Es riecht nach Dünger und Schokolade. Auf den Wiesen um das nordbayerische Kleinstädtchen Cadolzburg pflegen Bauern ihre Felder. In der Fabrik der Confiserie Hans Riegelein & Sohn laufen Leckereien vom Band – Schokoherzen, Schokohäschen und Schokoeier.

In der Luft hängt in Cadolzburg auch der Entscheid des Oberlandesgerichtes Frankfurt am Main im Streit des Familienunternehmens mit Lindt & Sprüngli. Darauf angesprochen, kommt Firmenchef und -besitzer Peter Riegelein in Fahrt: «Lindt ist nicht der Erfinder des sitzenden Goldhasen!» Seit nun bald zehn Jahren kämpft der deutsche Diplomkaufmann dafür, dass auch sein Goldhase eine Existenzberechtigung hat.

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Es ist der Kampf eines Kleinunternehmens gegen einen globalen Milliardenkonzern. Der Kampf von David gegen Goliath. Ein Kampf aber auch um einen lukrativen Markt. Lindt setzt mit seinem Goldhasen jährlich 130 Millionen Franken um.2002 haben die Schweizer den unliebsamen deutschen Konkurrenten verklagt. Dessen Hasen sähen dem eigenen Goldhasen in Form und Farbe ähnlich. Doch die Mühlen der Justiz mahlen langsam. Bis jetzt steht ein rechtskräftiger Entscheid jedenfalls aus.

Riegelein kämpft für die Artenvielfalt

Trotzdem bleibt Riegelein optimistisch. Auch durch den jüngsten Entscheid zugunsten von Lindt in einem ähnlich gelagerten Streit in Österreich lässt er sich nicht unterkriegen. Er hofft, dass sein Hase neben demjenigen von Lindt überleben wird: «Es ist doch gut, dass es Goldhasen in einer möglichst grossen Artenvielfalt gibt.» Goldfolierte sitzende Hasen würden bereits seit über 60 Jahren existieren. Früher wurden die süssen Ostersymbole von Hand in Gold eingewickelt und ein Auge darauf gemalt. «Es kann doch nicht sein, dass mittelständische Unternehmen altbewährte Traditionsartikel aufgrund von Marktmacht der Konzerne aus dem Sortiment geklagt werden.»

Der 52-jährige Bayer bedauert das jüngste Urteil gegen die kleine österreichische Schokoladenherstellerin Hauswirth, die auch Goldhasen herstellt. Er betont: «Auf das Verfahren in Deutschland hat diese Entscheidung keinen Einfluss!» Die Verwechslungsgefahr beim österreichischen Hasen bestehe darin, dass dieser mit einer roten Stoffschleife versehen sei und keine deutlich erkennbare Herstellerbezeichnung aufweise. Das treffe auf seine deutschen Hasen nicht zu. Und weist mit grosser Geste auf sein Prachtstück: «Schauen unsere Goldhasen nicht ganz anders aus?»

Goldriese verdrängt Kleinere

Wenn man die Hasen nebeneinanderstellt, wirken sie ähnlich, aber unterscheidbar. Der von Lindt trägt eine auffallende rote Schlaufe mit Glöckchen. Der Hase von Riegelein muss sich mit einer aufgemalten braunen Schlaufe zufriedengeben. Im Gegensatz zum etwas kitschig wirkenden Riegelein-Hasen mit den runden Kulleraugen präsentiert sich der Lindt-Hase kühl und gestylt. Auf beiden Hasen prangen die Logos ihrer Schöpfer.

Ist Riegelein ein Trittbrettfahrer von Lindt, der vom Marketing der global wirkenden Schweizer profitiert? «Nein, aber das ist eine hypothetische Frage», meint Riegelein. «Jahrzehntelang lebten die Goldhasen in friedlicher Koexistenz. Aber seit dem juristischen Vorgehen von Lindt hat sich der Markt bereinigt. Viele Mitbewerber haben sich entschieden, ihre Goldhasen abzuändern oder vom Markt zu nehmen.»

Auch seine Hasen finden in manchen Regalen keinen Platz. Das zeigt ein Augenschein im Warenhaus Kaufhof in Nürnberg, das eine halbe Autostunde von Cadolzburg entfernt liegt. Dort stehen Dutzende von Lindt-Goldhasen in Reih und Glied bereit zum Verkauf. Von Riegeleins Hase ist keine Spur zu entdecken.

Ein Verkaufsverbot des Goldhasen würde Riegelein nicht in der wirtschaftlichen Existenz treffen. «Aber es wäre eine ungerechte Monopolisierung. Das Recht auf den Goldhasen will ich mir nicht nehmen lassen.» Sein Herzblut stecke in dieser Figur. «Er ist ein traditionelles Mitglied unserer Produktefamilie.» Der richterliche Entscheid sei auch ein Präzedenzfall für das Markenrecht. Schliesslich wolle Lindt noch andere Formen wie das «nackte Häschen» oder das «Glöcklein» schützen, das er auch herstellt.

Das Familienunternehmen Riegelein exportiert seine Schokoladen-Figuren in über 50 Länder – bis nach Kanada, Australien, Südafrika und China, aber auch in die Schweiz, wo sie unter anderem Denner verkauft. Umsatz- geschweige Gewinnzahlen will Riegelein partout nicht bekannt geben. Nur das: «Wir verarbeiten 18 000 Tonnen Schokolade im Jahr und beschäftigen 700 Mitarbeiter in den drei Produktionsstätten in Cadolzburg, Oderwitz (Sachsen) und Jablonec in Tschechien.» Schwarz seien die Zahlen und in den letzten Jahren hätten sie den Umsatz kontinuierlich gesteigert.

Nun wartet Peter Riegelein auf den nächsten Richterspruch. Ein wichtiges Beweisstück wird da nicht mehr dabei sein. Es ging im Laufe des Verfahrens verloren. Laut Aktennotiz verschwand der Goldhase der Firma Riegelein. Ob ein Gerichtsdiener oder ein anderer Täter den Schokoladehasen beiseitegeschafft oder verzehrt hat, konnte nicht mehr eruiert werden.

Riegelein kann darüber lachen. Aufgewachsen ist der gemütliche Bayer in Cadolzburg. Noch immer wohnt er dort. Im väterlichen Schokoladenbetrieb hat er bereits als Junge angepackt. Bald nach dem Betriebswirtschaftsstudium stieg er in die Firma ein, die sein Vater, ein Konditormeister und Confiseur, gegründet hatte.
Die Produktion der Goldhasen im Werk in Sachsen ist abgeschlossen. Noch immer laufen aber die Maschinen für Schokoeier in Cadolzburg, Mitarbeiter füllen Ostergeschenkbeutel in Kartons ab. Es riecht nach Kakao. Der Duft von Dünger dringt nicht in die sterile Produktion hinein.

 

Ein Fall für die Richter

Deutschland
Bereits im zehnten Jahr streitet sich Lindt & Sprüngli mit Riegelein. Der deutsche Bundesgerichtshof in Karlsruhe hat im Sommer entschieden, dass das Verfahren erneut vor dem Oberlandesgericht Frankfurt ausgetragen werden muss. Dort werden weitere Details ermittelt.

Österreich
Sieben Jahre dauerte der Streit zwischen Lindt und dem Schokoladenproduzenten Hauswirth. Anfang April hat das Handelsgericht in Wien entschieden, dass Hauswirth die Produktion seines Hasen einstellen muss. Die Österreicher wollen gegen das Urteil Berufung einlegen.

EU
Das Europäische Gericht hat im Dezember die Entscheidung des Markenamtes bestätigt, wonach der Lindt-Goldhase nicht in der gesamten Europäischen Union geschützt werden kann.