Die Bürowände sind mit bunten Post-its, Plakaten und Skizzen tapeziert. Es sind die einzelnen Bausteine einer Idee, die Alexander Osterwalder vor gut zehn Jahren als Doktorand zusammen mit Professor Yves Pigneur an der Universität Lausanne entwickelte. Eine neue, praktische Methode für Manager und Unternehmer, mit der sie Geschäftsmodelle visuell darstellen und testen können. Auf die Idee folgte 2009 das gemeinsame Buch «Business Model Generation». Es wurde über 750 000 Mal verkauft und in 27 Sprachen übersetzt. Bei dieser Leistung ist es nicht erstaunlich, dass Osterwalder von der Organisation Thinkers50 auch zu den fünfzig führendsten Denkern der Welt gewählt wurde.

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Ihr Buch wirft alle bisherigen Theorien über Bord. Sind Sie ein Provokateur?
Alexander Osterwalder: Klassische Businesspläne sind für mich tot. Es sind statische Dokumente, welche die Zukunft skizzieren sollen. Da aber niemand in der Zukunft war, wird sich der Businessplan niemals so realisieren lassen. Das heisst: Sehr viele Leute verschwenden sehr viel Zeit, weil sie zu früh ihre Ideen im Detail niederschreiben. Das gilt sowohl für Grossunternehmen wie für Startups.

Projektionen in die Zukunft sollen Sicherheit schaffen. Was ist daran falsch?
Was heute mit Businessplänen passiert, ist paradox. Mit den heutigen Methoden maximieren die Leute das Risiko des Scheiterns. Jeder weiss, dass die üblichen Berechnungszahlen erfunden sind. Geht man dann auf den Markt, klappt es nicht. Man muss früher experimentieren.

Was schlagen Sie vor?
Mein Doktorvater Yves Pigneur und ich haben uns damals überlegt, was wir besser machen können, um die existierenden Businesspläne zu ersetzen. Pigneur ging dabei wie ein Architekt vor. Architekten kommen auch nicht sofort mit dem fertigen Plan, sondern entwerfen viele Prototypen. Sie experimentieren so lange, bis sie wissen, wie man es wirklich macht. Bei neuen Geschäftsmodellen oder Projekten macht das kaum einer. Dabei sollte man gleich zu Beginn experimentieren, um das Risiko zu minimieren.

Was haben Sie den Architekten sonst noch abgeschaut?
Architekten arbeiten mit Computer-Aided Design, um Dinge zu visualisieren und zu experimentieren, bis es klappt. Diesen dynamischen Prozess wollten wir auf die Geschäftsmodelle übertragen.

Welche Art des Umdenkens fordern Sie?
Ich stelle gerne den Vergleich zur Medizin her. Wenn jemand Chirurg werden will, muss er fünf oder sechs Jahre trainieren. Zuerst einmal die Anatomie lernen, sehen, wie der Körper funktioniert. Lernt man an der Uni, wie ein Unternehmen wirklich funktioniert? Nein. Mit Buchhaltung und Marketing alleine ist es nicht getan.

Sie wollen die Führung und Ausbildung komplett umkrempeln?
Wenn ein Chirurg heute so operieren würde, wie wir Strategien und Innovationen entwickeln, dann hätten wir Chirurgen mit Sackmessern vor uns. Klar, Strategie und Innovation sind viel jüngere Felder. Aber der Wandel im Managementbereich passiert. Nur schon der Erfolg unseres Buches zeigt, dass eine Änderung stattfindet. Die jungen Manager heute sind hungrig nach Tools. Wie damals in der Medizin müssen die Manager die Werkzeuge kennenlernen und umsetzen.

Sie sprechen von Strategie und Innovation. Geht das eine ohne das andere?
Das grosse Problem bei den Unternehmen ist, dass sie sehr gut darin sind, bestehende Geschäftsmodelle zu verbessern. Geht es aber um neue Geschäftsfelder, sind alle sehr schwach – auch die besten. Anstatt etwas Neues aufzubauen, werden zuerst etwa Aktien zurückgekauft oder Kosten gesenkt, weil das viel einfacher ist, als ein neues Geschäftsfeld zu erschliessen. Heute haben gerade die grossen Unternehmen verlernt, neue Geschäftsfelder aufzubauen.

Lesen Sie das ganze Interview in der neuen Ausgabe der «Handelszeitung», ab Donnerstag an Ihrem Kiosk.