die Kooperation mit der Pollex zuständig und sagt klipp und klar: «Wir haben weltweit evaluiert, und ich war selbst erstaunt, dass die beste Firma vor unserer Haustür lag.»

Auf 25 Mannjahre schätzt Oberholzer den Aufwand, der in der Pollex-Software steckt. Zudem hätten Borers Leute einen weltweiten Know-how-Vorsprung von gegen einem halben Jahr, was der Siemens für ihre eigenen Produkte einen Marktvorsprung von zwei bis drei Monaten beschere. «Das kann uns bis 30 Prozent an einem Milliardenmarkt sichern», sagt Oberholzer. Für ihn ist es deshalb keine Frage, ob sich die Kooperation mit einem KMU lohnen kann oder nicht. Im Gegenteil: «Für innovative Konzerne wird diese Form der Zusammenarbeit mehr und mehr zu einem Muss.»
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