Streiten Sie derzeit viel mit Swiss-Chef Dieter Vranckx?
Nein, wir haben seit 2006 mit Swiss immer ein gutes Einvernehmen. Und ähnliche Probleme.
Swiss will aber weniger Flugzeuge von Helvetic Airways einsetzen. Swiss muss wohl Hunderte Mitarbeitende entlassen und es gibt Unmut in den eigenen Reihen, weil Swiss weiter Fremdfirmen wie Helvetic nutzt.
Wir alle müssen uns den aktuellen Herausforderungen stellen.
Entsprechend Ihrem Vertrag mit Swiss sollten acht Helvetic-Flugzeuge plus Personal eingesetzt sein. Nun ist laut Herrn Vranckx nur noch die Rede von bis zu vier.
Swiss hat sich immer vertragskonform verhalten. Und das wird unseres Erachtens auch in Zukunft so bleiben. Über weitere Details des Vertrags können wir uns nicht äussern.
Also keine Veränderungen am Vertrag, den Sie mit Swiss geschlossen haben?
Es gibt keine Veränderungen. Es ist im Ermessen von Swiss, wie viel Kapazität sie von Helvetic beanspruchen will. Dass Swiss aus ökonomischen Gründen unsere umweltfreundlichen Flugzeuge einsetzen sollte, hat Herr Vranckx bestätigt.
Der 51-jährige Tobias Pogorevc ist seit April 2018 Chef von Helvetic Airways. Von 2007 bis 2018 war er Finanzvorstand bei der Airline. Pogorevc, der verheiratet ist und zwei Kinder hat, ist gelernter Wirtschaftsprüfer. Er studierte an der Uni St. Gallen und am Institute for Management Development (IMD).
Zur Wahrheit gehört, dass aus Sicht von Helvetic ein sehr guter Vertrag mit der Lufthansa-Gruppe ausgehandelt wurde. Trotz Krise muss Swiss Sie einsetzen.
Helvetic Airways bestellte 2018 im Hinblick auf den Einsatz für Swiss acht neue, sparsame Flugzeuge. Embraer-E2-Flugzeuge der neuesten Generation, massgeschneidert auf die Bedürfnisse von Swiss. So ist Martin Ebner in Vorleistung gegangen. Dass damit ein langjähriger Vertrag verbunden sein musste, versteht sich von selbst. Der sinnvolle Einsatz der Embraer E2 führt bei Swiss und unseren anderen Partnern zu einer signifikanten Reduktion des durchschnittlichen CO₂-Ausstosses und des Treibstoffverbrauchs.
Wie langfristig ist Ihr Vertrag mit Swiss?
Die Vertragsdauer entspricht den Bedürfnissen des Leasinggebers und -nehmers.
Haben Sie den ausgehandelt oder Helvetic-Eigner Martin Ebner?
Vertragspartner sind Swiss und die Helvetic Airways AG.
Und was ist mit Eurowings? Man liest, dass vier Flugzeuge von Helvetic diesen Sommer zum Einsatz kommen sollten.
Wir sind diesbezüglich seit längerem mit Eurowings im Gespräch. Spruchreif ist aber noch nichts.
«Wir sind seit längerem mit Eurowings im Gespräch. Spruchreif ist aber noch nichts.»
Tobias Pogorevc
Viele Airlines sind in Not. Wie steht es wirtschaftlich um Helvetic? Drohen weitere Entlassungen?
Vor Corona waren wir im Wachstumsmodus und rekrutierten Personal. Bei Ausbruch der Krise ergriffen wir sehr schnell Massnahmen, um das Unternehmen auf die neuen Gegebenheiten anzupassen. Seit Sommer 2020 ist die Organisation auf einem Level, um gut für die Zukunft gerüstet zu sein: Wir haben frühzeitig in neues Fluggerät investiert und operieren bald die grünste Regionalflotte in ganz Europa, wenn nicht sogar weltweit.
Zu Beginn der Krise hatten Sie zehn Piloten gekündigt, die nun vor Gericht gezogen sind. Müssen Sie die bald wieder einstellen?
Wir taten, was getan werden musste. Und zu diesem offenen Gerichtsfall können wir uns nicht äussern. Betroffen von den Massnahmen waren aber alle: Beim Kabinenpersonal haben wir viele junge Mitarbeitende und demzufolge eine höhere Fluktuation. Diese Abgänge haben wir nicht ersetzt. Und unser ganzes Büro-Team ging in Kurzarbeit.
Wie sieht das Sommergeschäft für Helvetic aus? Bleibt es lediglich beim Angebot Richtung Balearen und Griechenland?
Wir sind permanent im Planungsmodus. Das gibt uns die Möglichkeit, Opportunitäten, die sich auftun, kurzfristig zu nutzen. Grundsätzlich sind wir wohl optimistischer als unsere Konkurrenten. Aber die Situation an den Destinationen ändert sich im Wochentakt. Wie beobachten die Situation und evaluieren, ob und wo es neue Möglichkeiten für uns gibt. Wir hoffen, dass Europa bald durchgeimpft ist, sich auf einen Impfpass einigt und dass es einheitliche Reiseregeln gibt. Stand heute kann ich sagen, dass bei uns vor allem die Destination Kos boomt.
Helvetic Airways ist eine Schweizer Regional-Airline, Eigentümer ist das Milliardärsehepaar Martin und Rosmarie Ebner. Helvetic ist stark im Wet-Lease-Markt aktiv. Das bedeutet: Helvetic vermietet Flugzeuge und Personal an andere Airlines wie etwa die Swiss.
Helvetic bietet aber auch eigene Flugdestinationen im Chartergeschäft in Kooperation mit Reiseveranstaltern an. Ausserdem gibt es Spezial-Charter, zum Beispiel für Sportvereine oder Orchester, wenn diese ein komplettes Flugzeug mieten wollen.
Die Flotte von Helvetic Airways besteht ausschliesslich aus Embraer-Maschinen für die Kurz- und Mittelstrecke. Im Einsatz sind die Embraer-Typen E190, E190-E2 und ab diesem Jahr auch die E195-E2.
Sie bieten sogenannte Pop-up-Flüge an, wo Sie kurzfristig ein eigenes Angebot offerieren. Ist das ein Akt der Verzweiflung oder kann man damit Geld verdienen?
Pop-up-Flüge sind ein Produkt, das in die aktuellen Rahmenbedingungen passt und unser Angebot an Charterflügen ergänzt. Daneben führen wir viele einzelne Spezialcharterflüge für Gruppen durch. Diese Tätigkeit hat im Vergleich zu den Vorjahren stark zugenommen.
Wie sieht das Reisen an Bord aus? Masken bleiben?
Ich war kürzlich in Spanien und muss sagen: Die Schutzkonzepte, sei es am Airport, vor Ort oder im Flugzeug, funktionieren. An Bord gilt die Maskentragepflicht und es gibt immer noch viele Anpassungen zum Beispiel bei der Bordverpflegung. Und man braucht einen negativen PCR-Test. Das kann für eine Familie schnell teuer werden. Nach der Landung in Spanien wurde unsere Temperatur gemessen und wir mussten unsere negativen Corona-Tests vorweisen. Wir gehen davon aus, dass einige Teile der Schutzkonzepte weitergeführt werden, auch wenn sich die Situation entschärfen sollte.
Helvetic hat kürzlich einen Roboter getestet, der das Flugzeug innen mit UV-Strahlen desinfiziert. Kaufen Sie das Gerät und setzen es ein?
Wir sind dazu noch in Kontakt mit dem Bodenabfertiger Dnata sowie dem Schweizer Hersteller des Geräts. Wir haben nur unser Flugzeug am Boden für Tests zur Verfügung gestellt. Das Gerät muss sich etwas weiterentwickeln und zertifiziert werden, dafür braucht es Zeit. Die Herstellerfirma hat aber gute Arbeit geleistet. Bis dahin desinfizieren wir wie vorgeschrieben traditionell, das heisst per Hand und per Vernebeln.
«Mittelfristig müssten die Preise steigen, damit Airlines, die Staatshilfen haben, diese zurückbezahlen können.»
Tobias Pogorevc
Vor der Krise haben Sie zwölf neue Flugzeuge bestellt, die nun geliefert werden. Ist das jetzt eine Bürde oder war der Zeitpunkt richtig?
Wenn ich mich nicht irre, kommen die neuen Flugzeuge genau zur richtigen Zeit. Der Typ Embraer E190-E2 hat 110 Sitze, die vier grösseren E195-E2 haben eine 134er-Sitzkonfiguration. Nicht nur sind diese Maschinen viel leiser, sie verbrauchen auch mindestens 25 Prozent weniger Treibstoff. Beim heutigen Ölpreis ist die Rechnung schnell gemacht.
Wie viele Maschinen haben Sie dann im Einsatz?
Ich gehe davon aus, dass wir im Sommer alle zwölf Embraer-E2-Maschinen einsetzen können. Daneben halten wir mindestens ein Reserveflugzeug.
Die Klimafrage ist auch für die Schweiz von zentraler Bedeutung, am 13. Juni stimmt das Volk über das neue CO2-Gesetz ab. Welche Folgen hätte eine Erhöhung der Benzin- und Flugpreise? Übertreibt die Schweiz – oder macht sie zu wenig? Darüber diskutiert BILANZ-Chefredaktor Dirk Schütz unter anderem mit Bundesrätin Simonetta Sommaruga und SVP-Nationalrat Christian Imark.
Wird Fliegen teurer werden? Es gibt eine Ticketabgabe und nun steht die Abstimmung zum CO₂-Gesetz an.
Der Markt wird den Preis bestimmen. Sollte die Nachfrage sprunghaft ansteigen, wird das Angebot kurzfristig nicht Schritt halten können. Heute sind die Preiserwartungen bei den Reiseveranstaltern immer noch sehr tief. Mittelfristig müssten die Preise aber steigen, damit die Airlines, die Staatshilfen in Anspruch genommen haben, diese auch wieder zurückbezahlen können.
Und das CO₂-Gesetz?
Beim CO₂-Gesetz steht für das Fliegen nicht die Umweltbelastung im Vordergrund. Dies könnte sehr einfach und fair über eine CO₂-Abgabe oder Zollzuschläge auf Kerosin gelöst werden. Das setzt aber eine globale Lösung voraus. Beim aktuellen Gesetz geht es aber bei der Flugticketabgabe nur um das Äufnen eines Klimafonds und nicht um die CO₂-Reduktion. Das trifft die Falschen. In Tat und Wahrheit sind in der Schweiz Klassenkämpfer am Werk.