BILANZ: Klaus Jacobs, von Ihnen stammt der Ausspruch «Mit 50 Jahren ist ein Manager ausgebrannt und gehört ins Corporate Nirwana». Sie sind bald 68, und jetzt fangen Sie als Verwaltungsrat bei Adecco noch einmal neu an. Sind Sie nicht ausgebrannt?

Klaus J. Jacobs: Ich betrachte mich nicht als Manager. Ich habe auch nie gesagt, dass ich bei Adecco eine Managerfunktion übernehme, sondern dass ich dem Unternehmen mit dem, was ich kann, nämlich Unternehmer zu sein, zur Verfügung stehe. Da ist auch die enge Verbindung mit Philippe Foriel-Destezet zu sehen. Auch er ist Unternehmer, und auch er wird sich nicht Manager nennen wollen.

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Eigentlich haben Sie sich vor Jahren aus dem aktiven Berufsleben zurückgezogen. Es sieht so als, als sei Ihnen die Altersruhe nicht vergönnt.

Ich habe mich mit Philippe Foriel-Destezet im März nach einer sehr intensiven Aussprache darauf verständigt, dass wir beide weitere Zeit zur Verfügung stellen müssen, damit das Unternehmen den Gang nehmen kann, den wir erwarten. Das ist der Grund.

Sie haben ja im Lauf der Jahre mehrmals angekündigt, dass Sie sich zurückziehen wollen …

… ich kann nur sagen: Ich bin Unternehmer, mein Leben lang. Ich werde nicht die Hände in den Schoss legen, sondern liebe es, engagiert zu arbeiten. Dass ich mich aus der einen Aufgabe zurückziehe, die mich nicht mehr benötigt, um mich einer anderen zuzuwenden, die mich braucht, das habe ich immer getan, und das wird, solange mir der liebe Gott Gesundheit gibt, auch so bleiben. Und im Moment braucht mich Adecco. Es ist einfach ein Wechsel der Prioritäten.

Im Januar hatten Sie im BILANZ-Interview angekündigt: Wenn CEO Jérôme Caille es nicht innerhalb einer bestimmten Zeit schafft, das Vertrauen der Kunden und Mitarbeiter wiederherzustellen, muss er gehen. Wieso bleibt er jetzt?

Ich stehe absolut zu dieser Aussage, das habe ich so gesagt und auch gemeint. Ich erhielt zu diesem Zeitpunkt Anrufe von grossen Kunden, die wissen wollten, was passiert ist. Deshalb habe ich die grosse Gefahr gesehen, dass Adecco Topkunden sowie Topmitarbeiter verliert und sich so von ihrer bisherigen Grösse und Stärke verabschiedet. Zieht man heute eine Zwischenbilanz, dann muss man sagen: Jérôme Caille und sein Team haben keine Kunden verloren. Sie haben gekämpft, sie haben sehr gute Ideen gehabt, um Kunden zu halten, auch wenn man sicherlich hie und da Zugeständnisse machen musste, was die Marge betrifft. Dieser Punkt ist also abgehakt und erledigt. Der zweite Punkt, um ihm ein Kompliment auszusprechen, ist, dass er und sein Team während der buchhalterischen Sonderprüfung durch Ernst & Young nicht an die Decke gefahren sind, sondern diesen Prozess sachlich, professionell richtig begleitet haben. Ich konnte mich persönlich davon überzeugen, denn ich war an diese Sitzungen mit eingeladen. Deshalb stelle ich Caille auch ein sehr gutes Zeugnis aus.

Wie bitte? Die zweite Verschiebung der Publikation ihrer Resultate hat Adecco die letzte Glaubwürdigkeit gekostet, der Aktienkurs liegt heute noch immer etwa 20 Prozent unter dem von Anfang Jahr, bevor die ganze Geschichte losgebrochen ist. Die Ratingagenturen geben dem Unternehmen nur noch Junk-Status. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern Caille hier Vertrauen wiederhergestellt haben soll.

Es ist verständlich, dass Sie das nicht sehen. Es ist vielleicht auch verständlich, dass ich das sehe. Die Zeit wird zeigen, was passiert. Aber Sie werden nicht erwarten können, dass die Ratingagenturen innert vier Wochen ihre Einschätzung ändern, wenn sie normalerweise ein Vierteljahr brauchen. Was den Aktienkurs angeht: Wenn mal das Vertrauen angekratzt ist, dann ist es schwierig. Und deshalb stehen Philippe Foriel-Destezet und ich zur Verfügung, um dafür zu sorgen, dass eine nachhaltige Verbesserung aller finanziellen Daten eintritt.

Zur Person
Klaus J. Jacobs


Klaus Jacobs, demnächst 68, kontrolliert über seine Stiftung und seine Familie 16,8 Prozent der Stimmen des Zeitarbeitskonzerns Adecco, in dessen VR er Ende Juni zurückkehrt. Der Konzern ist in den letzten sechs Monaten nach zweimaliger Verschiebung der Publikation der Jahresergebnisse in eine schwere Krise geraten. In den letzten Jahren hatten sich im Adecco-VR die Vertreter Jacobs’ mit denen des zweiten Grossaktionärs, Philippe Foriel-Destezet, gegenseitig blockiert.


Jacobs ist zudem Grossaktionär beim Schokoladenkonzern Barry Callebaut (50,5 Prozent). In den Achtzigerjahren besass er Jacobs-Suchard, die er später an den US-Konzern Philip Morris verkaufte. Sein Vermögen hat er der Jacobs-Stiftung überschrieben, die sich der Förderung junger Menschen widmet. Jacobs entstammt ursprünglich einer Bremer Kaufmannsfamilie («Jacobs-Kaffee»).

Nach unseren Informationen bleibt Caille CEO, weil Philippe Foriel-Destezet ihn nach wie vor sehr stark unterstützt und Sie sich in diesem Punkt nicht gegen Foriel-Destezet durchsetzen konnten.

Dann müssen Sie Ihre Informationen verbessern. Letztlich ist Philippe auch ein Freund. Es gab nicht irgendwelche Kämpfe. Ich habe das Donnerwetter im Januar gemacht, und dieses Donnerwetter hat gewirkt. Hie und da bekam ich den Ball zurückgespielt – aber immerhin, der Einsatz hat gewirkt. Und ich finde, was herausgekommen ist, entscheidet. Dass Adecco einen testierten Jahresabschluss hat, eine funktionsfähige Mannschaft und einen erstklassigen neuen Verwaltungsrat.

Erwarten Sie nach wie vor, dass Caille die Leitung des Bereichs Staffing, der grössten Adecco-Sparte, abgibt?

Ich weiss, dass Caille sich um dieses Thema kümmert. Er wird ein starker CEO sein, aber er wird auch die direkte Leitung dieser Aktivitäten abgeben müssen, um sich seiner eigentlichen Aufgabe zuzuwenden.

Werden Sie weiter akzeptieren, dass er die vom VR verabschiedete Unternehmensstrategie nicht umsetzt?

Ich habe keinen Grund zu sagen, er habe die Strategie nicht umgesetzt. Im Jahr 2002, als es immer deutlicher wurde, dass die wirtschaftlichen Umstände tougher werden, hat der Verwaltungsrat beschlossen, den Gürtel enger zu schnallen, um die Gewinne halten zu können. Ich finde das richtig, das ist eine ganz normale Situation. Von aussen mag das anders ausgesehen haben. Bei meinem ersten Gespräch überhaupt, bevor ich mich entschied zurückzukehren, hatte ich Caille gefragt: Stehst du weiter zu der Strategie dieser drei Sparten? Er steht absolut dazu.

Warum muss dann VR-Präsident John Bowmer gehen? Er ist seit 14 Jahren ein Weggenosse von Ihnen.

John Bowmer hat sich so entschieden. Sein Vertrag läuft im Jahr 2005 aus. Er geht, weil sein Lebensplan so aussieht, dass er nicht länger als bis 2005 arbeiten will.

Wir schreiben das Jahr 2004, nicht 2005.

Er hat auch gesagt: Ich unterschreibe den Neuanfang. Turn the page, das ist seine Idee. Ich finde das richtig. Ich bin auch so ein Typ. Wenn etwas fertig abgewickelt ist, muss man gehen – genug ist wirklich genug. Aber wir haben John Bowmer gebeten, uns weiter zur Seite zu stehen in den Abschlussarbeiten, die noch stattfinden, damit das Management sich wirklich auf die Strategie und das Geschäft konzentrieren kann. Bowmer hat in den letzten sechs Monaten fantastische Arbeit geleistet, dafür gebührt ihm Dank.

Ursprünglich wollten Sie den Verwaltungsrat verkleinern, jetzt sind Sie wieder bei neun Personen.

Wir hatten tatsächlich erst fünf Mitglieder vorgesehen, damit der Kreis erst ein bisschen Vertrauen schöpft in sich. Dann haben wir aber gesehen, dass wir wegen der Sabanes-Oxley Act, die für uns als in den USA kotiertes Unternehmen auch gilt, drei Committees einrichten müssen: eines für Compensation und Nomination, eines für Audit und eines für Corporate Governance. Wie wollen Sie die besetzen, wenn Philippe und ich keine Rolle spielen dürfen und interne Manager auch nicht? Das hat uns überzeugt, statt fünf doch lieber neun Leute zu nehmen.

Die sich auch in Zukunft gegenseitig blockieren?

Der neue Verwaltungsrat ist nun wirklich first class und unabhängig. Von daher gibt es keine Blockbildung mehr. Ich gehe zumindest davon aus. Man muss noch etwas anderes sehen: Damals, bei der Fusion von Adia und Ecco, hat jede Seite ihre eigenen Verwaltungsräte mitgenommen in die neue Gesellschaft. Ich glaube, diese Zeit ist vorbei. Erstens gibt es neue Bestimmungen in den USA, die ganz klar andere Regelungen verlangen. Und zweitens haben die beiden Grossaktionäre heute nicht mehr 50 Prozent am Unternehmen, sondern zusammen vielleicht 35 Prozent. Dem müssen wir auch im Verwaltungsrat Rechnung tragen.

Warum kandidieren sowohl Sie als auch Philippe Foriel-Destezet fürs Präsidium? Das sieht nach Kampfabstimmung aus.

Moment! Wir haben allen neuen Kandidaten und Mitgliedern gesagt, wenn ihr wollt, stehen wir zur Verfügung. Damit sie von vornherein wissen, sie treten da nicht in ein Wespennest.

Und warum haben Sie sich nicht geeinigt, wer von Ihnen beiden antritt?

Wir haben uns geeinigt. Wir stellen uns beide als Co-Chairmen zur Wahl und werden im Falle der Wahl den Verwaltungsrat gemeinsam leiten. Am 29. Juni, wenn sich der neue Verwaltungsrat konstituiert, wird das am Abend verkündet.

Wie lange wollen Sie im Amt bleiben?

Ich habe immer gesagt, das werde sich letztlich entscheiden an den Geschicken des Unternehmens. Ich limitiere das Alter, bis zu dem man im Verwaltungsrat bleiben sollte, auf 70 Jahre. Gleiches gilt auch für Philippe und die anderen Verwaltungsräte. Das ist normal in heutiger Zeit. Ob das jetzt 71 ist oder 701/2 oder 69, das sei mal dahingestellt.

Warum haben Sie an der GV die Stimmrechtsbeschränkung aufheben lassen? Bereiten Sie damit den Ausstieg aus der Adecco vor? Schliesslich gewinnt ihr Aktienpaket so an Wert.

Nein, wir bereiten nicht den Ausstieg vor. Diese Stimmrechtsbeschränkung ist von den angelsächsischen Ratingagenturen bemängelt worden. Da haben Philippe und ich entschieden, diesen Passus aus den Statuten zu streichen.

Warum bleiben Sie trotz dem Neuanfang bei der alten Revisionsgesellschaft? Das verweigerte Testat von Ernst & Young hat Adecco 100 Millionen gekostet, und mit Jakob Baer haben Sie im neuen Verwaltungsrat ja bereits einen Vertreter von KPMG, die eine Alternative wäre.

Jakob Baer ist CEO einer Revisionsgesellschaft einschliesslich Consulting, das ist nicht zu unterschätzen. Deswegen haben wir ihn geholt. Was die Buchprüfung angeht: Wir sind in der Mitte des Jahres. Wenn wir eine Ausschreibung machen für einen Wechsel der Revisionsgesellschaft, dann dauert das ein bis zwei Monate. Jetzt haben wir aber auch den CFO gewechselt. Der fing am 1. Juni an und müsste als Erstes die Ausschreibung der Revisionsgesellschaft organisieren. Meine Güte, wenn man dazu die Zeit hat, dann hat man ja sicherlich früher etwas verkehrt gemacht. Deshalb schlagen wir den Aktionären vor, wir bleiben bei Ernst & Young. Punkt. Aber jedes Jahr wird das neu entschieden.

Wann haben Sie zum allerersten Mal von den Adecco-Problemen gehört?

Wir gemeinsam wahrscheinlich. Am 12. Januar.

Da müssen Sie doch ziemlich enttäuscht sein von Ihrem Sohn, der im Verwaltungsrat sass?

Nein, er darf mir ja nichts verraten. Ich hab jetzt genau das gleiche Spiel mit meiner Familie. Ich habe gesagt, ich werde euch keine Insiderinformationen geben, das gibt es nicht, das kann man nicht, unmöglich.

Trotzdem haben Sie ihn aus dem Adecco-Verwaltungsrat abberufen.

Das ist falsch! Ich hab ihn nicht abberufen. Alle haben sich selbst entschieden zu gehen.

Gut, Ihr Sohn ist in Zukunft nicht mehr Adecco-Verwaltungsrat, er ist nicht mehr Präsident bei der Jacobs Holding und nicht mehr Vizepräsident bei Barry Callebaut, wo Sie ebenfalls Mehrheitsaktionär sind.

Richtig.

Sie haben ihn gemassregelt, zurechtgestutzt.

Ganz im Gegenteil. Christian hat bei Adecco und der Jacobs AG bewiesen, dass er auch in schlechten Zeiten handeln kann. Bei den übrigen Aktivitäten hat er einen sehr grossen Clean-up sehr gut gemacht. Der Mann verwaltet jetzt das Vermögen einer der grössten Schweizer Stiftungen. Und nicht nur das. Vergessen Sie nicht, wir gründen jetzt gerade mit der Universität Zürich das Jacobs Center for Life-long Learning and Institutional Development. Das erfordert sehr viel Zeit. Das Gleiche in Bremen. Das Gleiche mit der deutschen Kinder- und Jugendstiftung. Ich hab die Dinge sozusagen in die Wege geleitet, aber die ständige Begleitung liegt jetzt bei ihm – und kostet enorm viel Zeit. Er klagt schon, dass das mehr als 50 Prozent seien, zu denen er sich committet hat.

Eigentlich müssten Sie Ihre Söhne nachziehen. Aber im Moment zeigt der Vater den Söhnen, wie man es richtig macht.

Den Prozess, dass Andreas dem Christian nachwächst und seine Positionen übernimmt und Christian dafür die Stiftung leitet, haben wir schon lange geplant. Jetzt haben wir das einfach zwei Jahre schneller durchgeführt. Es gibt Situationen, in denen man miteinander reden und dann gemeinsam Prioritäten setzen muss. Wenn man dann sagt, der ist für diese Situation besser als der andere oder der kann jenes noch besser als der andere – okay, dann macht man das halt. Das zeigt den Zusammenhalt der Familie.

Ihre Familiengeschichte geht zurück bis ins 11. Jahrhundert. Sie haben ein gewisses dynastisches Denken, was Familienerbe und Tradition angeht. Was soll bleiben von dieser Generation der Jacobs?

Das Unternehmen. Jede Generation wird ihre Unternehmer in der Familie Jacobs haben. Ich kann glücklicherweise sagen, von den sechs Kindern haben zumindest zwei schon bewiesen, dass sie Unternehmer sind. Die andern studieren, die werden vielleicht auch Unternehmer werden. Ich habe die grosse Hoffnung, dass Andreas und Christian sogar wieder Vorbild sind für die Übrigen. Das wird spannend.

Wie ist Ihr Verhältnis zur Schweiz heute? Es war ja nicht immer spannungsfrei.

Mein Verhältnis zur Schweiz war immer spannungsfrei. Ich habe immer gesagt, ich liebe die Schweiz, weil es für mich das Zentrum von Europa ist, mit den drei Hauptkulturen. Ich hab das immer geschätzt und steh auch heute noch dazu. Ich bin stolz, Schweizer zu sein.

Vielleicht war es damals ein bisschen umgekehrt. Vielleicht war das Verhältnis der Schweiz zu Ihnen nicht immer ungetrübt – gerade, als Sie das Nationalheiligtum Jacobs-Suchard an Philip Morris verkauft haben.

Das will ich nicht ausschliessen. Man darf eines nicht vergessen: Als Mensch, als Unternehmer muss man das tun, was für das Unternehmen das Richtige ist. Man muss auch Abschied nehmen können von einem Unternehmen, das man selber aufgezogen hat, und sich neuen Aufgaben zuwenden, wenn man meint, es sei der richtige Moment. Die schlimmsten Unternehmer sind diejenigen, die dann Sklave ihrer eigenen Firma werden und nichts mehr unternehmen. Dann geht die Firma zu Grunde.

Für Sie ist es also einigermassen egal, ob Sie Zeitarbeit verkaufen oder Schokolade?

Das Endprodukt ist für mich eigentlich immer der Mensch. Er ist es, mit dem wir arbeiten. Die Verbindung mit Menschen ist das, was mich motiviert. Ohne gute Leute haben Sie ein Problem.

Sie haben die letzten Jahre in England gewohnt. Werden Sie wieder in die Schweiz zurückziehen, jetzt, da Adecco Ihre Anwesenheit wieder erfordert?

Nein, ich bleibe in England, weil Adecco ein internationales Unternehmen ist und meine Anwesenheit in Glattbrugg nur bei gewissen Sitzungen notwendig sein wird. Im Übrigen ist es Reiserei und die Überlegung, was mache ich morgen – dazu gehören auch Gespräche mit anderen Institutionen, Ratgebern usw. Ich werde diese internationalen Verbindungen weiterhin pflegen. Von daher muss ich nicht in der Schweiz wohnen.

Sie haben in der Auseinandersetzung mit Philippe Foriel-Destezet und seinem Lager mit sehr stark französisch geprägten Managern zu tun gehabt. Es gab in letzter Zeit immer wieder Situationen, in denen das französische Wirtschaftsverständnis aufs deutsche geprallt ist. Stichwort Aventis. Sind diese unterschiedlichen Denkarten – auf der einen Seite die Vermischung von Politik und Wirtschaft, auf der andern Seite die reine wirtschaftliche Lehre – überhaupt miteinander vereinbar?

Natürlich ist das vereinbar. Sonst sässen diese Nationen nicht in einer EU. Und sie sind sogar die tragenden Pfeiler. Die gesamte politische Ausrichtung in Frankreich und in Deutschland ist sehr unterschiedlich, ganz ohne Zweifel. Das eine sehr föderalistisch, das andere sehr zentralistisch. Aber letztlich ist es auch komplementär. Mal haben die einen die Nase vorn, mal die andern. Wir brauchen ein Europa in verschiedenen Farben, nicht nur Blau-Weiss-Rot oder nur Schwarz-Rot-Gold oder nur ein weisses Kreuz. Gerade die Vielfalt ist doch das Attraktive an diesem Kontinent.

Welches dieser beiden Wirtschaftsmodelle halten Sie für das erfolgreichere?

Es gibt kein einzigartiges Wirtschaftssystem. Es gibt nur diejenigen, die mit der Zeit gehen, und diejenigen, die nicht mit der Zeit gehen. Und es gibt gute Unternehmen, die mit der Zeit gehen, und es gibt solche, die nicht mit der Zeit gehen und Probleme haben. Das trifft genauso zu in Frankreich wie in Deutschland. Schauen Sie mal die Automobilindustrie an. Im Moment sind die Franzosen absolute Spitze in Europa. Da können sich die Deutschen und manch andere eine Scheibe davon abschneiden. Voilà.