Vor allem eines fällt alteingesessenen Krakauern auf: Die Zahl der vegetarischen Restaurants nimmt rasant zu. Sie  sind sichtbarer Ausdruck der Veränderungen, die Krakau in den vergangenen Jahren durchmachte. Angefangen hat es mit den ausländischen Firmen, die in Scharen in die südpolnische Stadt strömten und Menschen aus dem ganzen Land zu sich holten – ganz vorne mit dabei waren auch viele Schweizer Unternehmen.

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Mit den neuen Firmen nahm die Zahl der hippen Bewohner zu. Und die wollten auch mal was anderes als Wurst, Kohl und Pirogen. Innerhalb weniger Jahre hat sich Krakau zum beliebtesten Outsourcing- und Offshoring-Standort innerhalb der Europäischen Union entwickelt und in der jährlichen Rangliste des Beratungsunternehmens Tholons den ehemaligen Spitzenreiter Dublin überholt.  

Immer mehr neue Firmen

Der Erfolg reisst nicht ab. Mehr als ein Dutzend Firmen pro Jahr ziehen neu nach Krakau, viele weitere lagern Dienstleistungen hierhin aus. Überall in der Stadt entstehen neue Glashäuser und Business-Parks, in denen Platz für die IT-, Finanzdienstleistungs- oder Personalmanagement-Mitarbeitenden geschaffen wird. Die Retorten-Quartiere mit ihren Glashäusern in den Vororten der Stadt stehen im krassen Gegensatz zur pittoresken Altstadt mit ihren versteckten Gässchen, bunten Häusern und dem Marktplatz, auf dem kitschig dekorierte Pferdekutschen auf Gäste warten.Schweizer Unternehmen haben schon früh das Potenzial der südpolnischen Stadt erkannt.

Als eines der ersten zog es ABB schon in den 1990er-Jahren dorthin. Der Konzern beschäftigt in seinem Forschungszentrum mittlerweile über 700 Leute. Die Zahl dürfte in den kommenden Jahren weiter steigen. Die UBS kam zu Beginn des Krakau-Booms, der nach dem EU-Beitritt von Polen 2004 an Fahrt aufnahm. 1600 Leute beschäftigt die Grossbank in Krakau inzwischen, Hunderte weitere Angestellte sind bei externen Dienstleistern angestellt. Auch Zurich und Syngenta setzen in Krakau auf Outsourcing und nutzen die Dienste von Capgemini.

Erfolg hat Schattenseiten 

Trotz allen Vorteilen – die rasante Entwicklung hat auch ihre Schattenseiten. Einwohner beklagen, dass sich das Stadtbild zum Schlechten wandelt. Der Verkehr nimmt zu, und das führt zu dauerhaft verstopften Strassen. Ausserdem machen andere polnische Städte Krakau als Standorte Konkurrenz. Denn die Löhne in der südpolnischen Stadt sind in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen, die Arbeitslosigkeit gesunken. Der Kostenvorteil wankt und auch der Platz könnte irgendwann knapp werden.

«Die anderen Firmen rekrutieren einem die Leute teilweise unter der Nase weg», berichtet ein Mitarbeiter der UBS, der anonym bleiben will. Er habe davon gehört, dass Kollegen während einer Liftfahrt oder der Zigarettenpause vor dem Gebäude abgeworben wurden. Der Weg zum neuen Arbeitgeber ist in der Regel in Krakau nicht weit. In drei grösseren Businessparks sitzen alle grossen Firmen zusammengepfercht quasi aufeinander. «Viele müssen nach der Kündigung im Aufzug einfach einen anderen Knopf drücken.»

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