Beobachter rieben sich zunächst ungläubig die Augen: Helvetic tauscht ihre gesamte, zwölf Maschinen starke Flotte aus. Klar, die fünf Fokker-Maschinen sind uralt, die restlichen Maschinen vom Typ Embraer 190 aber erst sieben Jahre alt – viel zu jung für den Ruhestand.

Was also steckt dahinter? Die Fokker sind 25 Jahre alt und müssen weg, «drei der fünf können wir vielleicht noch verkaufen», hofft Helvetic-Chef Tobias Pogorevc, zwei müssen wohl demontiert und als Ersatzteile versilbert werden, sie verlassen bis zum Spätsommer 2019 die Flotte.

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Bei den geleasten Embraer läuft der Leasingvertrag bald aus, sodass Pogorevc diese Flieger zurückgeben kann. Und weil die zwölf bestellten Embraer 190 der zweiten Generation unterm Blech völlig neu sind, entschied man sich für eine Einheitsflotte – Helvetic betreibt eine eigene Wartung, einheitliches Gerät bedeutet: niedrigere Kosten. Formal kauft Airline-Eigner Martin Ebner die zwölf Flieger. Vom Listenpreis, rund 750 Millionen Franken, zahlt er geschätzte 500 bis 600 Millionen und verleast sie dann seiner Fluglinie.

Mit den fabrikneuen Fliegern will Pogorevc das Geschäftsmodell erweitern. Die Helvetic-eigenen Linienflüge könnten zu weiter entfernten, neuen Zielen ausgedehnt werden, zumal Helvetic bei all ihren Mittelmeer-Destinationen mit Ferienflieger Edelweiss konkurriert. «Wir könnten nicht nur Zürich, sondern auch Bern oder Sion mit neuen Zielen verbinden», sagt Pogorevc.

Neue Ziele in Osteuropa

Er denkt an Osteuropa, das bisher abseits der Hauptstädte praktisch nur von Ryanair bedient wird, etwa Rumänien, Polen, die Ukraine. Auch Tel Aviv und Skandinavien schaue man sich an, und «dank der grösseren Reichweite der neuen Flieger würden dann auch die Kanaren drinliegen». Die neuen Perspektiven übertragen sich auch auf den zweiten Geschäftsteil der Helvetic, die Charterflüge, die Reiseveranstalter oder auch Privatkunden, etwa für Hochzeiten, buchen.

Vor allem bei Charter und dem dritten Geschäftsteil Wet Lease, wo Helvetic diesen Sommer mit sieben Maschinen inklusive Personal für und im Namen der Swiss fliegt, sieht Pogorevc weitere Vorteile: «In der künftig immer schärfer werdenden Lärmdebatte sind wir nun perfekt aufgestellt für Stadtflughäfen, wo dieses Thema eine besondere Rolle spielt – das gilt etwa für Zürich, aber auch Airports wie London-City.»

Da Wet Lease je nach Saison 60 bis 75 Prozent der Helvetic-Auslastung abdeckt, erweitern die neuen Möglichkeiten das Helvetic-Angebot beträchtlich. Neue eigene Destinationen dürften frühestens 2020 hinzukommen, wenn der Flottenumbau abgearbeitet ist. dirk ruschmann

Dirk Ruschmann
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