Die Kaffeepreise auf dem Weltmarkt sind unter Druck. Der Rohstoffpreis war 2019 zeitweise so tief wie seit mehr als zehn Jahren nicht mehr. Das drückt zwar auch hierzulande auf die Preise. Doch Kaffeebauern werden dadurch in ihrer Existenz bedroht.

Unhaltbar ist die Situation etwa im mittelamerikanischen Guatemala. «Der Kaffeeanbau ist heutzutage definitiv nicht mehr rentabel», sagt José de León, der mit einer fünf Hektar grossen Plantage zu den grössten der Kleinbauern des Städtchens San Pablo gehört.

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Der Preis für Rohkaffee fiel im August nach Angaben der International Coffee Organization (ICO) im Vergleich zum Juli um knapp sieben Prozent. Mit 96,07 US-Cent pro Pfund lag der Durchschnittswert um mehr als 8 Cent unter dem Wert vom August 2018. Im April war der Preis mit 94,42 Cent so tief war wie seit Juli 2006 nicht mehr. Im April 2011 hatte er noch bei mehr als 2,30 Dollar gelegen. Ein Überangebot ist laut ICO der Hauptgrund - die Exportmengen steigen jedes Jahr.

Preise sinken auch im Detailhandel

Die grössten Ausfuhrländer sind Brasilien und Vietnam. Auch die Schweiz spielt eine wichtige Rolle im Handel. Sie ist zwar trotz eines sehr hohen Pro-Kopf-Konsums eine kleine Konsumentin - doch wird 70 bis 75 Prozent des Rohkaffeehandels über hier ansässige Händler abgewickelt.

Die sinkenden Preise für Rohkaffee schlagen sich hierzulande auch in den Verkaufspreisen für Kaffeebohnen, -Pulver und -Kapseln nieder, zumindest ein wenig. Laut Daten des Bundesamts für Statistik (BFS) lagen die Preise etwa im August um 1,3 Prozent unter dem Vorjahr, nachdem sie im Vorjahr noch um 1,7 Prozent gestiegen waren.

Viele geben Kaffeeanbau auf

Für die Produzenten geht es derweil um die Existenz: Seit vier Jahren schreibe in San Pablo so gut wie jeder Verluste, erzählt Don José, wie der 63-jährige Landwirt genannt wird. Viele gäben den Kaffeeanbau auf, nicht wenige wanderten wegen fehlender Alternativen aus.

Etwa 80 Prozent der rund 60'000 Bewohner von San Pablo leben Don José zufolge vom Kaffeeanbau. 87 Bauern haben sich zu einer Kooperative zusammengeschlossen, die dem nationalen Verband Fedecocagua angehört. Dieser vermarktet den Kaffee - Chef ist ein Schweizer.

Pro Zentner Kaffee müsse man 750 Quetzal (rund 94 Franken) einnehmen, um über die Runden zu kommen, rechnet Don José vor. «Wir verkaufen im Moment für 650.» Nur weil der Verband etwas dazugebe, könnten viele überhaupt noch weitermachen.

Probleme mit Fairtrade-Zertifikaten

Man halte sich an die von den USA und der Europäischen Union geforderten Bio-Standards, erklärt Leonel Carmelo, technischer Berater von Fedecocagua in San Pablo. Das werde aber nicht entsprechend vergütet. «Die Erzeuger fragen uns: Was bringt uns die Zufriedenheit, dass unsere Kunden ein chemiefreies Produkt konsumieren können, wenn wir Hunger leiden?»

Die Bauern könnten es sich nicht leisten, ihren Arbeitern den gesetzlichen Mindestlohn von umgerechnet gut zehn Euro am Tag zu zahlen, sagt Carmelo. Um ihre Fairtrade-Zertifikate nicht zu verlieren, bezahlten sie also nach Menge geernteter Kaffeekirschen statt pro Tag.

Das Geld reiche auch nicht mehr, um so oft zu düngen, neu anzupflanzen oder Unkraut zu beseitigen wie zuvor. Darunter werde auf längere Sicht die Qualität leiden, und für die Arbeiter gebe es weniger Jobs. «Weil sie auch sonst in der Umgebung nichts finden, wandern sie aus - in die Städte, nach Mexiko oder dahin, wo alle hin wollen: in die USA», sagt Carmelo.

Höheres Einkommen dank Fair Trade

Die tiefen Preise sind auch bei beim Fair-Trade-Dachverband Swiss Fair Trade ein Thema. «Wir beobachten natürlich die Entwicklung», sagt Geschäftsführer Philipp Scheidiger gegenüber der Nachrichtenagentur AWP. Allerdings profitierten die Fair-Trade-Produzenten von Mindestpreisen.

Max Havelaar etwa habe den Mindestpreis zurzeit bei 1,40 Dollar pro Pfund gesetzt, dazu komme eine Prämie von 0,20 Dollar pro Pfund. Dadurch liege das Einkommen um 40 Prozent höher im Vergleich zum aktuellen Weltmarktpreis. Beim integrierten Ansatz, bei dem Fair-Trade-Kaffeehändler den Kaffee selber importierten und verkauften, lägen die Preise noch höher.

Fair-Trade-Kaffee erfreut sich in der Schweiz zunehmender Beliebtheit: Im letzten Jahr wurden damit laut Zahlen von Swiss Fair Trade 94,8 Millionen Franken umgesetzt - knapp ein Drittel mehr als im Vorjahr.

Kosten nicht mehr gedeckt

Ausserhalb von Fair Trade sieht die Lage für Kaffeebauern jedoch düster aus. Die an Bauern gezahlten Preise reichten in vielen Fällen nicht aus, um die Produktionskosten zu decken, heisst es in einem ICO-Bericht vom Mai. Die Existenzgrundlagen von Kleinbauern seien dadurch ernsthaft beeinträchtigt.

«Multinationale Kaffeekonzerne zahlen Kaffeebauern zum Teil nur ein Viertel des im Internationalen Kaffeeabkommen von 1983 festgelegten Preises», betont Fernando Morales-de la Cruz, Gründer der Initiative Café for Change. Die Europäische Union sei als grösster Kaffee-Importeur der Welt der grösste finanzielle Nutzniesser des Elends in den Anbauregionen, meint er. Es bleiben harte Zeiten für Kaffee-Anbauer wie Don José.

(awp/tdr)