Auch in der Schweiz spricht unterdessen alles von Clean Tech, von grünen und sauberen Technologien, die einen Beitrag zur Bekämpfung des sich verschärfenden Klima- und Ressourcenproblems leisten sollen. Doch sprechen kostet nichts, und genau hier liegt das Problem: Geht es darum, tatsächlich Geld in konkrete Projekte und innovative Firmen einzuschiessen, sieht die Situation in der Schweiz ziemlich desolat aus.

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Festmachen lässt sich das Problem an folgendem Umstand: In der Schweiz sind eine Reihe von weltweit führenden Clean-Tech-Investment-Fonds beheimatet. Doch diese betreuen kaum Geld, das von Schweizer Investoren stammt. Und noch bedenklicher: Das Geld, das sie investieren, fliesst kaum je in Schweizer Projekte.

Kein Cent hierzulande investiert

Beispiele gefällig? Der in Zürich ansässige Fonds Emerald Technology Ventures verwaltet zwar 300 Mio Euro. Doch nur gerade 5% dieses Geldes stammen aus unserem Land - und kein Cent der 300 Mio Euro steckt in einem Projekt aus der Schweiz. Ähnlich sieht es bei der Zuger Investment-Firma Good Energies aus. «Wir haben kein einziges Investment in der Schweiz, die nächstgelegene unserer Investitionen ist im deutschen Freiburg», sagt Investment Director Gianni Operto. Grund ist nicht das fehlende Angebot: Operto sichtet Jahr für Jahr Dutzende Projekte aus der Schweiz.

Diese Situation ist alles andere als normal. Investment-Fonds berücksichtigen üblicherweise Firmen, die geografisch nahe an ihrem Sitz liegen; dies, um möglichst Einfluss auf die Entwicklung der noch jungen Firmen nehmen zu können.

Was aber ist der Grund dafür, dass diese Investment-Fonds keine Projekte in der Schweiz finden? Gina Domanig, Managing Partner von Emerald, nennt eine Mischung aus typisch schweizerischen Gegebenheiten und politischen Versäumnissen als Grund. Der Schweizer Markt sei nun einmal klein; dazu komme, dass ein klares Bekenntnis der Politik zu grüner Energie fehle.

Daran dürfte sich auch mit dem vom Bund angekündigten Massnahmenplan Clean Tech so schnell nichts ändern, auch wenn Gina Domanig diesen grundsätzlich begrüsst. Ziel des Plans ist es, Schweizer Firmen als «Innovationsleader vom globalen Wachstum der Clean-Tech-Märkte profitieren zu lassen», wie das Volkswirtschaftsdepartement schreibt. Erreicht werden soll dies mit Massnahmen etwa in der Ausbildung (siehe Artikel rechts). Der Massnahmenplan sei «sicherlich ein guter Start», sagt Gina Domanig von Emerald. So gebe es heute viele kleine Förder-Initiativen. Aber laut Domanig bleibt einiges zu tun: Zuerst müsse der einheimische Markt gestärkt werden, etwa durch Einspeisevergütungen für grünen Strom. Zudem brauche eine Start-up-Firma im Bereich Clean Tech 20 bis 50 Mio Euro, bis sie finanziell auf eigenen Beinen stehe. «Die Schweiz muss eine stärkere Rolle bei der Finanzierung spielen», betont Domanig. So müssten die öffentlichen Pensionskassen ein klares Bekenntnis zu Clean Tech ablegen - so wie das bei Kassen in den USA, Grossbritannien, Belgien, Frankreich oder China der Fall sei.

Immerhin: Noch bleibt Zeit. «Es ist nie zu spät, um einen Unterschied zu schaffen», sagt Gina Domanig. Wenn es allerdings das Ziel sei, zu einem globalen Leader zu werden, dann stehe noch einiges an Arbeit bevor. Roland Pfeuti, Leiter des Clean Tech Private Equity Team bei Robeco SAM Schweiz in Zürich, sieht es ähnlich (siehe «Nachgefragt»). Auch er betont, dass sich noch viel tun muss, wenn die Schweiz sich als Magnet für die Forschung und Entwicklung von Clean Tech positionieren wolle.

Wo bleibt das Unternehmertum?

Gianni Operto von Good Energies will ebenfalls keine Euphorie aufkommen lassen. «In fünf Jahren werden nicht plötzlich Clean-Tech-Firmen spriessen», warnt er vor überzogenen Erwartungen. Operto fügt zwei Punkte an. Zum einen begrüsst er die Initiative des Bundes zwar, denn gegen die darin geäusserten abstrakten Wünsche und Ziele könne man nichts haben. Er fordert aber, dass nun ein Aktionsplan ausgearbeitet wird, der innert vernünftiger Frist Resultate bringt, und dessen Resultate vor allem auch messbar sind.

Zum anderen braucht es für Operto mehr als nur eine Reihe von Fördermassnahmen: «Für die Erstellung eines Businessplans ist mindestens so viel Kreativität nötig wie für die Erfindung eines neuen Clean-Tech-Produkts», sagt er. Hier müsse die Schweiz dazulernen. Zu oft wiegten sich Jungunternehmer in falscher Sicherheit, weil sie glauben, ihr Produkt sei so gut, dass es sich praktisch von selber verkaufen werde. Doch Operto warnt: Clean-Tech-Produkte benötigten enorme Verkaufsanstrengungen, und dies international. Wer sich mit einem Fokus auf den Markt Schweiz begnüge, sei ohnehin chancenlos. Hier gelte es, von den Amerikanern zu lernen und sich beim Verkauf des eigenen Produktes zu sputen. Amerikanische Jungunternehmer investieren laut Operto viel mehr ins Marketing, während dieser Teil des Geschäfts in Europa unterschätzt werde.

Für den Staat sieht Gianni Operto durchaus konkrete Möglichkeiten, Unterstützung zu leisten. Wertvoll sei etwa, wenn Staatsinstitutionen die Rolle des «Friendly Users» spielen, also neue Technologien in Pilotversuchen anwenden, und dabei dem Partner-Jungunternehmen nicht gleich bei jeder Schwierigkeit mit dem Anwalt drohen. Das könne einem Clean-Tech-Unternehmen helfen.

 

 

NACHGEFRAGT Roland Pfeuti, Robeco SAM Schweiz, Zürich



«Es fehlt eine umfassende Vision»

Doris Leuthard hat einen Massnahmenplan Clean Tech vorgestellt. Was halten Sie davon?

Roland Pfeuti: Grundsätzlich begrüsse ich den Massnahmenplan, da diese Initiative dazu beitragen wird, das Thema Clean Tech bekannter zu machen. Im Zentrum des Planes steht die Entwicklung eines nationalen Masterplans Clean Tech, der allerdings erst in einem Jahr vorliegen wird. Dieser Masterplan wird darüber entscheiden, ob sich die Schweiz wirklich strategisch und mit Nachdruck in der Entwicklung von innovativen Lösungen für das Klimaproblem und die schwindenden Ressourcen positionieren wird.

Was fehlt noch?

Pfeuti: Die Clean-Tech-Initiative ist leider nicht in eine umfassende Vision zur Klimapolitik eingebettet. Die Schweiz hätte Chancen, ein Vorzeigestaat im Bezug auf Klimapolitik zu werden. Hierzu scheint aber der politische Wille zu fehlen.

Kommt der Massnahmenplan zu spät?

Pfeuti: Tatsache ist, dass andere Länder fortschrittlicher sind, etwa Australien, Singapur, Dänemark oder Holland. Allerdings ist die Klimaproblematik die wohl grösste Herausforderung der Zivilisation in den nächsten gut 50 Jahren. Somit bleibt der Schweiz noch immer Zeit.

Worauf muss man bei der Ausarbeitung des Masterplans achten?

Pfeuti: Noch fehlt eine klare Haltung zur Schaffung von günstigen Rahmenbedingungen, etwa bezüglich der Finanzierung von Forschung und Entwicklung, von Unternehmen oder von spezifischen Projekten.