Japanische Autohersteller haben knapp drei Wochen nach dem Erdbeben in Japan auch auf dem nordamerikanischen Markt mit Lieferengpässen zu kämpfen. Honda begann am Mittwoch, seine Produktion in den US-Fabriken zu reduzieren. Auch Toyota bat seine amerikanischen Händler am Dienstag, vorläufig über 200 Ersatzteile, die in Japan angefertigt werden, nicht mehr zu bestellen.

In den Honda-Werken in den USA und Kanada werden wegen fehlender Autoteile die Stunden der Arbeiter an den Montagebändern gekürzt. Die Angestellten bekamen die Möglichkeit, während der Stehzeiten in den Werken zu bleiben und weiter bezahlt zu werden.

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Panikkäufe der Händler

Bei Toyota sollten die Ersatzteile nur noch bestellt werden, wenn ein Kunde sie tatsächlich benötigte, sagte Toyota-Sprecher Steve Curtis. Aus Sorge über Lieferengpässe hätten manche Händler in den letzten Wochen möglicherweise mehr bestellt, glaubt Toyota-Händler Earl Stewart aus Florida.

Die Produktion der meisten Ersatzteile von Toyota war bereits am 17. März wieder angelaufen. Rund ein Viertel der Teile amerikanischer Toyotas muss noch aus Japan importiert werden.

Doch im Land selbst, dem zweitgrössten Autolieferanten der Welt, ist die Produktion immer noch nicht auf dem alten Stand. Nur wenige Werke wurden durch das Erdbeben oder den Tsunami ernsthaft beschädigt, doch die Versorgung mit Wasser und Elektrizität ist weiterhin ein Problem.

Komplexe Lieferkette

So erklärte Nissan am Mittwoch, dass zwei seiner Werke immer noch kein fliessendes Wasser hätten, ein weiteres, das schwer beschädigt wurde, werde erst im Juni wieder die Arbeit aufnehmen. Auch bei anderen Herstellern könnte es bis zum Sommer dauern, bis die Produktion wieder auf dem Niveau vor dem Erdbeben ist, glauben Analysten.

Die komplexe Lieferkette für Autoteile ist jedenfalls sehr verwundbar, wie die Katastrophe in Japan gezeigt hat. 3000 Teile, die wiederum aus mehreren kleineren Komponenten bestehen, werden zu einem Neuwagen zusammengefügt. Bezogen werden sie von verschiedenen Firmen in mehreren Ländern. Fehlt nur ein Teil, kann das Auto nicht gebaut werden.

Auch europäische Zulieferer unter Druck

Auch Europäische Zulieferer könnten laut einer Studie der Rating-Agentur Moodys von dem Problem betroffen sein: Zwar seien sie direkt nur gering betroffen, schreibt Moodys in einer Studie. Europäische Zulieferer könnten aber in den Sog einer geringeren Autoproduktion der Hersteller in Europa und Nordamerika geraten, die wegen fehlender Zulieferteile ihre Fertigung herunterfahren müssten. Einen zeitlich begrenzten negativen Einfluss auf Umsatz und Ergebnis erwartet die Ratingagentur vor allem im zweiten Quartal 2011.

Die Lieferkette zu schliessen dürfte nach Einschätzung von Moody's-Analyst Rainer Neidnig einige Zeit dauern. Im Anschluss könnte der Produktionsrückstand aber zumindest zum Teil wieder aufgeholt werden. Deshalb sieht die Agentur die für Kreditverträge wichtige Bonitätseinstufung der Unternehmen nicht in Gefahr. Bei den europäischen Zulieferern entfällt nach Schätzung von Moody's lediglich ein Umsatzanteil von maximal zehn Prozent auf Japan.

Japaner enorm geschwächt

Die japanischen Autobauer sieht Moody's hingegen durch die Naturkatastrophe in Japan geschwächt. Mindestens zwischen April und September dürfte das operative Geschäft und die Ertragskraft durch die Auswirkungen von Erdbeben, Tsunami und der Atomkatastrophe beeinträchtigt werden.

Zwar sei kein Werk der Hersteller zerstört worden, aber die indirekten Auswirkungen durch die Stromrationierung, fehlende Zulieferteile und die Situation der Beschäftigten bedeuteten ernsthaftere Probleme, sagte Analyst Tadashi Usui vom Tokioter Büro der Agentur. Sein Kollege aus New York, Michael Mulvaney, sieht die japanischen Autohersteller stärker betroffen als etwa Hersteller von Elektrogeräten, weil die Automobilindustrie eine breitere Zuliefererbasis habe und stark von der Produktion in Japan abhänge. Die Suche nach alternativen Zulieferern lasse die Kosten steigen und könnte die Marge um ein bis zwei Prozent senken, sagte Mulvaney.

(laf/rcv/sda/awp)