Nachdem der Souverän 2004 einen Neubau der Kantonsschule Chur verworfen hatte, entschied der Kanton Graubünden 2005, einen Gesamtleistungswettbewerb für eine umfassende Sanierung der Bauten der Kantonsschule Chur durchzuführen.

Die Gebäulichkeiten der Kantonsschule «Halde», die in den Jahren 1967 bis 1973 als typische 60er-Jahre-Bauten von Architekt Max Kasper im Rebgelände von Chur mit einem Gebäudevolumen von 62420 m3 (SIA 116) erstellt worden waren, befinden sich baulich in einem desolaten Zustand. Von der Bauherrschaft eingesetzte Fachplaner ermittelten den Sanierungsbedarf genau und hielten diesen in Pflichtenheften für die Bewerber fest.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Verfahren der Präqualifikation

In einer ersten Stufe hatten die Bewerberteams in einem Präqualifikationsverfahren ihre Eignung zur Sanierung des Objekts und ihre personelle und organisatorische Leistungsfähigkeit als Gesamtleister unter Beweis zu stellen sowie ihren Erfahrungshorizont mit entsprechenden Referenzen zu belegen. Aus elf Bewerbern wurden für eine zweite Phase fünf Gesamtleisterteams gewählt, welche einen anonym gehaltenen Projektvorschlag mit verbindlichen Kosten einzureichen hatten.

Das Preisgericht entschied sich in der Folge nicht für das billigste, aber für das effizienteste Projekt, dies unter Berücksichtigung von Wirtschaftlichkeit, Nutzungsqualität, Gestaltung, Umgang mit der historischen Bausubstanz (Kapelle St. Stephan) und Umweltverträglichkeit. Die damalige Zschokke respektive heutige Implenia Generalunternehmung AG, Chur, erhielt den Zuschlag.

Die Vorteile des Gesamtleisters

Ist ein Bauvorhaben besonders komplex und mit vielschichtigen Aufgaben versehen, welche einen hohen Koordinationsaufwand bedingen, ist das Instrument des Gesamtleistungswettbewerbes gut geeignet. Der Gesamtleister muss fähig sein, mehrere Disziplinen und Anforderungen des Bauwesens bewusst mit den verschiedenen Prozessen und sich ergebenden Wechselwirkungen zu realisieren. Der Gesamtleister verpflichtet sich, die Wahl bedeutender Partner bereits für die Präqualifikation zu treffen, um diese in einem offenen und vertrauensvollen Verhältnis in die Gesamtleistung zu integrieren und in partnerschaftlichen Interaktionen zu koordinieren.

Bei der Sanierung der Kantonsschule «Halde» bringt die Einsetzung eines Gesamtleisters dem Bauherrn verschiedene Vorteile: Dem Hochbauamt des Kantons Graubünden wird eine qualitativ hochstehende Ausführung sämtlicher Arbeiten garantiert und zudem zugesichert, dass die Kosten den Kreditrahmen nicht überschreiten. Der Gesamtleister stellt sicher, dass die gesetzten Termine eingehalten werden, sodass der reibungslose Ablauf des Schulbetriebs nicht gefährdet ist. Vor allem aber steht dem Bauherrn in allen Belangen ein und derselbe Ansprechpartner zur Verfügung, welcher ihm eine Qualitätsgarantie bringt und ihn als Gesamtkoordinator enorm entlastet. Zudem hat sich das Hochbauamt Graubünden ein Mitspracherecht bei den Arbeitsvergaben ausbedungen. Fast alle Arbeiten konnten an Unternehmer aus dem Kanton Graubünden vergeben werden.

Der Leiter der Implenia Generalunternehmung AG, Chur, Ernst Senteler, hatte sich bereits während der Präqualifikation intensiv mit der Aufgabenstellung auseinandergesetzt und ein gut funktionierendes Planungsteam zusammengestellt, welches mit hoher Fachkompetenz und grosser Erfahrung qualitativ hochwertige Lösungen erarbeitete. Mit den Architekten Jüngling und Hagmann, Chur, und den Ingenieuren Liesch, Chur, plante und koordinierte Projektleiter Albert Knaus von der Implenia Generalunternehmung AG.

Nebst diesem Kernteam waren und sind auch für die weiteren Sanierungsarbeiten für die Spezialaufgaben Bauphysiker, Elektro-, Sanitär- und Heizungsingenieure sowie Fassadenplaner, PCB- und Laborspezialisten im Einsatz, um den hohen Planungs- und Umsetzungsanforderungen gerecht zu werden. Um Reibungsverluste zu umgehen und einen optimalen Ablauf zu garantieren, wurde bei der Teamzusammensetzung auch sorgfältig auf soziale Kompetenz geachtet.

Erneuerung geschieht in Etappen

Die zu erneuernde Schulanlage besteht aus einem siebengeschossigen Klassen- sowie einem dreigeschossigen Aulatrakt und ist in einer ersten Bauetappe (Schuljahre 2007 bis 2009) zu sanieren. Der Naturwissenschaftstrakt wird in einer zweiten Bauetappe (2009 bis 2010) erneuert und für künftige Bedürfnisse neu konzipiert.

Innerhalb eines Global-Kostendachs mit offener Abrechnung sind alle Planungs- und Bauleistungen, Lieferungen, Entsorgungs-, Neben- und Betriebskosten abzurechnen.

Die Gebäudehülle neu aufgebaut

Während die tragenden Betonstrukturen nur geringe Schäden aufweisen, muss die Gebäudehülle vollständig rück- und neu aufgebaut werden. Auch die Flachdächer sind mit besseren Abdichtungen und neuer Wärmedämmung zu versehen, während die Betonabplatzungen und Feuchtigkeitsschäden im Gebäudeinnern umfassend saniert werden müssen.

Eine besondere Brisanz erhält die PCB-Problematik. Die Fugendichtungen im ganzen Gebäude sind PCB-haltig; selbst angrenzende Teile sind mit diesen Umweltgiften kontaminiert und müssen gesondert entfernt und saniert werden.

Die Schulanlage ist sowohl feuerpolizeilich wie auch in Bezug auf eine vollständige Behindertengerechtigkeit den neuen Vorschriften anzupassen. Die Haustechnikanlagen haben ihre übliche Nutzungsdauer überschritten und sind rundum zu erneuern, um den heutigen Anforderungen gerecht zu werden.

Coaching und Kommunikation

Ein wesentlicher Erfolgsfaktor besteht darin, dass es der Projektleiter versteht, das Planungsteam und die Bauleiter optimal zu führen, zu motivieren und zu coachen. Dabei spielt seine Kommunikationsfähigkeit eine entscheidende Rolle. Mit der Olmero-Projektplattform wurde ein Management-Tool gewählt, welches allen Anspruchsgruppen gerecht wird, eine Vereinfachung bringt und die Kommunikation wesentlich erleichtert. Durch gute Verständigung und fachliche Kompetenz erlangt der Projektleiter die Akzeptanz und Wertschätzung der Bauherrschaft, Fachplaner, Bauleiter und Unternehmer. So entsteht die Basis für eine einvernehmliche Zusammenarbeit, welche für das Gelingen dieses komplexen Bauvorhabens unentbehrlich ist.

------

Lily Zufferey, Implenia Generalunternehmung AG, Dietlikon.

www.implenia.ch

------

Denkmalpflege: Rücksichtnahme auf historische Bausubstanz

Grabkapelle St. Stephan

Unter dem Pausenplatz der Kantonsschule Chur befindet sich eine Grabkapelle aus dem 5. und 6. Jahrhundert. Das Grabdenkmal wurde im Jahr 1851 beim Bau der ersten Kantonsschule entdeckt. Bei späteren Ausgrabungen kam eine darunter liegende römische, gewölbte Grabkammer zum Vorschein. 1955 wurden die historischen Mauerüberreste mit einer Betondecke, welche nun seit längerer Zeit undicht ist, überdacht.

Schutzbau

Im Rahmen der angelaufenen Sanierung der Kantonsschule ist die historische Bausubstanz sehr differenziert zu behandeln und mit einem neuen Schutzbau zu versehen, der losgelöst vom Mauerwerk der sakralen Stätte entstehen soll. Zudem ist ein publikumsfreundlicher Nebenraum zur

Dokumentierung der spätantiken Grabkapelle vorgesehen.

------

PCB: Delikate Entsorgung von Altlasten

Polychlorierte Biphenyle

PCB sind giftige, krebsauslösende chemische Verbindungen, die bis in die 1980er Jahre unter anderem als Weichmacher in Lacken, Dichtungs- und Isoliermassen sowie Kunststoffen Anwendung fanden. Diese organischen Giftstoffe sind seit 2001 weltweit verboten. PCB-Altlasten müssen heute gemeldet werden und

sind nach den Vorschriften der jeweiligen Ämter gesondert zu entsorgen.

Entsorgungsverfahren

Auf der Baustelle der Kantonsschule Chur selbst ist es nicht möglich, die PCB-Beläge wegzuschmelzen, da bei jeder Art von Erhitzung

Dioxin freigesetzt wird. In Zusammenarbeit mit den Schadstoff-Experten der Carbotech AG, Basel, werden bei den aktuellen Sanierungsarbeiten innerhalb der Gebäude durch Plastiktrennwände abgeschottete «Schwarzzonen» geschaffen, in denen Materialien, die mit PCB behaftet sind, herausgeschnitten oder gefräst, in Behälter verwahrt und anschliessend mit einem registrierten Spezialtransport einem Schmelzofen zugeführt werden.

Schutz

In den «Schwarzzonen» selbst wird mit höchsten Schutzvorkehrungen, so speziellen Schutzanzügen, in Unterdruck

gearbeitet (Bild); eine Lüftungsanlage saugt den Staub ab und führt der Zone frische Luft zu. Bevor irgendwelche Bauarbeiten beginnen, sind alle Gebäudeteile von PCB zu befreien.