Die Mobilität ist im Wandel. Zum einen fordert die Klimasituation neue Konzepte, zum anderen sind für städtische und urbane Regionen flächeneffiziente Verkehrsmittel gefragt. Was tut die SBB? Dazu Christina Meier, Leiterin Nachhaltigkeit: «Die Bahn ist neben dem Langsamverkehr wie dem Velo das klimafreundlichste Transportmittel.

Deshalb trägt die SBB – wie grundsätzlich die Verkehrsverlagerung auf den Zug – einen wesentlichen Teil zum Klimaschutz bei.» Jährlich vermeide die Schweiz durch die Bahn einen CO2-Ausstoss in der Grössenordnung von fünf Millionen Tonnen, was ungefähr zehn Prozent ihrer Gesamtemissionen entspreche.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Mit ihren Nachhaltigkeits-Schwerpunkten will die SBB als treibende Kraft bei der Transformation zu einer nachhaltigen Schweiz wirken. Unter anderem hat die SBB die Ambition, bis 2030 klimaneutral zu sein. «Ab 2025 werden unsere Züge mit 100 Prozent erneuerbarer Energie unterwegs sein.

«Bis diese neuen Technologien entwickelt sind und für den Praxiseinsatz bereitstehen, sind unter anderem einfache, kurzfristige Übergangslösungen sinnvoll»

Philipp Haudenschild, Fachspezialist alternative Antriebe und Kraftstoffe bei SBB

Heute sind es bereits 90 Prozent», sagt Meier. Dennoch verursacht die SBB noch immer direkte Treibhausgasemissionen – beispielsweise aus Diesellokomotiven, Heizungen oder Strassenfahrzeugen. Rund 80’000 Tonnen CO2 fielen 2021 an.

Die SBB ist der Science Based Targets Initiative beigetreten und will ihre betrieblichen Treibhausgasemissionen gegenüber 2018 bis 2030 halbieren und bis 2040 um über 90 Prozent absenken. Um die Klimaneutralität 2030 zu erreichen, müssen die restlichen Emissionen kompensiert werden. Dies soll mittels Projekten in der Lieferkette geschehen.

Treibstoff aus altem Speiseöl

Laut Meier spart die SBB konsequent Energie und stellt auf erneuerbare Energien um. Um von fossilen Treibstoffen wegzukommen, müssen alternative Treibstoffe eingesetzt werden wie beispielsweise Wasserstoff. Dazu hat die SBB 2021 eine Machbarkeitsstudie erarbeitet.

Bereits heute ist absehbar, dass der Einsatz dieses Energieträgers innerhalb der SBB höchstwahrscheinlich auf die Stromversorgung von Baustellen und Maschinen mit hohem Autarkiebedarf beschränkt sein wird. Für den Grossteil der heute dieselbetriebenen Spezialfahrzeugen setzt die SBB aber bei Ersatz- und Neubeschaffungen auf elektrischen Antrieb.

Dank Entwicklungen in der Batterietechnologie sind Batterieloks denkbar, welche nach Bedarf mit einem Stromabnehmer ergänzt werden können.

«Bis diese neuen Technologien entwickelt sind und für den Praxiseinsatz bereitstehen, sind unter anderem einfache, kurzfristige Übergangslösungen sinnvoll», erklärt Philipp Haudenschild, Fachspezialist alternative Antriebe und Kraftstoffe bei SBB. Ein gutes Beispiel seien die dieselbetriebenen Schienenfahrzeuge.

2021 hat die SBB einen ersten Praxistest gestartet: Ein älteres Fahrzeug läuft seither mit einem speziellen Treibstoffgemisch, wobei dem herkömmlichen Diesel ein Viertel HVO-Treibstoff beigemischt ist – also Treibstoff aus organischen Rest- und Abfallstoffen wie beispielsweise altem Speiseöl.

Auch auf dem Weg vom oder zum Bahnhof soll das elektrische Fahren möglich sein.»

Das Ergebnis: Das Fahrzeug funktioniert bisher einwandfrei. Wie Haudenschild erklärt, gilt es allerdings noch eine Hürde zu nehmen: «In der Schweiz ist erst wenig HVO-Treibstoff erhältlich.» SBB Lieferanten müssten daher mit anderen europäischen Ländern gleichziehen, wo es an Tankstellen längst HVO-Treibstoffe gebe.

Einen Beitrag zur raschen Reduktion der Treibhausgase will die SBB leisten, indem sie ihre Strassenfahrzeuge sukzessive durch Elektrofahrzeuge ersetzt.

Mittels telematischer Analysen der Fahrzeuge wurden 2021 Fahrprofile erstellt, mit den Teams besprochen und darauf basierend Pilotflotten und -standorte ausgewählt. Dieses Jahr sind bereits die ersten 30 Elektrofahrzeuge für die SBB im Einsatz. Dafür wurde Ladeinfrastruktur in St. Gallen am Bahnhofplatz, in Zürich an der Remisenstrasse, in Basel am Walkeweg und in Renens an der Rue de Léman installiert.

Weitere Standorte werden in den kommenden Monaten folgen. Auch auf dem Weg vom oder zum Bahnhof soll das elektrische Fahren möglich sein. Seit 2020 wurden dafür zwölf Mobility-Standorte mir rund 50 Ladestationen ausgerüstet.

Bis Ende 2023 will die SBB schweizweit an 40 bis 50 zentralen Standorten rund 150 Parkplätze mit E-Ladestationen für die Elektroflotte von Mobility ausrüsten. Für eine flächendeckende, nachhaltige Mobilität in den Städten und der Agglomeration bietet das Unternehmen zudem Services wie P+Rail (am Bahnhof parkieren und mit dem Zug weiterfahren) oder prüft digitale On-demand-Angebote wie Rufbus.

Fallblatt-Bücherschränke

Im Rahmen der Strategie 2030 wurde ausserdem festgelegt, dass die SBB den Übergang zur Kreislaufwirtschaft vollzieht. Diese schont nicht nur die natürlichen Ressourcen, sondern senkt CO2-Emissionen und Kosten. Im vergangenen Jahr liefen mehr als 20 Projekte in unterschiedlichen Bereichen der Wertschöpfungskette.

So wurden beispielsweise Teile der Fahrleitung demontiert, aufbereitet und ohne Qualitätsverluste wieder montiert. In den Bahnhöfen Bern, Basel, Olten, Aarau und Schaffhausen hat die SBB 2021 offene Bücherschränke aus alten Fallblattanzeigen aufgestellt. Besucher können jeweils ein Buch mitnehmen oder ein anderes hineinstellen.

Um Abfall zu reduzieren, hat die SBB letztes Jahr an den Bahnhöfen Zürich und Basel ein Mehrwegsystem für Geschirr pilotiert, das eine Alternative zu Wegwerfbechern bietet und wird dieses nun sukzessive an 30 Schweizer Bahnhöfen einführen. Unter den 77 Millionen Tonnen Material, das die SBB im Umlauf hat, befinden sich viele Wertstoffe, für die das Unternehmen selbst keine Verwendung mehr hat.

Im eigenen Recyclingcenter werden diese getrennt gesammelt und der Wiederverwertung zugefügt. 2021 wurden so beispielsweise knapp 60 Tonnen Kabel granuliert, das heisst, die Isolation wurde vom Kupfer getrennt. Dieses konnte am Werkstoffmarkt zu attraktiven Preisen verkauft werden.

Ziel ist es jedoch wo möglich, Materialien wieder aufzuarbeiten oder direkt in eigenen Projekten als Sekundärmaterialien einzusetzen, was heute bereits in dedizierten Projekten gelebt wird und in Zukunft skaliert werden kann. Gemäss Nachhaltigkeits-Leiterin Christina Meier geht die SBB auch indirekte Emissionen an.

Als Einkäuferin hat das Unternehmen im vergangenen Jahr Aufträge in Höhe von 5,63 Millionen Franken vergeben und mit 13'315 Lieferanten zusammengearbeitet.

«Wir schaffen und schützen Lebensraum für seltene Tiere.»

Christina Meier, Leiterin Nachhaltigkeit SBB

Demensprechend sind die Treibhausgasausstösse in der Lieferkette der SBB über zehnmal höher als die SBB eigenen Emissionen. Im Rahmen der klimaneutralen SBB geht das Unternehmen auch diese indirekten CO2-Emissionen an. So sollen beispielsweise bis 2040 SBB nahe Dienstleistungen klimaneutral eingekauft und gemietete Gebäude CO2-frei beheizt werden.

Zudem sollen durch die Anwendung von Nachhaltigkeitskriterien in Ausschreibungen ökologischere Produkte bevorzugt werden. Auch im Bereich Infrastruktur und Immobilien wurden bei verschiedenen geplanten Bauprojekten die Voraussetzungen geschaffen, um die Zirkularität zu erhöhen.

Wie Meier erklärt, unternimmt die SBB im Rahmen ihrer Nachhaltigkeitsaktivitäten jedoch auch Dinge, die beim ersten Gedanken nicht mit dem Unternehmen in Verbindung gebracht werden: «Wir schaffen und schützen Lebensraum für seltene Tiere.

Zum Beispiel im Gleisfeld des Zürcher Hauptbahnhofs. In diesem von der Stadt anerkannten Biotop leben zwischen den Gleisen Amphibien, Reptilien und Insekten. Unter anderem Gelbbauchunken, blauflüglige Sandschrecken und Mauereidechsen.» Zur Wahrung dieser Artenvielfalt platziert die SBB bewusst Steinkörbe, Asthaufen, Tümpel und Grasflächen.