Tidjane Thiam hat es geschafft. Der CS-Verwaltungsrat hat ihm das volle Vertrauen ausgesprochen, die Affäre Khan ist für ihn bewältigt. Fürs erste. Doch der Streit um Macht und Prestige, der immer mehr in einen Kleinkrieg zwischen ihm und seinem Vermögensverwaltungschef Iqbal Khan ausartete, hinterlässt in der Bank und in der Öffentlichkeit tiefe Spuren.

Thiam steht heute wieder dort, wo er vor vier Jahren stand. Er fühlte sich anfangs unverstanden, in Frage gestellt, gedemütigt, zuvorderst von der Schweizer Presse. Dann konnte er mit seinem Kurs, der auf Sparen, Eigenkapitalaufbau und Vermögensverwaltung setzte, im Schweizer Establishment und in der Öffentlichkeit punkten. Und dann endlich wurde ihm – ab 2018 – jener Ruhm zuteil, den er in seinen Augen längst verdient hatte.

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Viel zu lange war er unantastbar

Die Erfolgswelle, auf der er in den letzten 12 Monaten surfte, war mit dem Khan-Krach abrupt abgerissen. Angekratzt wurde Thiams Image als starker Stratege, der mit Umsicht und Empathie seine Mannschaft mitnimmt und zur Höchstleistung antreibt.

Dass der Konflikt derart aus dem Ruder lief und ihm persönlich schadete, hat er sich ein Stück weit selber zuzuschreiben. Viel zu lange fühlte er sich unantastbar, war er für die Mitarbeitenden kaum greifbar. Stattdessen baute er sich ein Machtzentrum auf, das die Credit Suisse streng nach dem Top-Down-Prinzip regierte. Zum innersten Kreis der Grossbank gehören gerade mal drei Leute: Thiam selber; Pierre Olivier Bouée, sein nun gestürzter COO; sowie Adam Gishen, Herr über Marketing, Kommunikation und Investor Relations.

Weder Profit-Bringer Thomas Gottstein, Schweiz-Chef der Credit Suisse noch Iqbal Khan, Chef der Internationalen Vermögensverwaltung, gehörten zum innersten Zirkel.

«Der Abgang von Iqbal Khan ist ein schwerer Verlust zur Erreichung der Ziele – zu denen auch eine Trendwende beim Aktienkurs gehört.»

Das Trio Thiam, Bouée, Gishen kennt sich seit über 10 Jahren, aus gemeinsamer Zeit in London. Thiam war Chef der Versicherungsgruppe Prudential, Bouée sein Risikoverantwortlicher und Gishen der externe Finanzberater. Dieses Machtkartell ist das Gegenteil einer modernen, offenen Führungskultur. 

Vor einer harten Bewährungsprobe steht nun Thiams Strategie. Zu zeigen ist, ob sein Geschäftsmodell auch wirklich nachhaltiges Wachstum und Profit zu generieren vermag. Der Abgang von Iqbal Khan ist jedenfalls ein schwerer Verlust zur Erreichung der ambitiösen Ziele, zu denen auch eine Trendwende beim Aktienkurs gehört. Der jungdynamische Herr über die Milliarden verdoppelte den Gewinn, zog Neugelder an – und senkte nebenher die Kosten.

Khans Nachfolger, Philipp Wehle, war nicht die oberste Wahl von Thiam. Ob er den Erfolgskurs fortsetzen kann, wird sich zeigen. Anstrengend wird es allemal, denn die Kosten sind bereits auf tiefem Niveau. Jetzt geht es darum, vorab in den Emerging Markets an 1'000 Stellschrauben zu drehen.

Tidjane Thiam ist jetzt, nach dem Wechsel von Iqbal Khan zum Erzkonkurrenten UBS, erst recht gefordert.