Auch dieses Jahr müssen Schweizer Unternehmen 170 Mio Fr. Kirchensteuern bezahlen. Nach Glarus hat nun das Zürcher Parlament eine Abschaffung der Kirchensteuer für juristische Personen abgelehnt. In den Kantonen Zug und Solothurn haben sich die Regierungen bereits für die Beibehaltung ausgesprochen, die Parlamente werden dies in den nächsten Wochen voraussichtlich bestätigen.

Pikant: Die jährlich erhobenen rund 1,5 Mrd Fr. Kirchensteuern (natürliche und juristische Personen) sind im Gegensatz zu Staaten wie Italien nicht in der Schweizer Fiskalquote enthalten. «Dies ist stossend, handelt es sich doch gerade bei den Steuern juristischer Personen um eine Zwangsabgabe», sagt Pascal Gentinetta von Economiesuisse. Nur in neun Kantonen müssen Firmen die Kirchen nicht unterstützen.

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Firmen haben keine Ahnung

Ein vehementer Gegner der Firmenbesteuerung zugunsten der Kirche ist der Zürcher SVP-Nationalrat Hans Kaufmann. Er kritisiert, dass die Zürcher Firmen im Wettbewerb mit jenen, die die Steuer nicht bezahlen müssten, benachteiligt seien. Er befürchtet, dass neben der reformierten, der römisch-katholischen und der christkatholischen Kirche an welche die Gelder aufgeschlüsselt nach Mitgliederzahl vergeben werden bald auch andere Glaubensgemeinschaften von Steuern profitieren könnten.

Generell könne er nicht verstehen, dass sein Kleinunternehmen Leistungen berappen müsse, die nicht in seinem Sinn seien. Während Kaufmann von etlichen Firmen spricht, die gegen die Steuer sind, sich aber nicht exponieren wollten, heisst es bei der Zürcher Wirtschaftsförderung: «Die Kirchensteuer ist bei Firmenansiedlungen kein Thema, den meisten ist aber auch nicht bewusst, dass sie an die Kirche zahlen.»

Immerhin sind in den Kantonen Zürich und Basel-Land die Firmengelder zweckgebunden sie dürfen nicht für kultische Zwecke verwendet werden. In manchen Kantonen wäre die Existenz der Kirchen ohne die Mittel der Firmen gefährdet. Im Kanton Zug beispielsweise kommen sie für rund 44% aller Kirchensteuern auf. Das Zuger Parlament entscheidet am 29. September 2005 über die Abschaffung der juristischen Kirchensteuer, sowie die Umwandlung der Kirchen- in eine Mandatssteuer bei Letzterer können neben der Kirche auch andere gemeinnützige Institutionen begünstigt werden.

Alois Theiler von der Vereinigung der katholischen Kirchengemeinden des Kantons Zug hofft, dass die Einnahmen erhalten bleiben: «Bisher hat keine juristische Person gegen diese Steuer opponiert. Zudem macht die Steuer für die Firmen maximal 3% der gesamten Steuerbelastung aus.» Auch der Leiter der Kontaktstelle Wirtschaft Zug, Hans Marti, sagt: Einzelne Firmen hätten zwar schon mit Unverständnis auf die Kirchensteuer reagiert, grosse Ablehnung hingegen habe es nie gegeben. Theiler ist überzeugt, dass sich für die Abschaffung kaum eine Mehrheit finden lasse, solange die Kirche in Renovationen investiert, gemeinnützige Dienste erbringt und einer der grössten Arbeitgeber des Kantons Zug sei.

Die reformierte Landeskirche Basel-Land setzt auf Transparenz, um die Notwendigkeit ihrer Dienste zu unterstreichen: Sie führt seit einiger Zeit eine separate Bilanz für soziale Leistungen, die sie mit den Firmengeldern bezahlt.

Enges Finanzkorsett

Die Berner drücken den Wert ihrer Dienste so aus: «Unsere Kirche gibt für soziale Aufgaben und andere Leistungen für die Öffentlichkeit ein Mehrfaches der Kirchensteuern aus», sagt Hansruedi Spichiger von der evangelischen Landeskirche Bern. Dass die kirchlichen Dienste für die Öffentlichkeit wertmässig die staatlichen Beiträge übertreffen können, hat eine Studie für den Kanton Zürich nachgewiesen. Danach stehen Leistungen im Wert von über 153 Mio Fr. Staatsgeldern von 114 Mio Fr. gegenüber.

Die Chancen der Kirchen, auf anderen Wegen Einnahmen zu generieren, sind nicht rosig, wie das Beispiel Genf zeigt: Die Mittel, die heute durch freiwillige Beiträge zusammenkommen, entsprechen knapp 20% der Gelder, die früher durch obligatorische und freiwillige Kirchensteuern hereinkamen.

Auch wenn die Kirchen der meisten Kantone vorerst weiter auf die juristischen Kirchensteuern zählen können, die schwindende Mitgliederzahl macht das Finanzkorsett eng. Immerhin ist die Gefahr, dass andere Religionsinstitutionen bald auch am Steuertopf hängen, gebannt: «Um überhaupt in den Genuss von Kirchensteuern zu kommen, müssten wir offiziell anerkannt werden», sagt Ismail Amin, Präsident der Stiftung islamische Gemeinschaft Zürich. Mit dem Versuch für eine öffentliche Anerkennung ist er letztes Jahr gescheitert.

Schweiz als Ausnahme: Religiöse Firmen?

Die Kirchensteuerpflicht juristischer Personen gilt als umstrittenstes Steuerproblem. Gemäss einem Bundesgerichtsurteil können Firmen im Gegensatz zu natürlichen Personen weder Glauben noch Gewissen haben, sie können sich daher auch nicht auf die Glaubens- und Gewissensfreiheit berufen. Die Schweiz ist neben Österreich das einzige Land, wo juristische Personen Kirchensteuern bezahlen müssen. Die Schweizer Versuche, eine Mandatssteuer nach italienischem Vorbild einzuführen, sind bisher gescheitert. Dank des «Otto per mille»-Paragrafen können Italiens Steuerzahler wählen, welcher sozialen oder kulturellen Organisation sie 8ä ihres steuerbaren Einkommens zukommen lassen wollen. (clu)

Welche Kantone besteuern juristische Personen

KantonKanton

AGneinNWja

AIjaOWja

ARnein SGja

BLja, zweckgebundene KirchensteuerSHnein

BSneinSOja (Abstimmung ausstehend)

BEja, plus Staatsbeiträge an PfarrersaläreSZja

FRjaTGja

GEneinTInein, polit. Gemeinden zahlen

GLja URja

GRjaVSnein, polit. Gemeinden zahlen

JUjaVDnein, Kanton zahlt an Kirche

LU jaZGja (Abstimmung ausstehend)

NEnein, dafür kant. Beiträge an Kirche ZHja

Quelle: «HandelsZeitung»