Bei Kambly in Trubschachen geht es Oscar-verdächtig zu und her. Drei Patrons haben den Familienbetrieb, der seit bald 100 Jahren Feingebäck herstellt, bisher geführt. Alle trugen und tragen sie den prestigeträchtigen Vornamen Oscar. Sowieso: Tradition und Beständigkeit geniessen hier auf Gotthelfs Flecklein Erde einen Stellenwert wie kaum anderswo in der Schweiz. Wunderbar zum Emmental passt deshalb auch die Geschichte von Oscar R. Kambly Kambly dem Ersten der zu Beginn des 20. Jahrhunderts den Weg vom Kandertal an die Emme fand.

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Die Liebe wars

Die Liebe nämlich wars, die den jungen Mann nach Trubschachen verschlug. Um seiner Holden möglichst nahe zu sein, absolvierte der Bursche im kleinen Bauerndorf eine Lehre als Bäcker-Konditor. Die Liebe gedieh und mit ihr auch der Tatendrang des frisch gebackenen Berufsmannes. 1906, im Alter von 19 Jahren, entschloss sich Kambly I., mit Bretzeli sein Glück zu versuchen. 1909 übernahm er das Geschäft seines Lehrmeisters und wagte den Schritt in die Selbstständigkeit. Doch statt wie seine Kollegen auf ein breites Sortiment an Broten, Torten und Süssgebäck zu bauen, setzte der junge Unternehmer auf ein einziges Produkt: Das Bretzeli, dessen Rezept er von seiner Grossmutter erhalten hatte. Fortan stand der Name Kambly für das dünne, im Waffeleisen gebackene Biscuit. Und auch heute noch meint, wer Bretzeli sagt, in erster Linie die knusprige Spezialität aus Trubschachen.

«Grossvater war ein Visionär»

1910 erfolgte die Grundsteinlegung zur eigentlichen Kambly-Fabrik. «Mein Grossvater war ein Visionär, er glaubte an sein Produkt und liess sich nicht vom eingeschlagenen Weg abbringen», bemerkt anerkennend Oscar A. Kambly, der das Unternehmen seit 1983 in dritter Generation führt. Der strenge Grundsatz kompromissloser Qualität habe zuweilen dazu geführt, dass die Produktion runtergefahren oder grad ganz eingestellt worden sei; in Krisenzeiten wie den beiden Weltkriegen beispielsweise, wenn Milch und Butter Mangelware waren. «Lieber verzichtete man damals darauf, zu produzieren, als dass auf Ersatzrohstoffe ausgewichen worden wäre», berichtet Oscar A. Kambly. «Die Qualität stand damals wie heute über allem.»

Kompromisslose Qualität

Im bald hundertsten Jahre seines Bestehens beschäftigt das Familienunternehmen Kambly in den beiden Werken in Trubschachen und Lyss 1999 von Coop übernommen rund 400 Personen. Aus dem ehemaligen Einmannbetrieb ist der bedeutendste Gebäckhersteller der Schweiz geworden. Längst ist die Palette um unzählige Spezialitäten erweitert worden, täglich werden 400 000 Schachteln mit Feingebäck abgefüllt, die Hälfte davon geht mittlerweilen ins Ausland. Nach Frankreich, Deutschland und in die USA, mehr und mehr aber auch in den Osten und nach Asien. Damals wie heute schwört man bei Kambly auf eine Reihe Leitideen «auf die fünf Pioniertaten», wie Oscar A. Kambly es nennt. Dazu gehören unter anderem Innovationen im technischen Bereich Produktionsmaschinen zum Teil selber entwickelt, was ein Verdienst des Tüftlers Oscar Kambly II ist. Zudem wird auf die Evaluation neuer Wege und Rezepte gesetzt. Als wichtigste Regel allerdings gilt die kompromisslose Qualität. Nur so habe man auf dem globalen Markt als David eine Chance gegen all die multinationalen Goliaths, sagt der Firmeneigner. Seine Philosophie lässt Kambly denn auch auf jede Guezlipackung drucken: «Vielleicht sind so viele Leute seit so vielen Jahren mit unserer Qualität zufrieden, weil wir es nie ganz sein werden.»

Als Anbieter im Premium-Segment legt der Chef denn auch grössten Wert darauf, dass kein auch noch so kleines Detail dem Produkt und damit letztendlich dem guten Namen des Schweizer Branchenleaders schaden könnte. So nimmt Oscar A. Kambly immer mal wieder rund um den Globus höchstpersönlich Stichproben in Läden vor und testet, ob denn die Spezialitäten auch wirklich einwandfrei präsentiert werden. «Gerade in heissen Regionen, wo die Verkaufsgeschäfte grossen Temperaturschwankungen unterworfen sind, kommt es schon mal vor, dass die Qualität der Produkte unter unsachgemässer Logistik oder unzureichender Kühlung leidet», erklärt er. «Ist das der Fall, dann bin ich der Erste, der lieber darauf verzichtet, in solch einem Kanal vertreten zu sein.»

«Keep your Dollars»

Die Branche der Biscuitproduzenten hat sich seit den 70er Jahren stark verändert. Viele kleinere Hersteller haben aufgegeben, andere wurden von grossen Fischen geschluckt. Nicht so Kambly, das sich im internationalen Vergleich trotz eines Jahresumsatzes von 156 Mio Fr. als absoluten Nischenplayer betrachtet.

Die Firma befindet sich zu 100% in Familienbesitz. Was ganz klar an der auf Eigenständigkeit und Einzigartigkeit ausgerichteten Philosophie der Eignerfamilie liegt und nicht an mangelndem Interesse von ausserhalb. Oscar Kambly schmunzelt «natürlich hat es schon Übernahmeangebote gegeben». Er lehne diese jeweils mit der immer gleichen Bemerkung ab: «Keep your Dollars, I keep my biscuits it's my passion!» Nicht zuletzt diese Passion, mit der man in Trubschachen zur Sache geht, hat dem Guezlihersteller den Schweizer Qualitätspreis Esprix Award 2006 eingebracht. «Für uns ist das der Beleg dafür, dass wir auf dem richtigen Weg sind», sagt Oscar Kambly und zieht einen Vergleich zum Sport: «Wir haben in der Schweizer Meisterschaft reüssiert, jetzt wollen wir in die Champions League.»

Firmen-Profil

Name: Kambly

Gründung: 1910 durch Oscar R. Kambly

Geschäftsleitung: Oscar R. Kambly (Bild), Verwaltungsratspräsident und Eigentümer, sowie Anton von Weissenfluh

Umsatz: 156 Mio Fr.

Beschäftigte: 400

Produkte: Feingebäck wie Bretzeli, Florentin, Rocher aux Amandes, Cracker-Biscuits («Goldfish and Friends») usw.

Kunden: Vorwiegend Detailhandel

Internet: www.kambly.ch