Aus ihm muss man nicht jedes Wort herausklauben. «Wenn ich zu viel spreche, müssen Sie mich halt unterbrechen», sagt John Peter Strebel lachend. Aber es lohnt sich, ihm zuzuhören: Er hat eine bunte Lebensgeschichte. Wieso er einen englischen Vornamen hat, ist rasch erklärt. In London kam er zur Welt. Dort hatte sein Vater ein Unternehmen für Aroma- und Duftstoffe aufgebaut. Er hatte enge Verbindungen zur Kosmetikbranche. So gesehen hat sich der Kreis für John Peter Strebel nach vielen ereignisreichen Lehr- und Wanderjahren wieder geschlossen. Zu den bekanntesten Kosmetikmarken, die im Geschäftsbericht der Promarca gezeigt werden, gehören L'Oréal, Nivea, Penaten und Dove.

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Dass die Familie in die Schweiz übersiedelt ist, hat einen familiären Hintergrund: «Mein Vater starb im Alter von 36 Jahren, und meine Mutter war mit drei Kindern auf sich allein gestellt», erzählt Strebel. Vielleicht hängt dieses Ereignis mit einem Charakterzug zusammen, der ihn auszeichnet. Er hat sich früh allein durchs Leben geschlagen. «Eigentlich wäre ich am liebsten Werbe-Fotograf geworden. Das war mein Traum. Die Dunkelkammer war bereits eingerichtet, das nötige Equipment vorhanden, der Vertrag mit einer Werbefirma stand.»

Dann durchkreuzte ein zweiter nicht vorhergesehener Vorfall seine Pläne: «Mein künftiger Auftraggeber arbeitete für die Uhrenindustrie und bekam von einem Tag auf den anderen Absagen von wichtigen Kunden. Ich konnte meine Lehre nicht antreten, die Uhrenkrise bewirkte, dass es fast unmöglich war, so kurzfristig eine andere Fotografen-Lehrstelle zu finden. Ich entschloss mich kurzerhand, eine kaufmännische Lehre zu machen.» Das ist charakteristisch an Strebel. Ein Blick auf seinen umfangreichen Lebenslauf beweist, dass er nicht lang Federlesens machte; wenn ein Weg nicht zum Ziel führte, dann suchte er einfach nach neuen Chancen. Genau das ist es, was der Jugend von heute immer wieder gepredigt wird, egal ob es sich um Hochschulabsolventen oder um Lehrlinge handelt. «Und es ist wahrscheinlich eines der besten Rezepte, die es in wirtschaftlich unsicheren Zeiten gibt», findet der Promarca-Direktor.

Internationaler Werkstudent

Seine ersten Sporen verdiente er sich bei Manor ab. «Das war für mich ein wichtiger Kontakt mit dem Detailhandel.» Das sollte ihm später zugute kommen. «Darf ich mein Jackett ausziehen?», fragt er nach einer halben Stunde, in der ein halbes Dutzend Länder vorkam, in denen Strebel lebte. Er hat sich richtig ins Feuer geredet.

Mit seinen lebhaften Schilderungen erinnert Strebel an jene Menschen, deren Begeisterung für Neues nicht erlischt. Ob in Paris, England, Italien oder in den USA, immer besuchte er erst Sprachschulen, dann Universitäten, verdiente sich das Schulgeld mit Nebenjobs und war sich nicht zu schade, in Florida bei einer Familie zu arbeiten, die eine Orangenplantage hatte und gleichzeitig ein Baugeschäft betrieb. «Das ergänzte sich prima.» Während seiner Zeit in Harvard, wo er die Business School absolvierte, konnte er sogar wieder seinem Jugendtraum frönen in einem Fotogeschäft, das ihn auch mit Reportagen betraute. Eine Zeit lang arbeitete er auch als Beleuchter. «Ich habe überall viel gelernt», resümiert er seine Auslandzeit.

Doch irgendwann bekommt auch der hartgesottene Nomade Heimweh. Das war bei ihm an seinem 22. Geburtstag der Fall. Schon wieder zog es ihn hin zum Detailhandel. Bei Jelmoli war er zunächst für das Produktmanagement im Versandgeschäft tätig, danach für Textil-, Sport- und Gastro-Unternehmungen im Marketing und Verkauf. Am längsten hielt es ihn bei Ferrero (Nutella, Kinderschokolade), wo er die gesamte Division Schweiz managte. Viele der Marken, mit denen Strebel damals tagtäglich zu tun hatte, sind ebenfalls im Geschäftsbericht der Promarca abgebildet. Das sind für ihn so etwas wie alte Bekannte.

Wie denkt er über die Zukunft der Markenartikel in einer Zeit, in der die Folgen der Handelskonzentration immer gnadenloser werden? «Es gibt im Wesentlichen drei Möglichkeiten, sich dagegen zu wehren: Stetige Innovation, Erschliessung neuer Märkte und Kundensegmente sowie Markenpflege», ist seine Antwort auf permanenten Margen- und Preisdruck. Aber das treffe nicht nur die Kleinen, auch die Grossen müssten damit leben.

Dreck unter jedem Stein

Zu den besonders spannenden Phasen in seinem Leben gehört jene in der Migros Bern, die mit der Migros Aargau/Solothurn zur Migros Aare fusionierte, und jene bei Intersport, die er gründlich sanierte. Jene, die ihn aus dieser Zeit kennen, wundern sich über seinen Durchhaltewillen und seine Beharrlichkeit. «Es verging kein Tag, ohne dass ich etwas Unangenehmes entdeckte oder erfuhr», erinnert er sich an seine Zeit als CEO bei Intersport.

Jetzt führt er ein Verbands-Unternehmen, in dem er nicht unter jedem Stein, den er dreht, eine böse Überraschung erleben muss, und hat endlich wieder etwas mehr Zeit für seine Familie - zwei schulpflichtige Kinder und eine Lebenspartnerin, die ein eigenes Event-Unternehmen betreibt.

Er ist dorthin zurückgekommen, wo seine Familie nach der Rückkehr aus England Aufnahme gefunden hat: Nach Solothurn. Und wenn er sich einmal etwas ganz Spezielles gönnen will, fährt er nach «Goodwood» im Süden Englands, wo er sein liebstes Hobby pflegt: Besuche von Autorennen mit Oldtimern.

Streng genommen hat Strebel heute auch beruflich mit «Oldtimern» zu tun. Marken wie Rivella, Schiesser, Henniez, Wernli, Trisa, Knorr, Colgate, Coca-Cola, Ovomaltine, Kellog's, Nescafé, Marlboro und Mars gehören auch wenn ihre Rezepturen immer wieder dem Geschmack der Zeit angepasst worden sind letztlich zu den «Oldtimern».

«Sehen Sie, ich bin mit diesen Produkten täglich konfrontiert, verlustiere mich an ihnen und kann mich mühelos mit dem Engagement für sie identifizieren», sagt Strebel. Was ihn besonders freut: «Acht von zehn Schweizerinnen und Schweizern verbinden mit dem Markenartikel die Werte Vertrauenswürdigkeit und Zuverlässigkeit.» Eine repräsentative Studie, die im Auftrag von Promarca vom Meinungsforschungsinstitut IHA-GfK erstellt wurde, ergab dieses Resultat.

Der Umgang mit Eigenmarken

Für zwei Drittel der über 1000 befragten Konsumentinnen und Konsumenten im Alter zwischen 15 und 74 Jahren ist die Bedeutung der Marke trotz diverser Billiglinien-Produkte der Detaillisten wie Coop, Migros und neu auch Volg gleich geblieben. Fast die Hälfte der Befragten sieht bei Markenartikeln eindeutig einen Mehrwert. Während nur 16% bei Eigenmarken einen Mehrwert erkennen, freut sich Strebel. Aber er verhehlt nicht, dass auch die Stärke der Eigenmarke bei dieser Umfrage zum Tragen gekommen ist. «Es zeigte sich, dass vor allem Jungfamilien, Teilzeitbeschäftigte und Angehörige einer niederen Kaufkraftklasse darauf abfahren.»

Das mit der Jungfamilie trifft auf ihn nicht gerade mehr zu. Aber das mit den Teilzeitbeschäftigten und den Angehörigen einer «niederen Kaufkraftklasse» hat Strebel eins zu eins erlebt. Wenn das auch etwas weit zurückliegt. Aber geprägt hat ihn das trotzdem. Aber er wurde durch seine Zeit als einer, der sich einfach auf verschiedenen Kontinenten mit einem schmalen Portemonnaie durchschlagen musste, nicht verbittert, sondern hat, wenn immer möglich, auch damals zwischendurch mal etwas Besonderes gekauft. Markenartikel eben. Italiener nennen das «primo amore».

2000 Marken unter seinen Fittichen: Steckbrief

Name: John Peter Strebel

Funktion: Direktor Promarca

Alter: 48

Wohnort: Solothurn

Familie: In Partnerschaft lebend, zwei Kinder

Karriere

1986-1994 Alimarca (Valora),Leiter Division Ferrero

19942001 Genossenschaft Migros Aare, GL-Mitglied, Direktion Fachmärkte

2001-2003 CEO Intersport Schweiz AG

Seit 2003 Direktor Promarca, BernFirma

Promarca ist 1929 gegründet worden. Die Verbundorganisation von Markenartikelherstellern im Konsumgüterbereich (Food/Near Food) ist ein unabhängiger und branchenübergreifender Verband mit Sitz in Bern und vertritt die Anliegen der Markenartikelindustrie gegenüber der Öffentlichkeit, den Medien sowie dem Handel und der Politik. Ihr gehören 79 Mitgliedsfirmen an, die 13 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigen, einen Umsatz von 8,7 Mrd Fr. (77% Inland, 16% Exporte, 7% Halbfabrikate) erwirtschaften und 2000 Brands repräsentieren.