Der frühe Schnee im Unterland und die klirrende Kälte kurbeln das Geschäft mit Snowboardklamotten mächtig an. Zimtstern-Chef Thomas Meyer und auch sein Mitbewerber Andy Tanner, Chef der Sport- und Streetwearfirma Alprausch, freuen sich über den frühen Saisonstart. «Das ist super», jubelt Tanner, «das ist optimal», frohlockt Meyer. Bereits trudeln so viele Nachbestellungen ein, dass die Warenlager beinahe leer gefegt sind.

Neben dem Wetter ist die Verankerung bei der Kundschaft ein entscheidender Faktor für den Erfolg: Zimtstern-Müller und Alprausch-Tanner sind seit Jahrzehnten angefressene Snowboarder und kennen daher die Bedürfnisse und Wünsche ihrer Käuferszene bestens. Tanner war einst gar Vize-Europameister im Snowboardrennen.

Bei Zimtstern und Alprausch ist nichts mehr vom Garagengroove der Gründerzeit zu spüren. Heute residieren die Trendsetter in gestylten Zürcher Lofts. Hinter dem Bahnhof Giesshübel hat sich Alprausch niedergelassen: Im riesigen Showroom steht nicht nur eine Skilift-Gondel, sondern auch ein weisses Klavier. Zimtstern ist erst vor zwei Monaten in eine Fabrikhalle in Altstetten eingezogen, wo nun eine coole Alpenlandschaft die Büroräume verschönert. Beide Firmen verkaufen etwa gleich viele Artikel: Der Umsatz von Alprausch beträgt 5 Mio Fr., und Zimtstern setzt 5,5 Mio Fr. im Jahr um.

*Zum Wachstum verdammt*

Nach einem berauschenden Auftakt in der Schweiz träumen Tanner und Müller von einer starken Expansion ins Ausland. Schliesslich kann man den Kultcharakter der Klamotten nur wahren, wenn diese auf dem Lokalmarkt Nischenprodukte bleiben und nicht zur Massenware mutieren. Deshalb sind ihre Kleider und Accessoires in der Schweiz nur in Trendshops wie zum Beispiel bei Beach Mountain oder in der Snowboard Garage zu kaufen und nicht etwa bei Migros oder Athleticum. Doch um rentabel zu sein, braucht das Bekleidungsgeschäft ein gewisses Volumen: Sie sind zum Wachsen verdammt, und das können sie vor allem im Ausland. Alprausch setzt bereits die Hälfte seiner Waren im Ausland ab. Dank einem Distributor in Deutschland werden Geschäfte nicht nur in Deutschland, sondern auch in Österreich, den Niederlanden, Belgien, Italien, Norwegen und Grossbritannien bedient. Bereits haben Shops in Japan und in den USA für die Schweizer Retromode von Alprausch Feuer gefangen. Zimtstern exportiert erst einen Drittel seiner Produkte via Agenten ins Ausland, vor allem nach Deutschland und Österreich.

Meyer und Tanner lassen ihre Kleider aus Kostengründen im Ausland produzieren, vor allem in China, aber auch in Italien, Tunesien oder Portugal. Eine weitere Gemeinsamkeit: Müller und Tanner besitzen auch noch einen Schuhladen für Tennisschuhe. Floor heisst derjenige von Müller in Baden, Köniz nennt sich der Sneakershop von Tanner in Zürich. Und beide Unternehmer arbeiten fast rund um die Uhr: Sie haben ihr Hobby zum Geschäft gemacht und ihre Frauen gleich ins Unternehmen integriert. Diese sind als kreative Designerinnen tätig für all das Klamottenzeugs, das ein trendiger Boarder auf sich trägt: Jacke oder Fleece-Veston, Pants, Pullover, Schal, Tasche, Portemonnaie, Sweater, Underwear, Socken, Rucksack, Gürtel, Handschuhe. Die Aufzählung ist nicht abschliessend: Allein Alprausch entwirft rund hundert verschiedene Artikel pro Saison.

In Werbung investieren beide wenig, ihr Marketing setzt auf Events. So wird sich Zimtstern dieses Jahr am Microsoft Game in Laax engagieren. Dort soll ein Spiel reell auf einer extra gebauten Halfpipe und virtuell auf dem Computer gespielt werden. «Das wird ein spektakuläres Event mit MTV-Europe», prophezeit Müller.

*Die Wiederentdeckung des Schweizer Retrostyles*

Nach einer kaufmännischen Lehre auf der Bank lag für Andy Tanner eine Karriere als Anlageberater vor ihm. Doch er entschied sich anders, reiste in die USA, nahm an Snowboardrennen teil und kam 1985 mit hippen Ideen zurück: «Ich habe damals in Zürich den ersten Snowboardladen Europas eröffnet», erzählt Tanner stolz. Und weil alles Neue aus Kalifornien kam, taufte er ihn Beach Mountain. Noch heute gelten die Beach-Mountain-Shops als Trendsetter. Ende der 90er Jahre verkaufte der Jungunternehmer seine Läden an Jelmoli, kaufte sich ein Haus, eröffnete einen Sneaker-Shop und begann nach der Jahrtausendwende Klamotten zu entwerfen.

Angesteckt vom verblassten Charme der Roger-Staub- und SKA-Mützen aus den 60er und 70er Jahren setzte Tanner auf ein neu erwachtes Heimatgefühl zur Alpenwelt und presste ein dezentes Schweizerkreuz auf seine Ware: Das Label Alprausch war geboren. Seither wird sukzessiv ausgebaut: Unterstützt von drei Mitarbeitern und einem Produktionsmanager werden seine Produkte bereits in 400 Shops in sieben europäischen Ländern verkauft und bis nach Japan gestreut. «Wir wollen ein neuer Schweizer Klassiker werden.»

Dieses Jahr wird Alprausch erstmals schwarze Zahlen schreiben. Dank finanziellem Polster aus dem Verkauf der Mountain-Beach-Läden war Tanner bis jetzt nicht auf Bankkredite angewiesen. «Doch mit unserem Wachstum wird sich das ändern.» Auf eigene Outlets will er verzichten. Er brauche als langjähriger Szenenkenner keinen eigenen Laden, um am Puls der Zeit zu bleiben: «Das würden meine Kunden als Konkurrenz ansehen.»

Meyer von Zimtstern dagegen würde gerne einen eigenen Laden als Flagshipstore eröffnen und je nach Saison einem Thema widmen. In diesem Winter heisst die Kollektion «Olympia», ein Begriff, der auf allen diesjährigen Produkten prangt. «Ein solcher Shop müsste vor allem Touristen anlocken, damit sie unsere Kleider und Accessoires in ihren Ländern bekannt machen.» Meyer besitzt bereits einen Snowboardshop in Baden und einen auf der Mutschellen, die allerdings verschiedene Fremdmarken führen.

Auch der Zimtstern-Bäcker ist nicht vom Fach: Meyer und sein Kompagnon Reto Kuster sind ausgebildete Köche. Als angefressene Snowboardfreaks hatten sie Mitte der 90er Jahre genug von der fantasielosen Fashion aus den USA. Zusammen mit Meyers Freundin nähten sie eigene Jacken und Hosen, die sie bald auch an Freunde und andere Snowboardfreaks verkauften. Dabei fahren die Zimtstern-Produkte weniger auf der Retrowelle als Alprausch, sie wurden von Anfang an vor allem funktional gestaltet. Auch preislich wurde Zimtstern höher positioniert.

Im Winter 1995 war das Zimtstern-Label fertig gebacken, vier Jahre später entstand die Zimtstern GmbH. Seit Beginn schrieb das Unternehmen schwarze Zahlen, trotz Bankkrediten von mittlerweilen 1,5 Mio Fr. Heute beschäftigt die Firma neun Angestellte und will weiter wachsen. «In der Schweiz läuft es sensationell gut, nun möchten wir mehr ins Ausland expandieren als cooles Produkt, das einen Trend auslöst.»

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