Die promovierten Pharmazeuten Ulrich Kessler und Beatrice Pilger sind keine typischen Jungunternehmer aus der Innovationsschmiede ETH. Ihr Weg zum Start-up erfolgte nicht direkt, sondern beide sammelten nach ihren Post-Doc-Studien an der Harvard Medical School in Boston zunächst ausgiebig Erfahrung in der Industrie, bevor sie sich an die Gründung ihrer eigenen Firma machten. Pilger arbeitete für das deutsche Pharma-Familienunternehmen Grünenthal und befasste sich dort vorab mit klinischer Entwicklung. Kessler war bei Boston Consulting, Prionics und zuletzt Roche unter anderem in Marketingfunktionen tätig.

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Dieser Rucksack aus der Privatwirtschaft sei nebst dem breiten akademischen Netzwerk für sie beide die Voraussetzung, um PiKe Pharma erfolgreich aufbauen zu können, wie Pilger betont.

Eine Forschungslücke schliessen

PiKe entstand auch aufgrund der Erkenntnis der herrschenden Umstände in der Arzneimittelforschung. Kessler bezeichnet es als frappierend, dass heute die grossen Pharmakonzerne nur noch begrenzt innovativ seien und die akademische Forschung immer nur zu einem gewissen Punkt komme. Dazwischen klaffe eine Lücke, die zu schliessen PiKe hoffe.

Das Jungunternehmen konzentriere sich auf die Nische der antiviralen Wirkstoffe und hier auf einen neuartigen Ansatz. Dieser zielt darauf ab, die Wechselwirkung von Proteinen zu stören und dadurch Viren abzutöten. Generell sind virale Erkrankungen schwieriger zu behandeln als bakterielle, da sich Viren nur mit der menschlichen Zell-Maschine vermehren können. Um sich zu vervielfältigen, benutzt etwa ein Influenza-Virus sehr wenige eigene Proteine und daneben Proteine des Wirtes. Das Zentrum der Vervielfältigung, die Polymerase, besteht bei fast allen Viren aus diversen Teilen, die auf komplexe Art und Weise zusammenspielen.

Diesen Mechanismus wollen die PiKe-Forscher mit ihren Wirkstoffen stoppen oder, wie es Kessler formuliert: «Wir stören sozusagen das Zusammenspiel zwischen Motor und Getriebe.» Weil Viren sich permanent verändern, sind sie in der Lage, immer neue Resistenzen gegen Medikamente zu bilden.

«Unser Ansatz hat den Vorteil, dass die Resistenzentwicklung erschwert wird. Ein Virus, der gegenüber dem Wirkstoff unempfindlich wäre, könnte sich nicht oder nur eingeschränkt vermehren», erklärt Pilger. Versuche in der Vergangenheit, solche Wechselwirkungen zu hemmen, scheiterten häufig und gelten entsprechend als zwar vielversprechend, aber auch riskant. Allerdings basiert etwa der Erfolg eines der wichtigsten Krebsmittel auf einem ähnlichen Prinzip.

Hoffen mit den Mäusen

In Bezug auf das Influenza-Virus ist PiKe Pharma mit der Arbeit am weitesten fortgeschritten und hofft, den Wirkungsnachweis bis nächstes Jahr in einem Tiermodell erbringen zu können. Später soll derselbe Ansatz für weitere Viren verfolgt werden. Wirkt der Wirkstoff auch bei Mäusen, können Kessler und Pilger ernsthaft auf die Suche nach Risikokapital gehen, denn «man braucht heute schon sehr viel Fleisch am Knochen, um potenzielle Investoren überzeugen zu können», sagt Kessler.

Für die Forschungkosten konnte das Start-up bislang auf die Unterstützung der Förderagentur des Bundes (KTI), der Gebert-Rüf-Stiftung und der ETH zählen. Hinzu kamen Wettbewerbspreise wie etwa «Venture» von McKinsey. Umsatz generiert die GmbH heute dank Forschungsaufträgen und via eine Technologieplattform. Bleibt die Frage, wann das erste Anti-Influenza-Medikament wirklich zum Einsatz kommt. Kessler: «Wenn sich unsere Erwartungen erfüllen, in rund sieben Jahren.» Was nach sehr lange tönt, ist im Vergleich zu Medikamenten, die zum Beispiel auf das Zentralnervensystem einwirken, relativ kurz. In der Regel dauert es mehr als zehn Jahre.