Die Nutzung der Mobiltelefonie ist in der Schweiz im Vergleich zu Europa sehr teuer», steht im 9. Implementierungsbericht der Europäischen Union. Untersucht und verglichen wurden die Mobiltelefontarife in den Ländern der EU-15 und der Schweiz. Bei Wenigtelefonierern, die nach einem von der OECD zusammengesetzten Warenkorb telefonieren und SMS senden «liegt die Schweiz deutlich über dem europäischen Schnitt». Bei Vieltelefonierern sieht es noch düsterer aus: Während 2003 im europäischen Durchschnitt 150 Anrufe und 42 SMS 70 Euro kosteten, verlangte Swisscom dafür 118 Euro mit Abstand der teuerste Preis in Europa. Zum Vergleich: Bei Sunrise kostete das selbe Angebot 87 und in Österreich 60 Euro.

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Warum ist mobiltelefonieren in der Schweiz so teuer? Orange, Sunrise und Swisscom sprechen mit einer Stimme: Mobiltelefonieren ist hierzulande gar nicht teurer als anderswo, schliesslich wurden im 9. Implementierungsbericht die Preise nicht kaufkraftbereinigt. Peter Fischer, Vizedirektor beim Bundesamt für Kommunikation (Bakom), lässt das nicht gelten: «Polemisch könnte man sagen, dass wenn man alles kaufkraftbereinigt, man von vornherein davon ausgeht, dass in der Schweiz alles teurer sein muss.» Im Übrigen habe man im 9. Implementierungsbericht lediglich die Methodik der EU übernommen.

«Kunden wollen Gratishandys»

Dass sie nominal teurer sind als ihre europäischen Konkurrenten, so die Betreiber, hänge mit der Verordnung zum Schutz vor Nichtionisierender Strahlung (NISV) und der schwierigen Topografie in der Schweiz zusammen. Swisscom beziffert den Mehraufwand beim Netzaufbau auf gegen 30%. Mehrkosten wegen der NISV ja, gesteht man beim Bakom zu, aber nicht in der Höhe.

Und schliesslich «erwarten die Konsumenten Gratishandys», so Swisscom-Sprecher Sepp Huber stellvertretend für die Branche: «In anderen Märkten spielt das nicht so eine Rolle.» Allein Swisscom Mobile hat 2003 348 Mio Fr. in die Subventionierung von Geräten investiert. Trotz Gerätesubventionen und anderen reklamierten Mehraufwendungen gehört die Ebitda-Marge Swisscoms (Q1 2003: 52%) zu den höchsten in Europa, gleich hinter Spaniens TEM (55%) und Italiens TIM (53%). Inzwischen sind die Kundenbindungskosten gestiegen und Swisscoms Ebitda ist auf immer noch beachtliche 45,5% gesunken.

MMS wird überschätzt

Der Wettbewerb innerhalb der Schweiz funktioniere sehr wohl, heisst es aus den Firmenzentralen wenn auch nicht über die Minutenpreise. Dabei verweisen sie auf ihre höchst differenziert geschnürten Abo-Pakete, die mit allerlei Gratisminuten, -SMS und verbilligten Geräten garniert werden.

Den Konsumenten gefallen diese Abopakete nicht. Aus ihrer Sicht sind «Tarife und Abobedingungen unnötig komplex», schreibt das Beratungsunternehmen Capgemini in der Studie «Recharging Mobile Innovation». Capgemini hat in 15 europäischen Ländern, darunter auch der Schweiz, die Kundenbedürfnisse erfragt und untersucht, inwiefern die Anbieter diese erkennen und umsetzen. Gemäss Studie unterschätzen die Netzbetreiber die Wichtigkeit eines einfachen Angebots. Überschätzen würden die Operators hingegen die Bedeutung von Mehrwertdiensten wie MMS oder iMode, so Capgemini. Drei Viertel der 1200 befragten Konsumenten halten sie für unwichtig. Sogar Sepp Huber gibt zu: «Es gibt zwei Killerapplikationen fürs Handy. Telefonieren und SMS». 44% der Kunden wären laut Studie bereit, auf Mehrwertdienste zu verzichten, wenn sie im Gegenzug weniger fürs Telefonieren und die Textmitteilungen zahlen müssten.

Schwedischer Preisbrecher

Mit ihrem .net-Angebot zeigt Comviq (www.comviq.net) in Schweden, wie ein günstiges und übersichtliches Abomodell aussehen kann: Abonnement und Sprachbox kostenlos, telefonieren für 27 Rp. die Minute, egal in welches Netz und zu welcher Tageszeit, Anmeldung und Kundendienst nur übers Internet. SMS für 10 Rp. Alles andere kostet extra. Der durchschnittliche Umsatz pro Comviq-Kunde (ARPU) beträgt zwar lediglich 19 Euro, der Ebitda liegt dank schlanker Produktion dennoch bei 50%. Detaillierte Kundenzahlen veröffentlicht Comviq für ihr .net-Angebot nicht. Man liege im Plansoll, heisst es aus Stockholm.

Comviq.net bleibt vorderhand die Ausnahme im europäischen Markt. Capgemini hat bei den Interviews mit den Operators festgestellt, dass viele die gleiche Strategie verfolgten und versuchten, die Konkurrenten bei allen Merkmalen zu übertreffen und die Kunden so bei der Stange zu halten, statt deren Bedürfnissen nachzukommen (sprich: einfacher und billiger). Dazu kommt, dass es für die drei Schweizer Mobilfunker teuer ist, in einem gesättigten Markt Anteile zu gewinnen. Deshalb maximieren diese die Marge und nicht das Wachstum. «So tragen die drei Sorge zueinander und zu den Preisen», sagt Telekom-Analyst Serge Rotzer von der Zürcher Kantonalbank

Glacéhandschuhe ausgezogen

Die Glacéhandschuhe ausgezogen haben die Operators im Kampf um die Geschäftskunden. Im Business-Bereich zahlen Kunden für Anrufe innerhalb des eigenen Mobilnetzes teilweise Preise im einstelligen Rappenbereich je nach Verhandlungsgeschick. In diesem Kundensegment haben Kaufkraft, NISV und Topografie nur mehr geringen Einfluss auf die Preisgestaltung.