Haben Sie eine Million Franken?», fragte der Vermögensverwalter und konnte sich ein leicht ironisches Grinsen nicht verkneifen. Dabei wollte ich doch nur in einen Hedge-Fund investieren. «Sie verstehen mich falsch», scherzte ich zurück, «ich will eine Million Dollar verdienen.» Kurze Zeit später stand ich vor der Tür und wusste: Mit Hedge-Funds kann viel Geld verdienen, wer schon viel hat.

Das war einmal. Heute kann man je nach Fonds schon mit einer Mindestanlage ab 100 Franken einsteigen. Wie kam es zu dieser 180-Grad-Wende bei den Banken und Finanzhäusern? Und kann man mit Hedge-Funds immer noch so viel verdienen wie früher?
Banken und Fondsgesellschaften bleiben derzeit auf ihren Aktien und Strategiefonds sitzen. Hedge-Funds hingegen konnten nach dem Platzen der Technologieblase das Kapital bewahren und haben je nach Strategie sogar gute Gewinne eingefahren (siehe Grafik «Hedge-Funds schlagen erstmals Aktien» auf Seite 19). Der Hennessee Hedge Fund Index verzeichnete 2002 zwar sein erstes negatives Jahr seit der Lancierung 1989. Doch lässt sich ein Produkt mit einem Return von minus 3,43 Prozent allemal leichter verkaufen als eines mit dem zehnfachen Verlust. Immerhin ist der MSCI Europe letztes Jahr um 37 Prozent eingebrochen.

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Für Hedge-Funds besteht zudem ein beträchtliches Kundenpotenzial: Weltweit sind erst 600 Milliarden Dollar in Hedge-Funds angelegt (siehe Grafik «Hedge-Funds wachsen ungedrosselt» auf Seite 14). Das sind nur rund zwei Prozent des weltweit investierten Vermögens. 600 Milliarden sind knapp ein Drittel des von der UBS insgesamt verwalteten Vermögens, das sich auf rund 2000 Milliarden Dollar beläuft.

Kein Wunder also, dass die Zahl der Hedge-Funds und Funds of Funds in der Schweiz in den letzten Jahren auf 72 gestiegen ist. 1997 waren es gerade mal drei. Wie viele Fonds noch auf eine Zulassung warten, gibt die Eidgenössische Bankenkommission (EBK) nicht bekannt. Nur so viel: «Seit zwei Jahren dauert der Boom, und er hält an», sagt Tanja Kocher, Pressesprecherin der EBK. Ein später Boom, denn eigentlich sind Hedge-Funds bereits seit 1994 in der Schweiz zugelassen.

Hedge-Funds sind freilich komplizierte Gebilde. Das beginnt schon bei der Unterscheidung zwischen Hedge-Funds und Funds of Funds. Ein Hedge-Fund-Manager verfolgt seine eigene Anlagestrategie. Ein Fund-of-Funds-Manager hingegen handelt nicht selbst mit Wertpapieren, sondern investiert in 10 bis 25 verschiedene Hedge-Funds.

Gerade in den letzten drei Jahren waren die Strategien von Hedge-Fund-Managern teilweise von Erfolg gekrönt. Shortseller etwa, die auf fallende Kurse setzen, konnten zwischen April 2000 und September 2001 eine Performance von durchschnittlich 95 Prozent erzielen. Futures-Manager, die mit Terminkontrakten handeln, vermochten in den letzten drei Jahren mit Gewinnen von 48 Prozent zu glänzen. Auch die drei führenden Fonds in der BILANZ-Rangierung zählen zu dieser Kategorie.

Vorsicht ist jedoch geboten: In Performancevergleichen werden oft nur die Besten der Besten herangezogen, was das Bild verfälscht. In Tat und Wahrheit aber vermochte die Gesamtheit der Hedge-Funds gemäss dem Tremont Hedge Fund Index die Aktienmärkte in den Neunzigerjahren nicht zu schlagen.

Als Beispiele für die Besten der Besten werden immer wieder die legendären Hedge-Fund-Manager Louis Bacon von Moore Capital, Paul Tudor Jones von Tudor Investments oder Bruce Kovner von Caxton Associates herangezogen. Paul Tudor Jones etwa wies letztes Jahr nach Abzug der Kosten eine Performance von 21 Prozent aus. In den 16 Jahren, in denen er seinen Global Macro leitete (nutzt makroökonomische Ereignisse am Markt aus), musste er noch nie ein Minus vermelden.

Bruce Kovner von Caxton Associates fuhr letztes Jahr ein Plus von 26 Prozent nach Kosten ein und hat seit 1994 keine Verluste mehr gemacht. Sollten Sie nun Interesse verspüren, bei den von diesen Herren geleiteten Fonds einzusteigen, vergessen Sie es am besten gleich wieder: Die Fonds sind geschlossen. Nur wenn ein Investor aussteigt, kann dessen Anteil – mindestens fünf bis zehn Millionen Dollar – vom nächsten Anleger übernommen werden.

Ein weiteres Problem bei Hedge-Funds ist ihre Intransparenz. Viele Hedge-Fund-Manager weigern sich, ihre Strategie offen zu legen. «Die Transparenz ist zwar viel besser geworden, aber es gibt noch immer etliche Manager, die meinen, sie müssten keinerlei Informationen geben», erklärt David Heimhofer, CEO Richcourt Capital Management. Diese Geheimniskrämerei, manchmal auch gepaart mit Gurugehabe, ist für Investoren riskant.

Auch Dieter Behring aus Basel, einer der wenigen Hedge-Fund-Manager der Schweiz, zählt zu dieser Kategorie. Von Kopf bis Fuss in Schwarz gekleidet, tritt der zwei Meter grosse Hüne ausschliesslich vor erlesenem Publikum auf. In seiner perfekten One-Man-Show bekommen die Investoren alles Mögliche, nur keine Informationen – wie er als junger Mann Geld an der Börse verloren habe, wie die meisten Anleger nur von Gier getrieben seien, und wie er das Computerprogramm für sein Hedge-Fund-System eigenhändig entworfen habe.

Dann werden den Investoren so lange mathematische Formeln um die Ohren gehauen, bis jeder denkt, er sei im Vergleich zu Behring eine glatte Null in Mathematik. Dabei studierte der 48-Jährige nie Mathematik, sondern absolvierte eine Marketinglehre bei Ciba. Auf wichtige Fragen zu seinen Trades, zu seinen Brokern oder über seine Kunden antwortet er ungehalten und verspricht, Unterlagen nachzuliefern. Die treffen aber nie ein. Die Performance seines Hedge-Fund – rund 60 Prozent pro Jahr – ist seiner Ansicht nach nicht erklärungsbedürftig. Schlechte Transparenz für einen Mann, der erst kürzlich die Redsafe Bank übernommen hat und nun seinen Hedge-Fund im grossen Stil unter die Leute bringen will.

Ebenso ein Grenzfall ist Quadriga, eine Hedge-Fund-Firma aus Österreich. Das Unternehmen macht in jeder Hinsicht von sich reden: durch aggressiv auftretende Verkäufer, durch Sponsoring des Formel-1-Teams Minardi sowie der Ski-Nationalmannschaft, durch Auftritte des 32-jährigen Mitgründers und Ex-Polizisten Christian Baha bei NTV, CNBC oder Bloomberg. Auch in der Schweiz wird bei institutionellen Anlegern bereits kräftig die Werbetrommel gerührt. Mit einer Rendite von 42 Prozent pro Jahr seit 2000 ködern die Wiener Mannen neue Anleger.

Abschreckend dagegen ist das Risiko, das unter anderem mit der Volatilität gemessen wird. Diese beträgt übers Jahr gesehen bei Quadriga 40 Prozent und ist damit ebenso hoch wie jene von Behring – gefährlich hoch. «Bei Futures-Managern ist eine Volatilität von 15 bis 20 Prozent üblich», moniert Patrick Fenal. Er ist CEO bei Unigestion und seit 15 Jahren im Hedge-Fund-Geschäft.

Anleger sollten sich also nicht von einer sensationellen Performance blenden lassen. Zumal die Sterberate von Hedge-Funds weitaus höher liegt als in anderen Fondskategorien. Nach den einschlägigen Statistiken wird jedes Jahr einer von fünf Fonds geschlossen. In Wirklichkeit dürften es noch mehr sein, denn Hedge-Funds müssen sich nicht registrieren lassen. Ein Teil der Hedge-Fund-Manager wandelt ihren offenen in einen so genannt geschlossenen Fonds, will also keine Neukunden mehr; meist sollen dadurch die guten Renditen nicht durch frische Anlagemittel verwässert werden. Andere aber werden definitiv geschlossen, weil sie das ihnen anvertraute Vermögen vernichtet haben.

Und dann gibt es noch die dritte Kategorie: «In den vielen Jahren, in denen ich mich mit Hedge-Funds beschäftige, habe ich immer wieder erlebt, dass Hedge-Funds ihre Performanceziele nicht erreichten. Deshalb generierten die Hedge-Fund-Manager zu wenig Einkommen und schlossen kurzerhand den Fonds. Mit dem Start eines neuen Hedge-Fund konnten sie dann wieder bei null beginnen», weiss Peter Wild, CFO AIG Bank. «Rund 60 Prozent aller neu gegründeten Hedge-Funds überleben das erste Jahr nicht, 80 Prozent werden in den ersten drei Jahren geschlossen», konstatiert Andreas Benz, Regionalleiter Man Investments. Exakt ein Jahr länger lebte der von zwei

Nobelpreisträgern gemanagte LTCM-Hedge-Fund, bevor er Schiffbruch erlitt. Die Rendite von 400 Prozent in vier Jahren war dahin.

Einen grossen Verlust hat auch der in der Schweiz zugelassene Sinclair Global Macro Fund eingefahren: minus 46 Prozent in drei Jahren! Das ist ein Ergebnis, das vor allem institutionelle Anleger nie und nimmer akzeptieren. Es ist daher unklar, wie lange der Fonds noch überleben kann. Fondsmanager Heinz Pauli von Finfunds lag mit seinen «Wetten» auf Bankaktien in den letzten drei Jahren ausgesprochen zielsicher daneben. Und just nachdem sich diese Branche langsam erholt hat, wird die Strategie des Fonds geändert und nur mehr breit in alle Sektoren investiert.

Im schlimmsten Fall kann es passieren, dass nicht Unvermögen das Ergebnis verhagelt, sondern Betrug. Ein solcher Fall wurde im Januar 2000 aufgedeckt. Der Österreicher Michael Berger war mit seinen 29 Jahren ein gefeierter Hedge-Fund-Manager an der Wall Street. Jung, dynamisch und gierig auf Erfolg. Seine Performance war sensationell. Nur stellte sich heraus, dass die Zahlen ebenso gefälscht waren wie die Kontoauszüge seiner Depotbank Bear Stearns. Mehrere Jahre konnte er die Buchprüfer von Deloitte & Touch und die Grossbanken blenden, die im Manhattan-Fonds investiert waren. Insgesamt gingen 350 Millionen Dollar den Bach runter.

Immer häufiger tritt die amerikanische Aufsichtsbehörde SEC auf den Plan. Seit 1998 leitete sie 26 Untersuchungen gegen Hedge-Fund-Manager ein, beinahe die Hälfte davon seit Mitte 2002. Dies, nachdem Paul Royce, Direktor der SEC Investment Management Division, gewarnt hatte, dass die neue Hedge-Fund-Euphorie viele Schwindler und Scheinheilige anziehe.

Bei Funds of Funds dagegen ist das Risiko eines Totalverlusts eher gering. Dank der grossen Anzahl Hedge-Funds, die sich im Portfolio befinden, bleibt das Risiko gestreut. «Zielsetzung bei Funds of Funds ist die Kapitalerhaltung mit einer marktkonformen Rendite», formuliert Hans-Jörg Baumann von der Swiss Capital Group die Grundhaltung der Branche. «Ein institutioneller Investor schickt seine Gelder nicht auf die Cayman Islands, sondern will eine Garantie, dass sein Geld erhalten bleibt», so Harald Reczek, EIM.

Trotz aller Sicherheit ist man jedoch auch bei Funds of Funds vor Rückschlägen nie sicher. Der Richcourt Variable Opportunities Fund of Funds investierte wie viele andere auch bei LTCM. Als LTCM scheiterte, hielt sich der Rückschlag für Richcourt mit minus zehn Prozent zwar in Grenzen, dennoch dauerte es rund ein Jahr, bis der Fonds die Verluste wieder aufholte.

Nun ist bei den Funds of Funds das Risiko zwar geringer, dafür hapert es bei der Rendite. Eric Syz, CEO der Genfer Banque Syz & Co, nimmt kein Blatt vor den Mund: «Die Performance der Funds of Funds war in letzter Zeit enttäuschend.» Schuld daran ist vor allem das prozyklische Anlageverhalten der Dachfondsmanager.

«Viele konzentrierten sich auf Investitionsstrategien, die in der unmittelbaren Vergangenheit besonders hohe Renditen eingebracht hatten», berichtet Lars Jaeger von der Partners Group aus seiner aktuellen Studie. Während des Bond-Crashs von 1994 waren alle Dachfondsmanager in Global-Macro-Strategien (Profit durch Antizipation makroökonomischer Trends) investiert, weil diese im Trend lagen. Doch eben jene Strategien trugen besonders starke Verluste ein. Während der Russland-Krise wiederum setzten alle auf Fixed-Income-Arbitrage-Strategien (Ausnutzen von Preisdifferenzen bei festverzinslichen Anlagen). Die Fonds verloren jedoch durchschnittlich rund zwölf Prozent. Und 2000 war der Grossteil in Long-Short-Equity-Strategien (setzen auf Aktien und Leerverkäufe) investiert, weil diese in der Zeit vor der Krise hohe Renditen abgeworfen hatten.

Rainer Lang, Direktor GAM Anlagefonds, ortet die Defizite anders: «Angesichts der grossen Summen, die in den Markt geflossen sind, konnten auch die weniger überzeugenden Fonds und Anbieter genügend Kapital unter ihre Fittiche bekommen.» Vor allem in England ist so in den letzten Jahren eine richtige Hedge-Fund-Industrie entstanden.

Ein weiterer Grund für eher magere Renditen ist, dass bei Funds of Funds vielfältige Kosten anfallen. Der Investor bezahlt nämlich nicht nur für den Dachfonds, sondern auch für jeden einzelnen Hedge-Fund-Manager. Jeder Manager verlangt 20 bis 40 Prozent Provision auf die Performance. Wen wundert es da, dass viele Hedge-Fund-Manager in den USA reicher sind als die CEOs der grössten US-Unternehmen.

Abc der Hedge-Funds:

Ein Hedge-Fund-Manager verfolgt seine eigene Anlagestrategie, bei der er so gut wie freie Hand hat. In der Regel arbeiten Hedge-Funds mit Leverage (Fremdkapital) und dem Einsatz von Derivaten. Die meisten Hedge-Fund-Manager verfolgen eine Long/Short-Strategie. Dabei werden Aktien von unterbewerteten Firmen gekauft und Titel von überbewerteten Gesellschaften leer verkauft. Am zweithäufigsten trifft man die Event-driven-Strategie an. Bei dieser wird von erwarteten oder angekündigten Geschäftsereignissen profitiert. Daneben gibt es noch Gobal-Macro-Strategien (Profit durch Antizipation makroökonomischer Trends), Convertible Arbitrage (Profit durch Preisdiskrepanzen zwischen Wandelanleihen und Aktien) und diverse andere.

Ein Fund-of-Funds-Manager hingegen handelt nicht selbst mit Wertpapieren, sondern investiert in bestehende Hedge-Funds. In einem durchschnittlichen Fund-of-Funds-Portfolio befinden sich rund 10 bis 25 verschiedene Hedge-Funds.

Hilfe bei der Hedge-Fund-Wahl

Wer sich als Anleger den Einstieg in Hedge-Fund-Produkte überlegt, sollte dabei folgende Punkte bedenken:

• Hedge-Funds sind für Kleinanleger nach wie vor ein riskantes Investment, auch wenn sie überwiegend attraktivere Renditen als Funds of Funds abwerfen.

• Ein Fund of Funds hingegen bietet durch die grosse Zahl an Hedge-Funds, in die er investiert ist, eine ausreichende Diversifikation. Durch die niedrige Korrelation zu den Aktienmärkten sind Funds of Funds als Beimischung in einem Portfolio durchaus geeignet.

• In einer Börsenbaisse bieten Hedge-Fund-Produkte einen soliden Kapitalschutz und erzielen bessere Renditen als Aktien. Genau umgekehrt sieht es allerdings in Bullenmärkten aus; da hat die Vergangenheit klar gezeigt, dass die Hedge-Funds mit den Renditen der Aktienmärkte nicht mithalten konnten.

• Bei der Wahl eines Fund of Funds sollte einer ausgesucht werden, der sich bereits über mehrere Jahre hinweg bewährt hat.