Der Mann kennt seinen Wert: «Wenn’s kompliziert wird, muss der Niederberger ran», erklärt Anton Niederberger. Seine Spezialität: Fassadenreinigungskräne. Der letzte Kunde, der ihn gerufen hat, sind die Singapur Airlines. Der Carrier brauchte für sein Hauptquartier - einen 320 Meter hohen Turm - ein Kransystem für die Fassadenreinigung, das auch schiefe Ebenen bewältigt. Unterdessen ist der Auftrag erledigt: Niederberger hat auf dem Schrägdach des Wolkenkratzers ein massgeschneidertes, weitläufiges Kransystem installiert, das dank einer raffinierten Führung von der Strasse aus kaum zu sehen ist. Typisch dabei für Niederberger: Überwacht wird das System von einer Schweizer Partnerfirma, die sich auf das Remote-Controlling von technischen Anlagen spezialisiert hat, der Verkauf der Anlage lief über einen asiatischen Partner, und produziert wurde sie von der Horwer Marti-Dytan. Niederberger selber war nur für die technischen Innovationen zuständig.

Mit dieser Fixierung auf die Technik ist jetzt Schluss. Niederberger gründet dieser Tage eine GmbH, ist in Verhandlungen mit einem Investor und will mit seinem Know-how in den Kampf mit Giganten wie Mannesmann ziehen. Seine Chancen stehen gut: Die Produktpalette ist ausgereift, und er kann neben dem Prestigeauftrag aus Singapur auf weitere zehn Referenzobjekte in aller Welt verweisen. Niederberger: «Meine Spezialinstallationen dienen mir als Türöffner.» Der 43jährige Nidwaldner staunt heute selber darüber, dass er sich vor sieben Jahren traute, mit einem höchst bescheidenen finanziellen Polster zu starten. Er kündigte seinen Ingenieursjob bei der Helbling Technik, kaufte mit den Penisonskassengeldern teure Konstruktions-Software und begann in seinem Büro zu arbeiten. Ohne Kundschaft, ohne Eigenkapital und ohne profunde Marktstudien. Nur beseelt von einer Vision. Für Alexander A.W. Fuchs, der sein Geld mit der Produktion und der Herstellung von Masskonfektion verdient, wäre ein solches Vorgehen undenkbar: «Ich lebe in einem Beziehungsgeschäft. Alles läuft über persönliche Sympathie», ist der smarte Verkäufer überzeugt. Allerdings: Fuchs hatte auch ganz andere Voraussetzungen als Niederberger. Er war jahrelang Geschäftsführer einer heutigen Konkurrenzfirma. Dort gewann Fuchs einen tiefen Einblick ins Geschäft und kam vor allem mit Kunden in Kontakt. 200 von ihnen - vor allem Anwälte, Versicherungs- und Bankangestellte - folgten ihm in seine neue Einzelfirma Fuchs Fashion. Zudem verfügte er beim Start schon über die nötigen Beziehungen zu den wichtigen europäischen Stofflieferanten und Nähateliers.

Den direkten Anstoss zur Selbständigkeit erhielt Fuchs vor anderthalb Jahren, als sein Versuch eines Management-Buyouts fehlschlug. Da zog der damals 32jährige die Konsequenzen. Er kündigte und begann auf eigene Faust zu wirtschaften. Unterdessen beschäftigt der Thalwiler eine Bürohilfskraft, und er selbst widmet sich voll dem Verkauf. «Kunden muss man nicht nur haben, man muss sie auch pflegen», meint Fuchs. Für diese Kundenpflege scheut der moderne Störschneider keine Mühe: «Ich biete praktisch einen 24-Stunden-Service. Bei mir wird der Kunde bedient, wann er will, und nicht, wann ich will.»

Probleme - Jungunternehmer Fuchs sagt es ganz selbstverständlich - habe er in den anderthalb Jahren seiner Selbständigkeit kaum gehabt. Einmal habe sein alter Arbeitgeber Druck auf einen Lieferanten ausgeübt, und der sei deshalb im ungünstigsten Moment abgesprungen. Aber sonst gibt sich Fuchs überzeugt: «Wenn man ein guter Verkäufer ist, kann nichts schiefgehen.» Und die Zahlen geben ihm recht: 1999 wird er seinen Umsatz von jetzt 500 000 Franken auf knapp 800 000 Franken hochschrauben und einen Verkäufer engagieren. Für die weitere Expansion setzt Fuchs jedoch aufs Franchising. Mittelfristig soll der Kunde auch in Basel und Bern Fuchs Fashion vor Ort bestellen können. Solch hochgesteckten Ziele hat Petra Meichtry, die Gründerin eines Computergeschäfts in Luzern, nicht. «In Zukunft sollte auch mein Freund vom Betrieb leben können», umreisst sie ihre Pläne.

Petra Meichtry ist eine von rund 130 000 Schweizer Frauen, die massgeblich an einem der 290 000 Schweizer KMU beteiligt sind. Das sind ermutigende Zahlen für Frauen, die sich mit dem Gedanken an die Selbständigkeit tragen. Dabei darf allerdings nicht übersehen werden, dass es sich bei Firmen unter weiblicher Leitung oft um Einzelfirmen handelt. Und obwohl keine konkreten Zahlen existieren, ist doch zu vermuten, dass von den gut 4000 Firmenpleiten, die den 25 000 jährlichen Neugründungen gegenüberstehen, überdurchschnittlich viele Frauen betroffen sind.

Eine Vermutung, der Petra Meichtry nicht widersprechen kann: «Gerade in den technischen Berufen wird uns Frauen nicht viel zugetraut. Viele Männer staunen, wenn ihnen eine Frau erklärt, wie eine Festplatte funktioniert.» Im Falle von Petra Meichtry ist das Staunen allerdings nie von langer Dauer. Sie hat Elektromechanikerin gelernt und bezeichnet sich als Hardware-Freak. Entsprechend gilt sie heute punkto Hardware-Know-how als konkurrenzlos in der Agglomeration Luzern und zählt vor allem PC-Profis zu ihrer Stammkundschaft.

Die Technik liegt Petra Meichtry im Blut: Schon ihr Vater hat Notstromaggregate installiert, und bei ihm hat sie auch jahrelang Erfahrungen in Geschäftsleitung und Projektmanagement gesammelt. Erfahrungen, die sie heute rege nutzt: Wenn sie nicht im Verkaufslokal steht, führt sie mit freien Mitarbeitern Hard- und Software-Projekte für Drittfirmen durch. Damit erwirtschaftet sie heute ein Drittel ihres Jahresumsatzes von 250 000 Franken. «Ohne die Engineering-Arbeiten könnte ich nicht überleben», sagt Petra Meichtry, «mit reinem box moving habe ich gegen die Grossen wie Vobis oder Mediamarkt keine Chance. Der Margenwettbewerb ist gnadenlos.»

Doch Angst vor der Zukunft kennt Meichtry nicht. Bei der Werbung setzt sie in erster Linie und mit Erfolg auf die Mund-zu-Mund-Propaganda. Das funktioniert derart gut, dass sie demnächst eine Teilzeitangestellte beschäftigen will. Nur: Sie hat auf einem Kurs für Jungunternehmer gelernt, dass der Schritt zum ersten Angestellten geplant sein will, und zögert deshalb noch: «Als Kleinunternehmerin darf ich mir keine Fehler erlauben.»

Fehler machen verboten. Das gilt für alle Jungunternehmer und somit auch für die Gründer des Basler Hochschul-Spin-off-Unternehmens Nanosurf AG. Doch im Gegensatz zu Petra Meichtry mussten die drei Naturwissenschafter Robert Sum, Lukas Howald und Dominik Müller ihre Unternehmerschulung nicht selber bezahlen. Im Rahmen des Projekts Start-up der Eidgenössischen Kommission für Technologie und Innovation (KTI) erhielten sie einen professionellen Unternehmensberater zur Seite gestellt. Die Unterstützung, welche die drei Basler durch den Bund erfahren haben, hat einen gesamtwirtschaftlichen Hintergrund. Denn es ist erklärtes Ziel der nationalen Wirtschaftsförderung, in der Schweiz ein breites Netzwerk von High-Tech-KMU entstehen zu lassen, das bestehende Arbeitsplätze erhält und zukunftsweisende neue Arbeitsplätze schafft.

Das Produkt, mit dem sich Nanosurf einen Platz in der helvetischen High-Tech-Szene erobern will, gehört zur Gruppe der Rastersondenmikroskope. Das sind Mikroskope, die das beobachtete Objekt im Gegensatz zu den konventionellen Mikroskopen nicht «beschiessen», sondern mit einer feinen Sonde abtasten. Die Nanosurf hat es fertiggebracht, ein Rastersondenmikroskop zu konstruieren, für das die Konkurrenz das Dreifache verlangen müsste. Weltweit sind bereits 55 Geräte verkauft. Das internationale Vertriebsnetz ist im Entstehen.

Ab 1999 soll in diesem Netz auch das neueste Produkt der Nanosurf zum Stückpreis um 35 000 Franken vertrieben werden. Mit ihm peilen die Basler den industriellen Markt an, und der ist ungleich lukrativer als der Forschungsmarkt. Vor allem in den Bereichen Optik, Oberflächen- und Halbleitertechnologie dürfte das Nanosurf-Mikroskop völlig neue Bedürfnisse wecken. Selbst in die Fabrikation einsteigen wollen Sum und seine Partner nicht. Da sollen die KMU aus der Region Basel zum Handkuss kommen. Das ist auch der Grund, weshalb sie noch nie auf Kredite oder Investoren angewiesen waren. Ändern würde sich das erst, wenn die Nachfrage explodierte. Doch auch davor ist Sum nicht bange: «Dank dem KTI-Label haben wir wohl kaum Probleme, Investoren zu finden.»

 

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