Die Cost/Income-Ratio der Schweizer Banken hat sich seit 2001 deutlich verschlechtert. Obwohl zahlreiche Massnahmen ergriffen wurden, ist das frühere Niveau noch nicht wieder erreicht und es stellt sich die Frage einer Margenerosion bei den Banken.

Das Wachstum der Personal- und Sachkosten konnte aufgrund zahlreicher Sparprogramme gebremst werden, doch ist es den Banken nicht gelungen, die Bruttoerträge ausreichend zu steigern, um die Cost/Income-Ratio nachhaltig zu verbessern. Im Jahr 2003 ist bei den Zins- und Kommissionserträgen zwar eine Verbesserung eingetreten, die Gesamtertragsposition nahm jedoch durch rückläufige Erträge aus dem Handelsgeschäft und übrigen Erfolgspositionen ab.

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Grösserer Konkurrenzdruck im Hypothekargeschäft

Wie haben sich die Margen beim Zins- und Kommissionserfolg entwickelt? Gemessen am Zinserfolg der Kantonal-, Regional- und Raiffeisenbanken wird seit 1999 eine Steigerung der Zinsmargen festgestellt. Ein ähnliches Bild zeigt der theoretisch errechnete Zinsspread im Hypothekargeschäft über alle Banken. Der Rückgang beider Kurven im Jahre 2003 ist wesentlich auf den starken Konkurrenzdruck im Hypothekargeschäft sowie auf die akzentuierte Umschichtung von variablen in feste Hypotheken und die daraus für die Banken resultierenden Zusatzkosten zur Absicherung der Fristenkongruenz auf der Aktiv- und Passivseite (u.a. Swaps) zurückzuführen. Dies lässt einen weiteren Margenrückgang im Zinsengeschäft im Jahr 2004 erwarten.

Im Kommissionsgeschäft fehlen verlässliche Vergleichszahlen, da der Kommissionsertrag sowohl vom Volumen bzw. der Transaktionshäufigkeit als auch vom Preisniveau abhängt. Aufgrund der seit 2001 veränderten Börsensituation ist bekannt, dass einerseits sowohl Depot- als auch Transaktionsvolumen tiefer liegen, andererseits einige Banken auf der Preisseite klare Margensteigerungen erzielen konnten. Drei Beispiele hierzu: Steigende Kommissionen (Ausgabekommissionen, Management, Fees) bei Anlagefonds, Preisanpassungen im Anlagegeschäft, höhere Devisenerträge im Kreditkartengeschäft. Insgesamt haben sich die Banken auf die veränderten Rahmenbedingungen noch nicht vollumfänglich eingestellt, und weil das Kostensparpotenzial bereits zu einem grossen Teil ausgeschöpft ist, werden in Zukunft die Themen Volumensteigerung, Ertragssteigerung und Stabilisierung der Erträge von vordringlicher Bedeutung sein.

Auf strategischer Ebene wird die Bank durch vier wesentliche Treiber gesteuert: Kosten, Risiken, Volumen/Aktivität, Preise. Neben der Kosten- und Risikooptimierung, die nicht Gegenstand dieses Beitrages sind, liegt der Schlüssel zum nachhaltigen Erfolg in der marktseitigen Ertragssteigerung. Auf operativer Ebene ist die offensive Orchestrierung aller für Verkauf und Kundendialog notwendigen Funktionen gefordert. Eine Bruttoertragssteigerung wird durch die Steigerung von Volumen bzw. Aktivität in Kombination mit einer innovativen Preispolitik erzielt. Das Beispiel einer mittelgrossen Universalbank zeigt die wesentlichen kundenrelevanten Bruttoertragstreiber auf. Die Zinsmarge wurde am Aktiv-/Passivgeld gemessen, die Kommissionserträge am Depotvolumen.

Markante Ertragssteigerungen und nachhaltige Margenverbesserungen lassen sich durch die Ausrichtung aller Kunden- und Marktaktivitäten auf die relevanten Ertragsgrössen (Volumen, Preis) erzielen. Eine daraus resultierende Bruttoertragssteigerung wirkt sich automatisch auch positiv auf Kostenkennzahlen aus, wie beispielsweise Personal- und Sachkosten gemessen an Volumen bzw. Bilanzsumme oder Volumen/Bruttoertrag pro Mitarbeiter bzw. pro Kunde.

Ertragssteigerung über höhere Volumen

Ein Kunde unterhält in der Regel Geschäftsbeziehungen zu sechs bis zehn Finanzdienstleistern (Banken, Kartenorganisationen, Versicherungen usw.). Das bedeutet, dass konsequent kundenorientierte Banken bei ihren Kunden durch einen gezielten, verkaufs- und abschlussorientierten Ausbau des Kundenbeziehungsmanagements ein Potenzial von 20% bis 50% an zusätzlichem Geschäfts- (Aktiv-, Passivgelder bzw. Depotvolumen) oder Aktivitätsvolumen (Börsen-, Kreditkarten-, Zahlungsverkehrstransaktionen) ausschöpfen können. Volumensteigerungen bieten sich somit zur Ertragssteigerung in allen Geschäftsbereichen an. Aus der Fülle von bekannten (aber leider oft nicht konsequent umgesetzten) Konzepten und Massnahmen sollen hier nur vier Stichworte zum Erfolg genannt werden: Verkaufsorientiertes Markt- und Produktmanagement, innovatives Bundling/Pricing, systematische Kundenbetreuung, Steigerung der Kundenkontaktintensität und Abschlussorientierung.

Preispolitik hat eine strategische Bedeutung

Die strategische Bedeutung der Preispolitik ist von vielen Banken in Strategie und Marketing noch nicht erkannt. Oft wird Preispolitik als Anpassung einzelner Preiselemente (Zins, Kontoführungsgebühr, Wertschriftentransaktionen oder -administration) verstanden. Ein gesamtheitliches Pricing in Verbindung mit einem innovativen Produktebundling zur Steigerung von Cross Selling und Geschäftsvolumen existiert noch in den wenigsten Fällen.

Dabei ist der Einfluss der Preispolitik auf die Cost/Income-Ratio einer Bank massiv. Preissteigerungen, d.h. Margenverbesserungen, von 10% führen bei (einkalkulierten) Kundenverlusten von 2% bei einer Bank mit einem Cost-/Income-Ratio von 50% zur markanten Verbesserung derselben auf 46%. Dass gerade erfolgreiche Banken in den letzten Jahren ihre Margen über den Preis ausdehnen konnten, wird vom Markt bestätigt.

Ein grösserer preispolitischer Handlungsspielraum bietet sich noch immer auf der Passivseite sowie im Anlagegeschäft an. Dazu zwei Beispiele aus der Praxis. Im Retail Banking lassen sich durch ein geschicktes Bundling/Pricing sowohl Volumen als auch Erträge (und somit die Rentabilität einer einzelnen Kundenbeziehung) steigern. Die kürzlich von der PostFinance eingeführte neue Preispolitik im Privat- und Geschäftskundensegment weist in diese Richtung.

Im Private Banking diskutieren die Banken seit Jahren über die Einführung von Beratungsgebühren. Während sich bei Vermögensveraltungsmandaten und im Fondsgeschäft entsprechende Konzepte mit All-in-Fees zwischen 1% und 2% des Depotvolumens erfolgreich im Markt etabliert haben, zeigt die Branche bei den klassischen Beratungsmandaten weniger Innovationsfreudigkeit. Als gutes Praxisbeispiel hat die Zürcher Kantonalbank für Beratungsmandate ein neues auf All-in-Fee, in Kombination mit Ticket Fee, basierendes Modell erfolgreich eingeführt und konnte dadurch Volumen- und Ertragssteigerungen erzielen.

Innovative Preiskonzepte

Die Untersuchungen zeigen, dass die Bankbranche in den letzten Jahren ihre Margen auf der Ertragsseite kontinuierlich ausbauen konnte. Eine eigentliche Margenerosion hat nicht stattgefunden. Die notwendigen Volumensteigerungen, als probates Mittel zur Ertragssteigerung, sind jedoch vielen Banken noch nicht gelungen, und innovative Preiskonzepte sind im Markt erst wenige eingeführt. Dank Kostensparprogrammen der letzten Jahre konnte der Geschäftsaufwand wieder auf das Niveau von 1999 gesenkt werden. Doch insgesamt hat er sich nicht im gleichen Umfang wie die Bruttoerträge reduziert, was die negative Entwicklung des Cost/Income-Ratio aufzeigt. Aufgrund der aktuellen Marktaggressivität im Hypothekarmarkt scheint ein Margenrückgang im Zinsengeschäft für 2004 wahrscheinlich, was die Umsetzung der hier skizzierten Massnahmen, d.h. Volumensteigerungen in allen strategisch wichtigen Geschäftsbereichen sowie innovativer Preiskonzepte auf der Passivseite und im Anlagegeschäft, noch dringlicher erscheinen lässt.



Peter P. Held, geschäftsführender Partner, Sarah Dreyfus, Senior Consultant, Unternehmensberatungsfirma Bernet & Partner, Zug.