Die knallroten Hilti-Koffer sind ein Begriff auf allen Baustellen der Welt. Zwei Drittel der rund 14500 Beschäftigten arbeiten direkt an der Front. Gemäss CEO Pius Baschera generieren die Hilti-Mitarbeiter auf diese Weise pro Tag gegen 100000 Kundenkontakte. Das ist eine der Stärken des Unternehmens. Die andere ist die hohe Innovationskadenz und die enge Zusammenarbeit mit Kunden, wenn es um deren neue Bedürfnisse geht. Gut 4% des Umsatzes von 3 Mrd Fr. oder rund 130 Mio Fr. werden jährlich in die Produkteentwickung gesteckt. Daran wird sich gemäss Baschera auch künftig nichts ändern.
Produkte sind ein «must» für die Baubranche
Der Beispiele für die hohe Innovationskraft und den ausgeprägten Kundennutzen von Geräten und Systemen sind viele: Allein in diesem Jahr etwa die in wichtigen Märkten eingeführten Geräte Hilti GX 100 und TE ATC, für Baufachleute ein «must», für den Laien ein Buch mit sieben Siegeln. Hilti GX 100 ist das erste gasbetriebene Befestigungssystem, das ohne Akku funktioniert. Bei höchster Befestigungstechnikqualität können pro Stunde bis zu 1000 Nägel in Beton, Stahl, Block- und Ziegelstein gesetzt werden, was die Produktivität und den Arbeitskomfort von Profis im Trockenbau substanziell erhöht.
Ein weiteres Beispiel, das gemäss Baschera in die künftige Entwicklungsrichtung weist, ist der von Hilti entwickelte, so genannte Anwenderschutz ATC (Active Torque Control). Was sich sehr technisch anhört, hat einen ganz praktischen Hintergrund. Eine elektronisch gesteuerte Schnellabschaltung bewirkt, dass ein Bohrer sofort arretiert wird, wenn er sich verhakt. Damit kann verhindert werden, dass sich ein Bauarbeiter verletzt.
«Auf dieser Schiene wollen wir weiterfahren», meint Baschera, «unsere Innovationsfähigkeit wird massgeblich zu unserem künftigen Wachstum beitragen.» Die Basis ist gelegt. Gerade in Zeiten mit rückläufigen Bauvolumina zahlt sich Hiltis Direktvertriebssystem aus. Das Unternehmen verliere so den Kontakt zu den Kunden auch in schlechten Zeiten nicht und habe die Möglichkeit, auf neue Produkte hinzuweisen, sagt Baschera. «Wir wachsen auch in schlechten Zeiten regelmässig stärker als der relevante Markt.»
Das dürfte auch 2003 nicht anders sein. Die weltweichte Bautätigkeit ist rückläufig, Hilti will den Umsatz in Lokalwährungen in diesem Jahr dennoch um rund 3% steigern. Der Betriebsgewinn soll ebenfalls über dem Wert des Vorjahres liegen. Im schwachen 2002 hat Hilti bei einem Umsatz von 3 Mrd Fr. einen Gewinn von 241 Mio Fr. ausgewiesen.
Shop-in-Shop-Modell für die Kundschaft
Optimistisch schaut Baschera auch in die Zukunft sei es, was Akquisitionen neuer Kunden oder die Fähigkeit einer noch vertiefteren Penetration der bestehenden Kundenbasis angeht. Dazu gehört auch das Shop-in-Shop-Modell, bei dem Hilti-Spezialisten in ausgewählten Fachmärkten für Bauprofis Produkte anbieten, demonstrieren und bei Anwendungsfragen Rat erteilen.
Gutes Klima im Betrieb
In welcher Richtung wird die Entwicklung von neuen Produkten weitergehen, nachdem die Systeme und Geräte heute schon sehr ausgeklügelt sind? «Unser Hauptziel ist es, die Kunden produktiver zu machen», sagt dazu der Hilti-Chef. Ein Beispiel dazu: Jahrzehntelang wurden auf Baustellen Meisselarbeiten mit konventionellen Meisselspitzen durchgeführt. Hilti hat eine völlig neue Meissel-Generation mit so genanntem Polygon-Profil und speziellen Fertigungsverfahren entwickelt: Der Meissel schärft sich laufend selbst, das bisher übliche Nachschärfen, Nachschmieden und Nachhärten entfällt, was sich positiv auf Kosten und Leistung auswirkt. Die Produktivität bei Meisselarbeiten steigt um bis zu 30%.
Neben reinen Produkt-/Systemverbesserungen sieht Baschera aber noch andere Wachstumsmöglichkeiten: Sei es durch das Erschliessen von neuen Marktsegmenten mit Problemlösungen, die auf den Kernkompetenzen von Hilti basieren, oder mittels dem Anbieten neuer Produkte und Leistungen für heute schon bearbeitete Marktsegmente durch die Verwendung neuer Technologien.
Innovationskraft ist einer, Unternehmenskultur ein anderer wesentlicher Antrieb des Geschäftserfolges von Hilti. Das Unternehmen wurde jüngst mit dem Carl-Bertelsmann-Preis für «Unternehmenskultur und Führungsverhalten als Erfolgsfaktoren» ausgezeichnet. Was eine gute Unternehmenskultur ausmacht, die zum Erfolgsfaktor wird, erläutert Baschera so: Gute Unternehmenskultur schaffe ein Umfeld, in dem sich Mitarbeitende geschäftlich und persönlich weiterentwickeln können. Basis dafür seien gemeinsame Ziele und Wertvorstellungen, ein uneingeschränktes Commitment und das Vorleben dieser Werte durch die Unternehmensleitung. «Unternehmenskultur ist kein zeitlich befristetes Projekt, sondern integraler Bestandteil des unternehmerischen Alltags», sagt Baschera.
Going Private: Transparenz wird erhalten
Seit März ist Hilti nicht mehr an der Börse kotiert. Im Stillen agieren wird Hilti deswegen aber nicht. Die finanzielle Transparenz zum Unternehmen soll erhalten bleiben. Hilti wird weiterhin trimesterweise Geschäftszahlen publizieren. «Wir wollen kapitalmarktfähig bleiben», begründet Baschera den Schritt. Verändert hat sich mit dem Rückzug von der Börse ohnehin wenig. «Auf das industrielle Kerngeschäft hat das Going Private keinen Einfluss», so Baschera. Hilti sei auch nach der Trennung vom Finanzgeschäft immer noch in der Lage, das Wachstum selbst zu finanzieren und allfällige Akquisitionen zu tätigen. Wer konkret in Frage komme, will Baschera nicht verraten aber das Unternehmen müsse auf Hiltis Direktvertriebsmodell aufbauen und in Sachen Innovation und Qualität gleich ticken.