Herr und Frau Schweizer gehören zu den Aufgeweckten, was den Kaffeekonsum anbelangt. Hinter Finnland, Belgien, Norwegen, Dänemark und Schweden belegt die Schweiz Platz 6 in der Länderliste der regelmässigen Kaffeetrinker. Mit einem jährlichen Pro-Kopf-Verbrauch von 7,3 kg Rohkaffee (860 Tassen, Stand 2004) liegen wir weit vor Deutschland, Italien, Frankreich oder etwa den USA. Das freut zum einen die grossen Kaffeeproduzenten wie Nestlé, aber auch den inländischen Detailhandel sowie die rund 80 mittleren und kleineren Kaffeeröstereien, die es in der Schweiz noch gibt. Eine davon ist die in Thalwil beheimatete Illy Café AG, die jährlich 600 Tonnen grünlich-graue Kaffeebohnen zu «braunem Gold» verarbeitet, wie diese werbewirksam bezeichnet werden.

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Nachfrage steigt, Konkurrenz wird härter

Der Kaffeproduzent, der sich und seine Produkte im Premium-Segment ansiedelt und hauptsächlich Gastro-Betriebe im Inland beliefert, blickt 2005 auf 66 Jahre Firmengeschichte zurück. Eine Geschichte, die allerdings nicht besonders viel versprechend ihren Anfang nahm, musste der Betrieb mit Ausbruch des 2. Weltkrieges doch kurz nach dem ersten Röstgang bereits wieder eingestellt werden. Erst 1950 kam richtig Schwung in die Kaffeeproduktion nicht zuletzt aufgrund der an Adria und Mittelmeer zelebrierten Espresso-Kultur, an der die «Svizzeri» gaumenfällig Gefallen fanden. Den Namen Illy brachte Mitbegründer Ernesto Illy in die Firma ein; dieser wurde auch beibehalten, nachdem er sich 1969 aus Thalwil verabschiedet hatte und fortan seine eigene Marke forcierte (in der Schweiz unter «Amici Café» bekannt). Der Vermutung, dass bei so vielen Illys in der Branche die Verwechslungsgefahr gross ist, kann auch Erich Isler, einer von zwei Illy-Café-Direktoren, nicht widersprechen. Zumal Illy aus Triest ebenfalls im gehobenen Preissegment vertreten ist.

Weit mehr Sorgen als dieser Umstand bereitet Isler allerdings die Konkurrenz aus Billigländern oder internationaler Gross-konzerne, die den Verdrängungskampf zusätzlich anstacheln: «Der Wettbewerb ist trotz weltweit steigendem Kaffeekonsum äusserst hart, wären wir qualitativ nicht top, wir hätten keine Chance.» Und so sieht sich die 30 Mitarbeitende beschäftigende Kaffeerösterei vom Zürichsee als Nischenplayer als «Gralshüter des guten Geschmacks», wie Riccardo Seitz jun., der zweite Herr im Haus, anmerkt.

Solchermassen missionarisch unterwegs, zieht es das typische Schweizer KMU, das auf ein langsames Wachstum setzt, nun vermehrt auch ins Ausland. «Wir sind daran, den Export zu intensivieren», betont Isler, «vor vier Jahren haben wir damit angefangen, heute liegt der Exportanteil bereits bei 10%.» Ins Auge gefasst haben Isler und Seitz vorab die USA, Deutschland, Japan, Südkorea, Singapur und Spanien. Aufgrund der Namensrechte allerdings muss der Illy-Kaffee aus der Schweiz in diesen Ländern unter einem anderen Label vermarktet werden ansonsten bei Amici-Illy in Triest die Alarmglocken läuten würden.

Jede einzelne Bohne muss bestehen

Qualität setzt einwandfreie Rohstoffe voraus, eine penible Verarbeitung und rigorose Kontrollen. Die von Illy verarbeiteten Bohnen an die zehn verschiedene Sorten stammen aus den klassischen Anbaugebieten Zentral- und Südamerikas, aus Ostafrika, Indien und Indonesien. In geheim gehaltenen Mischverhältnissen werden sie während gut zehn Minuten bei 250 Grad geröstet, um dann, nach dem Herunterkühlen, portionenweise in der Verpackung zu landen. Ein Vorgang, der von industriell röstenden Grossbetrieben gerne abgekürzt werde, wie Erich Isler bemerkt. Mit der Folge, dass der volle Geschmack des Kaffees nicht den Gaumen kitzle, sondern auf der Strecke bleibe.

Damit letztlich auch wirklich nur erstklassige Ware in den Handel gelangt, wird bei Illy tatsächlich jede geröstete Bohne einzeln auf ihre Qualität hin überprüft. Dies geschieht mittels eines Durchlaufrohrs und einer computergesteuerten Abtastung: Entspricht eine Bohne von der Form her nicht den Idealmassen, wird sie per Druckluft in einem Bruchteil einer Sekunde aussortiert. Ein Sieb schliesslich sorgt dafür, dass ausser Bohnen keine Fremdkörper in der Kaffeepackung landen. «Sie glauben nicht, was da so mitgeerntet wird», schüttelt Erich Isler den Kopf. In der Schale, die er präsentiert, liegen Steine, Scherben, Schrauben, Nägel und Nieten.

Treue contraPreise

Das Zürcher Unternehmen, das sich heute im Besitz der Familien Seitz, Isler und Hausbrandt befindet, beliefert in der Schweiz 1700 Hotels, Restaurants und Bars, 4000 private Abnehmer sowie vereinzelt den Detailhandel. Ein Grossteil der Belegschaft ist im Aussendienst tätig und spürt tagtäglich, dass gerade Beizer und Cafébesitzer es nicht mehr so genau nehmen mit der Treue. «Früher bestand zwischen Lieferant und Kunde oftmals eine eigentliche Freundschaft, hatte sich der Wirt einmal für eine Kaffeemarke entschieden, blieb er in der Regel jahrelang dabei. Heute ist das ganz anders», stellt Erich Isler leicht resigniert fest, «für den modernen Food-and-Bevarage-Manager zählt primär der Faktor Kosten.» Wer mit dem Preis einen Rappen tiefer gehe als der Konkurrent, erhalte den Zuschlag. Bis dann halt der nächste mit einem noch billigeren Angebot kommt.

Was aber macht einen guten Kaffee aus, einen «Espresso royal» sozusagen? Fachmann Isler Tagesdosis Kaffee acht Tassen fächert die Attribute einzeln auf: Die Mischung aus verschiedenen Kaffeesorten sei entscheidend, sodass sich eine nicht überbordende Säure bilden könne, als Krönung ein Schäumchen obenauf, zudem müssten Temperatur (95 Grad) und Härte des Wassers stimmen wofür letztendlich die Maschine oder eben der Mensch, der daran steht, verantwortlich sei. Fachmann Seitz Tagesdosis drei Tassen erklärt derweil weit weniger technisch: «Ein Espresso ist dann gut, wenn man einen zweiten will.»

Firmen-Profil

Name: Illy Café AG, Wiesengrundstrasse 1, 8800 Thalwil

Gründung: 1939 durch Carlo Seitz, Ernesto Illy und Roberto Hausbrandt

Geschäftsleitung: Erich Isler (im Bild, rechts),Riccardo Seitz jun. (links) Umsatz: 10 Mio Fr.

Beschäftigte: 30

Produkte: Kaffee

Kunden: Gastronomie, Private

Internet: www.illycafe.ch