Seit zehn Jahren ist die Genossenschaft Migros Zürich (GMZ) mit Fitnessangeboten in Deutschland und weiteren europäischen Ländern aktiv. Was 2012 angeschoben wurde, sah zunächst vielversprechend aus.
Die Migros als zweitgrösster Fitnessanbieter Europas
Zeitweise war die Migros mit einem Aussenumsatz von gegen 400 Millionen Euro der zweitgrösste Player im europaweiten Fitnessgeschäft – gleich hinter der britischen David Lloyd Leisure, wie etwa der jährliche Fitness-Report von Deloitte im Jahr 2018 zeigte.
Jetzt trennt sich die Migros Zürich von ihrem gesamten ausländischen Fitnessgeschäft, das unter dem Namen Aciso Fitnessstudios, Franchisingkonzepte und Fitnessberatung bündelte. Dies bestätigt Gabriela Ursprung, Sprecherin der Migros Zürich: «Die Genossenschaft Migros Zürich hat rückwirkend auf den 1. Januar 2022 die Aciso an Lafayette verkauft.»
Die Genossenschaft, so die Sprecherin, «zieht sich mit diesem Verkauf von allen Fitnessaktivitäten in der Europäischen Union zurück».
Corona vermieste das Geschäft
Beim Käufer handelt es sich um den Finanzinvestor Lafayette Mittelstand Capital. 2018 hatte Lafayette das deutsche Familienunternehmen Kettler übernommen, bekannt für seinen Kettcar. Wie viel Lafayette an die Migros für den Kauf der Aciso überwiesen hat, will die Migros Zürich nicht sagen; «zum Preis wurde Stillschweigen vereinbart».
Als Grund für den Verkauf führt die Migros Zürich die Causa Covid-19 an: «Die Corona-Pandemie hat zu einem starken Umbruch in der Fitnesswelt geführt und war auch für die Aciso anspruchsvoll. Die Fokussierung auf den Heimmarkt, weg vom europaweiten Geschäft mit den eigenen Elements-Fitnessclubs, mit Beratung und Franchisingkonzept wie Injoy und FT-Club, erfolgt auch unter dem Aspekt der Risikobetrachtung des bestehenden Portfolios.»
Wie trüb es um die Geschäfte stand, zeigt ein Blick in den letzten verfügbaren Aciso-Geschäftsbericht für das Jahr 2020. Die Aciso-Mutter Migros Zürich musste mit Darlehen, Liquiditätsausstattungsgarantien und Forderungsverzichten im tiefen zweistelligen Millionenbereich helfen. Auf Schweizer Seite zeigte die Genossenschaft Migros Zürich im Geschäftsbericht 2021 einen Rückgang der Aciso-Nettoerlöse von 25 auf 22 Millionen Franken.
Der fatale WM-Deal
Fitnessfachleute glauben aber auch, dass nicht nur Covid-19 für die Schräglage der Aciso zuständig war. Namentlich mit der Lancierung der Premiumclubs namens Elements hatte sich die Migros Zürich in Deutschland selber ein Bein gestellt. Zunächst war geplant, bis zu fünfzig dieser Pump-Palazzi in ganz Deutschland aufzustellen. Mit der Zeit häuften sich die Verluste an, sodass der Plan 2018 auf eine Verdichtung bestehender Standorte geändert wurde. Sieben solcher Elements-Premiumclubs gab es zum Schluss.
Was die Elements-Clubs lange Zeit plagte, war unter anderem auch eine desaströse Wette, die Neukunden und Neukundinnen zum Halbfinale der Fussball-WM 2014 angeboten worden war. Vor dem Spiel Brasilien gegen Deutschland stellte Elements Neukundinnen und Neukunden einen Preisnachlass von 10 Prozent für eine allfällige positive deutsche Tordifferenz in Aussicht. Als die Deutschen Brasilien mit 7:1 zertrümmerten, erbleichten die Säckelmeister der Migros-Fitnessmanager: Sie mussten 60 Prozent Rabatt gewähren.
Der hohe Discount zog Kundschaft an, die sich ein Premiumabo eigentlich gar nicht leisten konnte. Als die Abos abgelaufen waren, sprangen die Neukunden und -kundinnen in Scharen ab. Das fräste eine Blutspur in die Erfolgsrechnung.
Migros Zürich powert in der Schweiz weiter
Mit dem Verkauf an Lafayette gehören nun auch die Elements-Clubs nicht mehr ins Reich der Migros Zürich; die Schweizer haben einen Schlussstrich gezogen. Die Konzentration liegt jetzt wieder auf dem Heimmarkt. Der Verkauf der Aciso habe keinerlei Einfluss auf das Schweizer Fitnessgeschäft, heisst es bei der Migros Zürich. Im Gegenteil könne man sich nun noch stärker auf das hiesige Fitnessgeschäft konzentrieren, das mit den beiden Marken Fitnesspark und Activ Fitness bearbeitet werde.
Im Schweizer Markt ist die Migros Zürich mit ihrem Unternehmen Activ Fitness AG – das per Jahresbeginn in die neue Firma Movemi AG überführt worden ist – eine grosse Nummer. 116 Activ-Fitness-Standorte in allen vier Schweizer Sprachregionen gehören dazu, ferner 16 Fitnessparks von Winterthur bis Lausanne. Für beide Formate werden über 200’000 Mitglieder und 4300 Mitarbeitende gezählt.
Wie Movemi-Chef René Kalt in einem Interview mit dem britischen Fitnessportal «Healthclub Management» jüngst sagte, wird dabei eine weitere Verdichtung angestrebt: «Unser Ziel ist, einen Club innerhalb von zehn Minuten Fahrzeit zu haben, egal, wo man sich in der Schweiz befindet.»
4 Kommentare
Duttweiler würde sich in seinem Grab umdrehen. Das Migros Management scheint die Prinzipien der Firma vergessen zu habe und verschiessen ständig Geld Bit abenteuerliche Anlagen. Globus, Interio und nun diese um ein Paar zu nennen. Milliarden Löcher zulasten der Genossenschafter und der Schweizer Kobsumente. Dies, anstatt einender Genossenschafter/Konsumenten orientierte Politik zu führen. Eine Schande. Ich kaufe lieber in Aldi ein und verhindere so, der Migros (und Coop dergleichen) satte Gewinne auf meine Einkäufe für ihren Spass zur Verfügung zu stellen.
Das mit dem Grab ist sowas von „old fashion“ dass anzunehmen ist, der Geschichtenschreiber/In gehört zu einer aussterbenden Spezies.
Sehr richtige Feststellung. Auf dem CH Heimmarkt bezeichne ich die Migros zwischenzeitlich als Apotheke auf dem Gesamtsortiment im Vergleich zu Aldi , Lidl , Landi etc. welche alle mindestens die gleichen Qualitäten anbieten.
Der Ableger Migros - Denner mag preislich grad so einigermassen mithalten.
Kann ich nur zustimmen. Migros sollte lieber günstige Lebensmitteln anbieten als die Gewinne in diverse ausländische Abendteuer zu investieren.