Die Schweizerischen Fachempfehlungen zur Rechnungslegung (Swiss GAAP FER) erleben derzeit eine Renaissance bei nichtkotierten Gesellschaften, aber auch - und dies lässt aufhorchen - bei börsennotierten Gesellschaften, die bisher die internationalen Rechnungslegungsnormen (International Financial Reporting Standards - IFRS) angewendet haben. So haben dieses Jahr beispielsweise Bossard, Gurit, Cham Paper, Hügli und Datacolor angekündigt, von IFRS auf Swiss GAAP FER zu wechseln, und dies, obwohl damit ein Wechsel vom Main Standard in den Domestic Standard der Schweizer Börse (SIX Swiss Exchange) verbunden ist.

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Im Jahre 2005 noch, als die SIX neu von den am Main Standard kotierten Gesellschaften verlangte, entweder US GAAP oder IFRS anzuwenden, entschlossen sich viele der damaligen Swiss GAAP FER- Anwender, auf IFRS umzustellen. Was also bringt Unternehmen dazu, nun in die entgegengesetzte Richtung zu wechseln?

Wohl wenig überraschend, dürfte die Beantwortung dieser Frage mit der Grösse, Situation und Ausrichtung der einzelnen Unternehmung zu tun haben. Dabei spielt eine entscheidende Rolle, welche Informationen die Investoren, Geldgeber und andere Anspruchsberechtigte verlangen. Das heisst, ob das bestehende Aktionariat international geprägt ist, und welche Investoren künftig angesprochen werden sollen.

Nutzenabwägung

Aus der Warte der Unternehmungen wird oft angeführt, dass die IFRS zu komplex geworden seien und die ständigen Änderungen intern und extern Aufwand und Kosten verursachten, die sich nicht mehr mit höherem Nutzen rechtfertigen liessen. Für kleine und mittelgrosse Unternehmen ist es sicherlich schwieriger, die notwendigen Ressourcen bereitzustellen, als für grosse, multinationale Konzerne. Dies macht die Swiss GAAP FER für mittelständische Unternehmen attraktiv, da sie eben gerade für diese Zielgruppe konzipiert worden sind und dazu auch noch spezielle schweizerische Gegebenheiten berücksichtigen, etwa die erleichterte Berechnung und Verbuchung von Pensionsverpflichtungen.

Das International Accounting Standards Board (IASB), Herausgeberin der IFRS, hat dies übrigens erkannt und mit der Publikation einer eigenständigen, in sich geschlossenen Rechnungslegungsnorm reagiert, den sogenannten IFRS for Small and Medium-sized Entities (IFRS for SMEs). Im Vergleich zu den IFRS sehen sie weitgehende Erleichterungen zu Ansatz, Bewertung und Anhangsangaben vor. Diese richten sich aber an nichtkotierte Unternehmen und werden deshalb auch von der SIX Swiss Exchange nicht anerkannt.

In einigen Fällen mögen auch die neuen Anforderungen von IFRS 8, Geschäftssegmente, den Entscheid zur Umstellung erleichtert haben. Mit der Herausgabe von IFRS 8 hat das IASB einen Paradigmawechsel zur Offenlegung von Informationen zu Geschäftsbereichen vollzogen, indem neu Informationen «aus der Sicht der Geschäftsleitung» offenzulegen sind. Das IASB verspricht sich von dieser Änderung verbesserte Informationen für die Leser einer Jahresrechnung. Gleiche Erwartungen hegt die SIX-Exchange- Regulation, die die Jahresrechnungen in Bezug auf deren Einhaltung der relevanten Regeln überwacht.

Unterschiede beim Goodwill

Gerade mittelständische Unternehmen tun sich mit der Offenlegung von Spartenergebnissen nach diesem neuen Standard schwer, da sie nicht über dieselben Möglichkeiten verfügen, einzelne Divisionen in eine grössere Sparte zusammenzufassen, wie dies bei einem grossen, multinationalen Konzern der Fall ist. Entsprechend befürchten sie, durch diese Offenlegung gegenüber ihren Kunden und Konkurrenten Geschäftsgeheimnisse preiszugeben, die sie in ihrem Wettbewerb schwächen.

Eine weitere, oft beschriebene Erleichterung unter Swiss GAAP FER ist, dass Goodwill direkt mit dem Eigenkapital verrechnet werden darf und damit die Berechenbarkeit des Ergebnisausweises zunimmt. Allerdings entfällt damit der Werthaltigkeitstest nicht, da auch Swiss GAAP FER zumindest über den theoretischen Abschreibungszeitraum des so verrechneten Goodwills die Offenlegung einer Schattenrechnung im Anhang fordert. Interessant ist in diesem Zusammenhang die Auswirkung der Einführung von IFRS 8. Demnach kann es sein, dass bestehender Goodwill auf kleinere operative Segmente aufgeteilt werden muss. Dies könnte zu einer notwendigen Wertberichtigung führen, wenn die kleinere Einheit den zugeteilten Goodwill nicht zu tragen vermag. Durch die Umstellung auf Swiss GAAP FER entfällt diese Pflicht.

Im Gegenzug monieren manche, dass die fehlende Behandlung der Verbuchung von bestimmten Transaktionen (z.B. im Bereich der Finanzinstrumente) oder die stark verkürzte Offenlegung (z.B. von Segment- oder Personalvorsorgeinformationen) unter Swiss GAAP FER die Vergleichbarkeit mit anderen Firmen, die IFRS anwenden, beeinträchtigen und weniger Transparenz bieten.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass IFRS aufgrund der zunehmenden Komplexität und ständigen Änderungen sowie als Folge neuer Offenlegungsvorschriften an Attraktivität für mittelgrosse, schweizerisch orientierte Unternehmen zu verlieren scheint. Mit Swiss GAAP FER steht zudem eine auf Schweizer Verhältnisse angepasste Rechnungslegungsvorschrift zur Verfügung, die im Inland anerkannt ist. Ob sich ein Wechsel anbietet, hängt von den konkreten Umständen und dem Umfeld der Unternehmung ab.