Jan Jenisch wird CEO und Aufseher: Warum das Doppelmandat bei Holcim für Kritik sorgt

Doppelmandate sind in der Schweiz offenbar wieder en vogue. Der Baustoffkonzern Holcim baut die Führungsetage um: Verwaltungsratspräsident Beat Hess geht. CEO Jan Jenisch folgt ihm nach – bleibt aber auch CEO. Dabei besteht keine Dringlichkeit und die Geschäfte laufen gut. Holcim verkaufte fast 9 Prozent mehr als im Vorjahr. Umsatz und Gewinn legten zu. Auch wurde kein Nachfolger für Jan Jenisch aufgebaut. Der Wechsel kommt abrupt und ist in dieser Form nicht unbedenklich, weil Doppelmandate Interessenkonflikte kreieren können, die nicht unbedingt zum Wohl des Unternehmens und der Aktionäre sind. Das kann Checks and Balances ausser Kraft setzen, wie sie von den Governance-Regeln längst mehr als üblich sind. So sieht der Code of Conduct von Economiesuisse vor, dass die Posten des CEO und des Verwaltungsratspräsidenten mit zwei Personen besetzt werden. Doppelmandate bleiben aber legal. «Holcim und andere machen das, einfach, weil sie es können. Niemand gebietet dem Einhalt. Und auch die Aktionäre foutieren sich darum», sagt Monika Roth daher zum jüngsten Fall. Beispiele gibt es in der Schweiz viele für die denkwürdigen Rochaden in den Firmenleitungen. Da wäre zum Beispiel Sulzer: Nach nicht einmal neun Monaten verliess der CEO den Industriekonzern. Und Präsidentin Suzanne Thoma übernahm. Kein anderer Nachfolger, keine andere Nachfolgerin für den abtretenden operativen Chef. Ein anderes Beispiel ist Stadler Rail. Präsident Peter Spuhler war nicht happy mit seinem Chef-Manager und trennte sich von ihm. Spuhler übernahm und blieb gleichzeitig Präsident. Das Doppelmandat wurde nach zwei Jahren erst Anfang dieses Jahres wieder aufgelöst. Daran gestört hat sich kaum jemand. Ebenfalls immer noch in der Doppelrolle: Silvio Napoli. Der Schindler-Chef pflegt sein Mandat als oberster Manager und sein eigener Aufseher in Personalunion. Beispiele von solchen Doppelmandaten in der Schweizer Wirtschaft gibt es also viele. Holcim-Präsident relativiert Bedenken Ruhig Blut, findet daher Holcim-Präsident Beat Hess. Im Gespräch mit der «Handelszeitung» relativiert er die Bedenken. «Ich habe mit 74 die Alterslimite überschritten, will mich an unsere internen Regeln halten und finde eine Alters-Guillotine gut.» Intern habe man die Angelegenheit im Vorfeld natürlich diskutiert. Die Conclusio: «Wir sehen die Interessen des Unternehmens und unserer Aktionäre an erster Stelle.» Aus Governance-Sicht gebe es kein Problem. «Das ist eine gute Lösung», legt Hess nach. «Man muss nicht immer den Governance-Fundamentalisten folgen.» Ein Jahr soll das Doppelmandat halten. Dann soll ein Nachfolger Jenisch in dessen Funktion als CEO beerben. «Es gibt gute interne Kandidaten», sagt Hess. Eine interne Lösung wird vom Verwaltungsrat bevorzugt. Das heisst aber nicht, dass man nicht auch über die Unternehmensgrenzen hinausschauen könne. Holcim ist im Umbruch, von einem Zementkonzern hin zu einem Unternehmen für Building Materials, also diversen Baumaterialien im Hochbau. Die Integration der Akquisitionen ist noch nicht abgeschlossen. «Also haben wir befunden, dass Jan Jenisch das am besten noch zu Ende bringen soll», gibt Hess einen weiteren Grund für das Doppelmandat an. Wenigstens nicht komplett ignorieren wollte man auch bei Sulzer die unschöne Optik, die aus dem potenziellen Interessenkonflikt eines Doppelmandats entsteht. Also installierte der Konzern einen «Lead Independent Director», welcher gleichzeitig Vorsitzender des neuen Governance-Ausschusses ist. Die Massnahmen sollten laut Sulzer eine wirksame Corporate Governance gewährleisten. Am Doppelmandat wird aber nicht geschraubt, eher werden den Aktionären mögliche Beruhigungspillen verabreicht. Aktionärsschützer sind desillusioniert Die Frage ist, ob das die Aktionäre von Sulzer, Holcim und anderen und Aktionäre in der Schweiz generell überhaupt stört. Fragt sich zum Beispiel Corporate -Governacne-Expertin Roth und meint: «Ich bin desillusioniert.»