BILANZ: Als Sie zu EDS kamen, sagten Sie, das sei eine Finanzholding mit 2000 verschiedenen Firmen. Welches waren die Sanierungsschritte bisher?

Michael Jordan: Zunächst haben wir die klassischen Turnaround-Dinge getan: verlustträchtige Altlasten abgewickelt, das finanzielle Bluten gestoppt und die Bilanz in Ordnung gebracht. Noch wichtiger aber war ein Mentalitätswechsel. Früher sagte EDS, wenn wir zu einem Kunden kamen: Wir übernehmen, was du hast. Wenn du Hewlett-Packard-Server hast oder irgendeine Software – egal, wir betreiben es, natürlich effizienter. Aber mit der Entwicklung hin zu ein oder zwei führenden Lieferanten für alle IT-Bereiche kam es darauf an, IBM Paroli zu bieten. Die haben alles unter einem Dach. So kamen wir auf die Idee der Allianzstruktur. Joe Tucci, der CEO von EMC, sprach als Erster von einer «virtuellen IBM» als Ziel. Also sagten wir: Wir sind die virtuelle IBM, aber wir haben die bessere Technologie.

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Ein anderes Zitat: EDS, sagten Sie einmal, war früher wie das Marine Corps, aber als Sie 2003 kamen, habe es einem Mädchenpensionat geglichen.

In den achtziger Jahren wurde EDS zur Hälfte von Ex-Militärs betrieben. Prozesse, Effizienz, Moral, Hingabe zur Arbeit – alles war sehr beeindruckend. Deshalb war ich so erschüttert, als ich hier anfing. Der Konzern war desorganisiert, hatte keine konsistente Technologie und war nicht darauf ausgerichtet, Best-Practice-Wege zu finden.

Was machen Sie aus EDS – eine Spezialeinheit? Eine schnelle Eingreiftruppe?

(Lacht.) Ja. Also, was auch andere über uns sagen, ist: Wir verpflichten uns zu einer bestimmten Leistung, und dann bringen wir so viel Manpower und auch Geld mit wie notwendig, um den Job zu erledigen. Zum Beispiel hatten wir Probleme mit einer Altlast, einem Grossauftrag des US-Militärs – ein sehr komplexes Projekt und nicht gerade ein vorteilhafter Vertrag für uns. Aber wir können sagen: Es gibt nicht viele Firmen, die drei Milliarden Dollar in die Hand genommen hätten und dabei geblieben wären. Das ist vielleicht noch das Erbgut der alten EDS. Die Leute gaben nicht auf, sondern blieben am Ball. Ich selber war ja ein Navy-Mann.

Es gibt eine spezielle Rivalität zwischen Marine Corps und US Navy …

Oh ja (grinst)! Darüber haben wir immer ein paar gute Witze auf Lager.

Haben Sie als Navy-Offizier etwas gelernt, das Ihnen heute nützt?

Ich arbeitete viereinhalb Jahre bei Admiral Hyman Rickover im Atom-U-Boot-Programm. Er war der härteste, widerlichste Typ, den ich jemals getroffen habe …

… der widerlichste?

Junge, war der beleidigend. Später habe ich mir seine Karriere mal näher angesehen, und was mir an ihm gefiel, war: Er hatte ein brillantes Verständnis von der Materie, und an den wichtigsten Punkten des Programms nahm er grosse Risiken in Kauf, um weiterzukommen. Seine Aktionen waren zunächst oft umstritten, machten aber mit Blick auf das gesamte Programm sehr viel Sinn. Einmal, als wir ein Experiment machten, überstimmte er sämtliche Experten aus der Industrie. Am Ende hat er Recht behalten.

Welchen Managementstil pflegen Sie selbst?

Ich würde sagen, ich bin der Typ Herdenführer. Ich renne rum wie ein Schäferhund, der die Schafe zusammenhält und in die richtige Richtung treibt. Und ich hole gute Leute. Das macht das Leben viel einfacher.

Westinghouse bauten Sie total um. Wohin steuern Sie mit EDS?

EDS will sich diversifizieren, damit wir nicht so sehr abhängig sind vom IT-Infrastruktur-Geschäft. Es ist kein schlechtes Geschäft, wir müssen nicht alles umkrempeln wie bei Westinghouse, denn der Markt wächst, und wir sind in einer guten Position. Vielmehr geht jetzt darum, neue Felder zu erschliessen, um schneller zu wachsen: Applikationen oder das Outsourcen von Geschäftsprozessen.

Planen Sie, IBM zu überholen?

(Lacht.) Nein, das wohl nicht. Wir wollen höhere Wachstumsraten erreichen, an acht bis zehn Prozent Umsatzwachstum herankommen, unsere Geschäftsbasis verbreitern und expandieren, etwa in Europa und China.

Wie sehen Sie Ihre Position im Wettbewerb?

IBM ist ganz klar der Hauptkonkurrent. Wir sind auf dem Weg, wieder deren Hauptkonkurrent zu werden. 2003 und Anfang 2004 waren wir etwas vom Radarschirm verschwunden, aber wir sind zurück als die starke Nummer zwei. Und im Neugeschäft liegen wir Kopf an Kopf mit IBM.

Und die anderen? Hewlett-Packard?

HP hat nach einigen Misserfolgen die Hörner eingezogen – die sind nicht sehr aggressiv.

Wie wichtig ist die Schweiz für EDS?

Wir haben ein schönes Geschäft in der Schweiz. Es ist ziemlich stark fokussiert auf Luftfahrtkunden, und darin ist es auch ein Expertisezentrum innerhalb unseres Konzerns. Und dieses ist wichtig für uns, denn wir haben viele führende Fluggesellschaften als Kunden, in den USA zum Beispiel American, Continental und die Mutter aller Billigflieger: Southwest.

Waren Sie schon mal in der Schweiz?

Und ob. Es hat mir gut gefallen. In Zürich wohne ich gern im «Eden au Lac». Man will mich jedes Mal im «Baur au Lac» oder im «Dolder» unterbringen. Und ich sage jedes Mal: Nein, ins «Eden», direkt am See. Am liebsten esse ich dort den Hummersalat. Schmeckt hervorragend.