BILANZ: Frau Lalive, im Board of Directors der Schweizerisch-Amerikanischen Handelskammer sind Sie die einzige Frau inmitten von 38 Spitzenmanagern. Was ist das für ein Gefühl?

Maya Lalive d’Epinay: Ein gutes. Ich fühle mich nicht isoliert. Die Herren sind Kollegen, mit einigen bin ich sogar befreundet. Es herrscht ein lockerer, amerikanisch geprägter Umgang. Wir sind fast alle per du.

Merkt man an den Meetings, dass da geballte Macht zusammenkommt?

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Meines Wissens vereinigt keine andere Organisation in der Schweiz und vermutlich in ganz Europa so viele Topmanager internationaler Konzerne. So gesehen ist die Kammer tatsächlich ein verstecktes Machtzentrum. Es ist aber nicht so, dass an den Sitzungen eine bedeutungsschwere Atmosphäre herrschte, wie das vielleicht in Verwaltungsratszimmern grosser Konzerne üblich ist. Wir halten jedes Jahr zwei Sitzungen ab, die beide in Hotels stattfinden. Es sind kurze Meetings mit anschliessendem Nachtessen, an denen über Gott und die Welt geredet wird.

Von den 39 Directors sind im Durchschnitt 25 anwesend. Sitzungen mit so vielen Teilnehmern gelten als wenig effizient.

Es sind keine Debattiersitzungen. Primär geht es um die Abnahme von Jahresrechnung und Jahresbericht. Andere Traktanden werden so gut vorbereitet, dass es kaum grösseren Diskussionsbedarf gibt.

Wie kamen Sie zu der Ehre?

Normalerweise werden nur Verwaltungsratspräsidenten oder CEOs von Unternehmen aufgenommen. Dann gibt es ein paar Quereinsteiger, zu denen ich mich auch zähle. Vor vielen Jahren, als ich als Kommunikationsspezialistin für den Bankverein und für Landis & Gyr arbeitete, stiess ich zum Kommunikationskomitee und gehörte so rasch zum Kernteam der Kammer.

Die Aufnahme ins Board of Directors vor vier Jahren war auch an Ihre Funktion als Nationalrätin gebunden. Obschon Sie nicht mehr Nationalrätin sind, wurde Ihre Amtszeit im Board im vergangenen Jahr verlängert.

Die zweite Amtszeit kommt mehr oder weniger automatisch. Die Verlängerung war daher eine reine Formsache.

Wie systematisch betreiben Sie die Beziehungspflege?

Ich würde nicht von systematisch reden. Mein Kontaktnetz hat sich mehr oder weniger automatisch durch Ämter und Funktionen ergeben und entwickelt sich laufend weiter. Dank meinen vielfältigen Interessen bin ich politisch, wirtschaftlich und kulturell gut vernetzt. Das beste Netzwerk ist die Summe der Netzwerke – das erlaubt einem, sich mit den gleichen Menschen über verschiedene Themen zu unterhalten. Einen Spitzenmanager etwa treffe ich nicht nur in der Handelskammer, sondern auch bei der Zürcher Kunstgesellschaft und bei Avenir Suisse. Nur wenn man mit einem Menschen über verschiedene Themen sprechen kann, ergibt sich eine tragfähige Beziehung.

Wie nutzen Sie Ihr Kontaktnetz für Ihre Arbeit als Kommunikationsberaterin?

Ich nutze die Kontakte nicht, um Geschäfte zu akquirieren. Dass sich aus ehrenamtlicher Tätigkeit ein professionelles Mandat ergibt, ist sehr selten. Geschäftliche Akquisitionen mache ich lieber zielgerichtet, so fühle ich mich unabhängiger. Wichtig ist mir der Zugang zu interessanten Personen. Wenn ich ein Anliegen, eine Frage oder ein Problem habe, kann ich mich einfacher an eine Person wenden, wenn ich schon einmal mit ihr am selben Tisch gesessen bin.