Oft wird im Arbeitsalltag von Überstunden bzw. von Überzeit gesprochen, wenn von derjenigen Zeit die Rede ist, die der Arbeitnehmer mehr oder weniger freiwillig für den Arbeitgeber einsetzt und welche die normale Tagesarbeitszeit überschreitet. Im Vergleich mit den Nachbarländern gelten in der Schweiz eher höhere Arbeitszeiten, meist 40 bis 42 Stunden pro Woche. Rechtlich betrachtet sind jedoch die beiden Begriffe Überzeit und Überstunden klar zu trennen. Im Folgenden soll kurz der Unterschied dieser beiden Begriffe dargestellt werden:

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Unter Überstunden wird diejenige Arbeitszeit verstanden, welche die normale (vereinbarte oder übliche) Dauer überschreitet, jedoch nicht länger dauert als die vom Arbeitsgesetz vorgeschriebene wöchentliche Höchstarbeitszeit. Der Arbeitnehmer muss Überstunden leisten, wenn er sie zu leisten vermag und wenn sie ihm nach Treu und Glauben zugemutet werden können.

Sind der Betrieb und der Arbeitnehmer dem Arbeitsgesetz unterstellt, dürfen Überstunden nur im Rahmen der Bestimmungen über die tägliche Ruhezeit, tägliche Höchstarbeitszeit sowie über das Nachtarbeitsverbot und das Sonntagsarbeitsverbot geleistet werden. Überstunden sind grundsätzlich durch Freizeit von gleicher Dauer zu kompensieren.

Werden die Überstunden nicht durch Freizeit ausgeglichen, so hat der Arbeitgeber für die Überstunden den Lohn zu entrichten, der sich nach dem Normalohn samt einem Zuschlag von mindestens 25% bemisst. Durch Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag kann allerdings von dieser Entlöhnungsregelung sowie der Kompensation durch Freizeit zu Gunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden.

Von einem Kadermitarbeiter darf erwartet werden, dass er etwas mehr leistet als nur das übliche Pensum. Diese Mehrarbeit wird durch einen entsprechend höheren Lohn abgegolten. Von besonderer Bedeutung ist bei Kadermitarbeitern, ob im Arbeitsvertrag eine bestimmte wöchentliche Arbeitszeit ausdrücklich festgelegt ist oder nicht.

Wer Überzeit leistet

Die Überzeit ist diejenige Arbeitszeit, welche über die gesetzlich vorgeschriebene wöchentliche Höchstarbeitszeit hinaus geleistet wird. Die Höchstarbeitszeit für das Büropersonal beträgt gemäss dem Arbeitsgesetz 50 Stunden pro Woche.

Die Überzeit darf für den einzelnen Arbeitnehmer zwei Stunden am Tag nicht überschreiten, ausser an arbeitsfreien Werktagen oder in Notfällen. Pro Kalenderjahr sollte sie insgesamt nicht mehr betragen als 170 Stunden für Arbeitnehmer mit einer wöchentlichen Höchstarbeitszeit von 45 Stunden oder von 140 Stunden für Arbeitnehmer mit einer wöchentlichen Höchstarbeitszeit von 50 Stunden. Auch bei der Überzeit erfolgt der Ausgleich grundsätzlich durch Freizeit von gleicher Dauer. Kann nicht durch Freizeit kompensiert werden, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf einen 25-prozentigen Lohnzuschlag.

«Ansparen» nicht möglich

Auf folgende in der Praxis oftmals anzutreffende Konstellation ist speziell hinzuweisen: Die geleistete Überzeit bzw. die geleisteten Überstunden werden dem Arbeitgeber verspätet bekannt gegeben. Grundsätzlich hat der Arbeitnehmer gemäss Treu und Glauben sämtliche geleisteten Überstunden, welche nicht ausdrücklich angeordnet worden sind, auf jedes Abrechnungsdatum hin mitzuteilen.

Somit hat die Mitteilung üblicherweise am Ende eines jeden Monats zu erfolgen. Ansonsten kann der Arbeitnehmer sein Recht auf Überstunden-/Überzeitkompensation verlieren. Denn es ist nicht zulässig, dass der Arbeitnehmer bis zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses wartet, um seine über Monate oder gar Jahre zurückliegenden Ansprüche geltend zu machen.

Gemäss einem neueren Bundesgerichtsentscheid gilt jedoch Folgendes: Sofern der Arbeitgeber im Grundsatz erkennen muss, dass Überstunden erforderlich sind, darf die vorbehaltlose Entgegennahme des üblichen Lohnes durch den Arbeitnehmer nicht als Verzicht auf Entschädigung für allfällig geleistete Überstunden verstanden werden.

Der Arbeitnehmer kann somit mit Aussicht auf Erfolg auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Überstunden bzw. die Überzeit im Sinne von Lohnnachzahlungen einfordern. Dies jedoch nur, wenn der Arbeitgeber grundsätzlich erkennen musste, dass die Normalarbeitszeit nicht genügt, und dass Überstunden bzw. Überzeit erforderlich waren.

Eugen Fritschi ist Rechtsanwalt bei Bühlmann & Fritschi Rechtsanwälte, Zürich.