Nischenmärkte gibt es überall, auch solche, die grosse Serien ermöglichen.» Den vermeintlichen Widerspruch löst Hans Jordi, Gesamtleiter der Gruppe, einfach auf: Am Standort Thun lassen sich nur Metallverpackungen für ganz besondere Anwendungen zu konkurrenzfähigen Preisen herstellen. Doch sei eine solche Marktnische gefunden, spucken die hochautomatisierten Produktionsanlagen die vielfältig geformten und bedruckten Dosen gleich zu hunderttausenden aus.

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«In unseren Nischen wollen wir zu den führenden Anbietern in Europa und selektiv in den USA gehören», gibt Jordi vor. Gleiches gilt für den Betrieb Neopac. Die just 50-jährige Firma mitten im Dorf Oberdiessbach ist auf Polyfoil-Tuben spezialisiert. Diese bestehen aus einer innen und aussen von (mindestens) einer Schicht Kunststoff beschichteten Alufolie. Das macht die Tuben weit gehend undurchlässig.

Teurer, doch attraktiver

Waren einst Konservenbüchsen und Blechschachteln die günstige und dauerhafte Verpackung für den Alltagsgebrauch, bestimmten heute ganz andere Überlegungen die Wahl des Materials. Jordi: «Die Verpackung ist Teil der Positionierung eines Produktes und der Marketingstrategie unserer Kundschaft. Da spielt das eine Zeit lang aus der Mode gekommene Metall wieder mit.» Zudem sei es zu 100% wiederverwertbar.

«Den Herstellern ermöglichen wir dank einer attraktiven Metallverpackung einen Mehrwert», erklärt Jordi. Grenzen im Design setze einzig die Umsetzung. «Was nicht automatisiert werden kann, ist unverkäuflich, weil zu teuer.» Metallverpackungen seien heute ein Zeichen für hochwertige Innovation und positionieren ein Produkt im Premiumbereich. Der Erfolg von Hoffmann zeigt, dass sich viele Kunden damit im harten Verdrängungswettbewerb neue Vorteile erhoffen.

«Wir müssen unseren Markt selber schaffen», betont Jordi. Dieser sei geprägt von Konzentration auf immer weniger marktmächtige Anbieter und entsprechendem Preisdruck auf die Lieferanten. Die Positionierung als «Premium»-Angebot muss einen bedeutenden Mehrpreis ermöglichen, damit die Rechnung aufgeht. Dosen aus Metall kosten fünf- bis sechsmal mehr als ein Kartonkleid und noch immer zwei- oder dreimal so viel wie eine Kunststoffverpackung, nennt Jordi die Relationen. So überrascht nicht, dass Hoffmanns Verkaufsteam offensiv auf Hersteller zugeht, um sie von den Möglichkeiten der Metallverpackung für ein bestimmtes Produkt zu überzeugen.

«Nur etwa eine von 20 Ideen wird zum Erfolg.» Zurzeit scheint die Dose Squeeze zum Renner zu werden, eine Weiterentwicklung der Klick-Klack-Dose. Bei Squeeze lässt sich der Deckel durch Druck auf seine Mitte öffnen und durch Druck auf den Rand wieder schliessen, was sich mit einer Hand ausführen lässt.

Offensichtlich überzeugen die Chancen zu neuen Positionierungen von Produkten. Gute Abnehmer sind die Süsswarenindustrie (Bonbons, Kaugummi usw.) oder die Hersteller von Zigarillos, Zigaretten und Schnupftabak. Oft gehört Blech auch zur Tradition, wie die Blei- und Farbstifte von Caran d'Ache in den bunt bedruckten Viereckdosen belegen.

Auch Lebensmittel werden wieder in hochmodernen Dosen angeboten. Das sei aber keine Renaissance der Konservendose, wie Jordi anfügt. Dieser Zweig sei mit dem Niedergang der Verarbeiter schon lange aufgegeben worden. Wer bei Blech auch an scharfe Kanten und Ecken denkt, liegt ebenfalls falsch: Mit den neuen Anwendungen sowie dem nicht nur in den USA zunehmenden Anspruch an Narrensicherheit wird in oft mehreren Stanz- und Pressschritten allen «Risiken» vorgebeugt.

Thun gegen China

«Der Wettbewerb im Markt unserer Metalldosen ist sehr hart», führt Jordi an. Preisbestimmend sei China. «Wir dürfen nicht wesentlich teurer sein, denn auch die chinesischen Firmen liefern gute Ware.» Produkte in kleinen Serien würden zumeist dort hergestellt, etwa die beliebten Blechostereier voll Zuckereili. Dahinter steckt ein tief greifender industrieller Wandel. «In Thun stellt eine Anlage, die von einem Mann überwacht wird, 200 bis 300 Dosen je Minute her. In China dagegen bedienen 35 Leute eine Dosenmaschine. Thun ist konkurrenzfähig bei grossen Serien, die auf vollautomatischen Anlagen, unterstützt von Robotern, hergestellt werden können. Kleinserien oder Prototypen lassen wir auch in China herstellen.» Wissen und Investitionen gegen Arbeitskraft dieser Wettlauf beeindrucke zum einen, sagt Jordi. Andererseits werfe diese Entwicklung aber auch Fragen auf, wenn man über die persönlichen und gesellschaftlichen Folgen dieser Entwicklung nachdenke.

Hohe Investitionen

In den letzten Jahren hat Hoffmann Neopac gegen 40 Mio Fr. investiert. Ein wichtiger Schritt war das Prepress-Zentrum in Thun. Nicht nur für Kosmetika werden Gestaltung und Druckqualität immer entscheidender. Weiter wurden eine neue Tubenanlage im Reinraum für die Pharmaindustrie, eine 6-Farben-Druckanlage für Weissblech und Hochleistungspressen für runde und viereckige Dosen eingerichtet. Der nächste Schub von 12 bis 15 Mio Fr. Investitionen, darunter ein Erweiterungsbau, betrifft die Neopac. Heute spucken die Anlagen der Neopac jährlich 300 Mio Tuben aus. Das entspricht einem wöchentlichen Strang von Bern nach Barcelona. Der Bereich Pharma soll verstärkt werden. «Ein einfacher Markt, da überall noch sehr grosses Potenzial besteht», umschreibt Jordi die Aussichten.

Firmen-Profil

Name: Hoffmann Neopac AG, Eisenbahnstrasse 71; 3602 Thun

Gründung: 1890 durch Eduard Johann Hoffmann

Besitz: Familie

Geschäftsleitung: Hans Jordi, Delegierter des Verwaltungsrats

Umsatz: 110 Mio Fr.

Beschäftigte: 500

Produkte: Tuben (Neopac) und Dosen (Hoffmann)

Kunden: Lebensmittel- sowie Tabak- und chemisch-technische Industrie (Hoffmann). Pharma-, Kosmetik- und Zahnpastenindustrie (Neopac)

Internet: www.hoffmannneopac.ch