Die Migros lässt in diesem Jahr kaum eine Gelegenheit aus, im umkämpften Detailhandel die Aufmerksamkeit der Kundinnen und Kunden auf sich zu ziehen. Sie zelebriert in allen Details ihr 100-jähriges Bestehen, kreuzt im Kampf um bessere Einkaufspreise die Klingen mit Markenlieferanten wie Coca-Cola und Lindt und lässt in ihren Supermärkten die gelben Tiefpreisschilder leuchten.
Das ist nur ein Vorgeschmack, wie es in den kommenden zehn Jahren mit der Migros-Gruppe weitergehen wird. Am Samstag hat deren Delegiertenversammlung die Vision 2035 genehmigt. «Einstimmig», wie der orange Riese am Montag mitteilt. Sie stehe unter dem Leitgedanken «Eine lebenswerte Schweiz für alle». Sie soll eine klare Richtung vorgeben, wohin es mit der Migros langfristig gehen soll. Eigentlich wünscht sich eine solche Schweiz doch jeder. Wie also sieht diese Migros-Ansage konkret aus?
Besser machen, was in der Vergangenheit schiefging
Der Dutti-Konzern baut dabei auf drei zentrale Elemente, wie es in einer Mitteilung heisst. Für die Kundinnen und Kunden am bedeutendsten dürfte der erste Pfeiler sein: Die Migros soll «im Alltag die erste Wahl» sein.
Das ist der Bereich, in dem sie in den vergangenen Jahren wichtige Marktanteile an die Discounter Lidl und Aldi verloren hat. In dem sie sich durch Zukäufe und Auslandsabenteuer unprofitabel verzettelt hat. Und in dem nach Jahren roter Zahlen nur eine Option blieb: Verkaufen und Abschreiben.
Kurz: Die Migros hatte den Fokus auf ihr Kerngeschäft verloren und will nun wieder aufholen. Das hat sie zuletzt durch den Grossumbau in der Gruppe und die Verkäufe der Fachmärkte wie Micasa oder SportX angestossen.
Laut Mitteilung will die Migros auf die «Bedürfnisse der Menschen» fokussieren, näher am Kunden sein, sie «begeistern» und mit «Leistung und Effizienz» Massstäbe im Markt setzen. Sie verspricht: «Bei Preis und Leistung gehen wir keine Kompromisse ein». Interessant: Selbiges behauptete zuletzt der Lidl-Länderchef Schweiz im Blick-Interview. Auch andere Konkurrenten haben ein solches Versprechen abgegeben.
So will die Migros ihre Vision verwirklichen
Zusammen mit ihren Tochterfirmen Migrolino und Denner beherrscht die Migros gegenwärtig rund die Hälfte des Detailhandelsgeschäfts in der Schweiz. Dazu kommen der Non-Food-Bereich mit Digitec-Galaxus, die Finanzdienstleistungen mit der Migros Bank und Gesundheit, zum Beispiel mit Medbase. Mit dem Fokus auf diese vier Geschäftsfelder leiste die Migros-Gruppe einen «zentralen Beitrag zur Grundversorgung der Schweizer Bevölkerung» und mache ihre Vision konkret erlebbar, führt das Unternehmen in der Mitteilung aus. «Wir wollen für die Menschen da sein und die Schweiz aktiv mitgestalten», lässt sich darin Ursula Nold, Präsidentin der Verwaltung, zitieren.
Zweites und drittes Element der neuen Vision sind die Migros-Gemeinschaft und die Gesellschaft. Das heisst: Mitarbeitende, die 2,3 Millionen Genossenschafterinnen und Genossenschafter sowie die Kundschaft. Teile ihres Erfolgs will die Migros ihnen zurückgeben. Bekannt ist die Migros für das Kulturprozent und grosszügige Sozialleistungen, die auch in der neuen Ausrichtung eine gewichtige Rolle spielen dürften.
Aufbauend auf der Vision gehe es nun unter anderem darum, den Kundennutzen über die gesamte Gruppe hinweg zu stärken, die komplexen Migros-Strukturen zu vereinfachen und die Organisation effizienter zu machen. Manch einer dürfte sich fragen: Ob dazu die kommenden zehn Jahre ausreichen?
Dieser Artikel erschien zuerst bei Blick.

