Es gibt Raider, Robin Hoods und Philosophen. Um diese Sorte Menschen ranken sich in der Regel viele Geschichten, verrückte Gerüchte und noch mehr Fragen. Nicholas Berry gehört dazu und beantwortet letztere mit derselben nüchternen Wirtschaftlichkeit, mit der er seine Geschäfte tätigt. «I'm not poor» er sei nicht arm, entgegnet er beiläufig etwa auf die Frage, ob er reich sei.

Für einen Menschen mit Passion für Aktien, einem Schloss in Frankreich und geschätzten mindestens 50 Mio Pfund Privatvermögen mutet dieser Umstand eher nebensächlich an. Der 59-jährige Londoner übt schliesslich den Beruf des Investors aus und das ist eine Philosophie für sich, wie der Spross aus der Gründerfamilie der Zeitung «Daily Telegraph» beim Treffen im Grand Hotel Dolder in Zürich erläutert.

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1996 tauchte der Name Berry das erste Mal in der Schweiz auf. Seinerzeit wollte der britische Geschäftsmann das Basler Speditionsunternehmen Danzas im Handstreich übernehmen. Als Spezialist für Shareholder Value. Als Robin Hood der Kleinaktionäre. Er scheiterte. Jetzt ist der Brite wieder in der Schweiz und er hat gelernt.

Insider und Zuhörer

Nicholas Berry ist gut gelaunt, auch wenn das Leben eines Investors manchmal nicht einfach ist. Vor allem in der Schweiz offenbar. Er komme gerade aus Lausanne, erzählt Berry wieder scheinbar nebensächlich und betont, dass er sehr viele Sportgeschäfte in der gesamten Region besucht habe. «Tolle Menschen sind das, die ein gutes Geschäft machen.» Ein Investor ist immer auch Insider und Zuhörer. «Man muss auf die Leute zugehen, nur dann kann man sie verstehen», betont der Besitzer der Schweizer Sporthandelsorganisation Intersport PLC Holding.

Über 50 Sporthändler hat der drahtige Engländer seit der spektakulären Übernahme des schweizerischen Einkaufsverbandes vor zwei Jahren besucht. Der wisse doch gar nicht, was er da kaufe, lautete anfänglich der Vorwurf, der den Investor Berry ärgerte. Keiner der knapp 300 der Intersport angeschlossenen Sporthändler und fast des gesamten Managements wollte ihn haben. Kein Wunder bei einem, dem das Gerücht vorauseilt, er treffe Kaufentscheidungen in Millionenhöhe zwischen dem Aufstehen und dem Frühstück.

«Learning from doing» lautet eine von Berrys Motivationshymnen auf das schwere Investorendasein, von denen an diesem Abend noch mehrere wie ein Glaubensbekenntnis durch die Bar des «Dolder»tönen werden. Denn wahre Investoren sind auch Philosophen. «Wissen Sie, was das Geheimnis des Investierens ist? Nicht zu investieren», lacht Berry, «beziehungsweise so wenig wie möglich.»

Seit 30 Jahren ist der mit der Französin Evelyne Prouvost verheiratete Brite, mit welcher er in Frankreich auch die Mediengruppe Marie Claire («Marie-Claire», «Avantages», «Cosmopolitan») mehrheitlich besitzt, mit seiner Investmentgesellschaft Stancroft Trust Ltd. auf der Suche nach schlechten Unternehmen mit Potenzial. «Schlechte Firmen haben keine Besitzer», lautet das nächste Schlagwort am Tisch. Und genau nach solchen hält der Investor Berry Ausschau. Auch in der Schweiz. «Ich plane nie kurzfristig.»

Das hat der umstrittene Brite auch den Schweizer Sportdetaillisten immer wieder gesagt, die ihre anfängliche tiefe Skepsis dem neuen Mehrheitsaktionär gegenüber mittlerweile etwas abgelegt haben. «Wir müssen den Handel stärken, ihn unterstützen», beschwört Berry. Er entschied, dass der heftig bekämpfte, vor nicht einmal einem Jahr in Interlaken eröffnete Megastore des Intersport-Verbunds mit über 1200 m2 Verkaufsfläche wieder geschlossen wurde. «Das war ein Fehler des vorherigen Managements», gesteht Berry, «wir dürfen nicht in Konkurrenz zu unseren Mitgliedern treten.»

Das Scheitern beiDanzas wirkt nach

Berry meint es offensichtlich ernst und predigt nicht nur Shareholder Value. Manager, deren Salär sich nicht nach Leistung bemisst, sind ihm ein Gräuel. Es geht dem Businessman aber auch darum, eine Scharte auszuwetzen. «Damals hat mich keiner verstanden», sinniert Berry über sein Scheitern bei Danzas. 1996 hatte er direkt und über Mittelsmänner Anteile erworben und erhob gemeinsam mit dem Londoner Financier, Freund und ehemaligen British-Leyland-Chef, Sir Michael Edwardes, Ansprüche auf den Verwaltungsrat. Die Tage des nach Berrys Meinung unfähigen Managements schienen gezählt.

Doch das Vorhaben misslang, nachdem sich die Fronten zwischen dem damaligen Danzas-Präsidenten Peter Gross und alten, eingesessenen Verwaltungsräten so stark verhärteten, dass eine friedliche Zukunft nicht mehr gewährleistet schien. Schliesslich ging Danzas kurz darauf an die Deutsche Post, und Berry zog sich enttäuscht zurück. Die Frustration ist heute noch da.

Mit derm von ihm kontrollierten Schweizer Sporthändlerorganisation soll das anders werden. «Ich bin kein Raider», untermauert Berry. Ausserdem investiere er immer sein eigenes Geld. Es gebe überhaupt nur wenige echte Investoren mit Nase und Gespür für die Nische. Die meisten so genannten Investoren, die er treffe und über die geschrieben werde, verdienten den Namen nicht. Dabei fällt ihm Martin Ebner ein. Der habe auch nur mit geliehenem Geld gearbeitet. Wie bei der Pferdewette, am Ende bleibe nichts übrig. «Das ist nicht mein Stil», sagte Berry. Sein letztes Bonmot bei diesem Treffen.

Nicholas Berry

Nicholas Berry ist gerne in der Schweiz und pendelt zwischen London, Paris und Zürich. Er will seine Fühler aber auch nach Asien ausstrecken und ist kürzlich aus Fernost zurückgekehrt. Schon präsent ist Berry in Russland seit 1996 als grösster Anteilseigner des russischen Öl-Explorationsunternehmens Sibir Energy. Seit über 20 Jahren ist er beteiligt an der britischen Marktforschungsgruppe Mintel International. Zudem ist er Teilhaber des weltweit operierenden Ausstellungsdienstleisters Expomedia Group.

Derzeit hält Berry ausserdem Verwaltungsratsmandate an 20 weiteren Unternehmen, inklusive seines eigenen, Stancroft Trust Limited. An die in Baar angesiedelte Zelfi Sports Holding Limited wurden soeben die Stimmrechts-Anteile im Umfang von 82,9% an der Schweizer Intersport übergeben. Zelfi, eine hundertprozentige Tochter von Stancroft Trust, wird kontrolliert von Berry und seinen Söhnen William und Alexander.