Der 63-jährige Hermann Bader strotzt vor Energie. Täglich steht er um 4 Uhr früh auf, trimmt sich 11/2 Stunden lang auf seinem Laufband und braust dann mit seinem Ferrari von Muttenz nach Lenzburg. «Auf der Fahrt kommen mir immer die besten Ideen», sagt er - zum Beispiel wie man aus Frittieröl Geld machen kann.

«Ich bin ein Machtmensch, aber ich missbrauche sie nicht, sondern setze sie positiv um.» Bader agiert erfolgreich. 1998 hat er zusammen mit zwei Partnern 51% der Fleischverarbeitungsfirma Traitafina von Hero übernommen und in die schwarzen Zahlen geführt.

*«Ein roter Patriarch»*

«Ich führe meinen Betrieb patriarchalisch. L?état c?est moi: Ich entscheide selber und brauche keine grossen Diskussionen in der Geschäftsleitung.» Nur ungern lässt er sich Zahlen entlocken - immerhin verrät er erstmals für die Öffentlichkeit seinen Gewinn (siehe Kasten). Im Betrieb duzt er jeden, will aber selber gesiezt werden. Trotzdem meint er: «Ich gelte als roter Patriarch.» Seine Betriebskommission werde von ihm detailliert und sogar besser orientiert als der Verwaltungsrat. Und Mindestlöhne von 3350 Fr. habe er bezahlt, noch bevor die Diskussion um Mindestlöhne überhaupt losgegangen sei. Viel Lob erhält er vom Metzgerei Personalverband der Schweiz: «Traitafina ist ein sehr sozialer Betrieb», sagt deren Geschäftsführer Arthur Rossetti. Nüchterner tönt es bei der Gewerkschaft VHTL: «Die Löhne bewegen sich im Branchendurchschnitt», sagt Regionalsekretärin Ariane Gscheidle, «Bader bemüht sich aber um ein gutes Arbeitsklima.»

Der Turnaround der Traitafina war Bader nicht genug. Er gründete die Heba Food Holding, die pro Jahr 165 Mio Fr. umsetzt. Neben der Fleischverarbeitungsfirma gehören dazu gleich ein halbes Dutzend weitere Firmen. So kaufte er von Hero auch noch die Divida, die Frischprodukte im Convenience-Bereich, beispielsweise Salate herstellt und gründete das Liegenschaftsunternehmen namens Bidonville - so wie die Barackenvorstädte in Frankreich heissen. Der Patron liebt es eben zu provozieren.

Seit diesem Jahr hat er mit Hilfe von Bankkrediten der Aargauer Kantonalbank die restlichen 49% der Hero-Aktien an Traitafina übernommen. Doch Rückschläge muss auch er einstecken. Als er die Traitafina übernahm, hat er gleich den Hauptkunden Waro verloren. Und jetzt hat ihm die Epa den Vertrag für die Fleischlieferung gekündigt, weil sie zur Coop-Tochter Bell wechselt. Traitafina verliert damit 6% ihres Umsatzes. Das schmerzt den ehemaligen langjährigen Bell-Geschäftsführer Bader.

«Solche Rückschläge fordern mich heraus», sagt er. Bereits hat er einen anderen Grosskunden an der Angel: Die Esso-Tankstellen. «Jetzt beliefern wir unsere Kunden siebenmal pro Woche, und nächstes Jahr werden wir gar zweimal pro Tag mit unseren Lastwagen vorfahren.» Und das mit firmeneigenem Frittieröl im Tank. Bereits sechs Traitafina-Lastwagen sind von der Firma Biodrive umgerüstet. Das ist Baders jüngstes Kind.

*UmweltMarketing*

An Biodrive ist Bader zu 34% beteiligt. Patrick Keller und Hans Frei heissen die beiden anderen Besitzer von Biodrive, die in der Autowerkstatt vis-à-vis von Traitafina Lastwagen umrüsten und das gebrauchte Pflanzenöl in Treibstofföl umwandeln. Auch Personenwagen können auf das aufbereitete Abfallöl umgerüstet werden. Einfacher geht es jedoch bei Lastwagen, weil deren Motorraum mehr Platz bietet für die technischen Installationen. «Als ich die beiden Daniel Düsentriebs von Biodrive kennenlernte, war ich wie elektrisiert. Ich wusste sofort, da muss ich den kommerziellen Gedanken sicherstellen», erzählt Bader. Neben dem Umweltgedanken ist das Ganze für ihn auch ein Marketinggag: «Ich kann meinen 5000 Restaurationskunden die Entsorgungsprobleme des Altöls lösen.»

Bereits haben Grossfirmen wie McDonald?s angebissen. Diese liefern gebrauchtes Öl zwar nicht gratis, aber sie wollen selbst vorerst einmal zwei Lastwagen auf Frittieröl umrüsten.

Das Ganze ist auch eine Kostenfrage: Das Umrüsten eines Lastwagens kostet 9800 Fr., der dann sowohl mit Diesel wie auch mit aufbereitetem Frittieröl fahren kann. Der Treibstoff aus aufbereitetem Frittieröl ist aber sehr viel billiger als Diesel. Er kostet 80 Rp. pro Liter, während für Diesel etwa 1.30 Fr bezahlt werden muss. Altöl ist bis 2500 Tonnen jährlich von Steuern befreit. Das Buwal unterstützt solche umweltschonenden Energieformen, da sie CO2-neutral wirken. Noch ist allerdings unklar, wie stark krebserzeugend solcher Treibstoff ist.

«Jetzt geht es erst richtig los», sagt der Chrampfer. Wir haben bereits einen Auftragsbestand für zwei Jahre.» Was fehlt, ist genügend gebrauchtes Pflanzenöl. Doch dieses Problem wird Bader vielleicht bei einer seiner Heimfahrten auch noch lösen.

Nach einem 12-stündigen Arbeitstag freut er sich jeweils auf den grossen Mocken Fleisch, dem ihm seine Frau zubereitet. Viel Fleisch sei gesund, meint er und verzichtet gerne auf Salat, Gemüse oder Früchte. Seinen Ferrari hat er allerdings nicht auf Frittieröl umgerüstet. Der Bolide verschlingt immer noch 15 Liter Benzin auf 100 Kilometer.

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