Der Jahrhundertsommer 2003 brachte das ganze Land zum Schwitzen – und die Mineralwasser-Firmen zum Strahlen. «Im letzten Jahr haben wir einen Riesensprung gemacht, der jährliche Pro-Kopf-Konsum von Mineralwasser stieg auf über 125 Liter», sagt Konrad Studerus, Generalsekretär des Verbands der Schweizerischen Mineralquellen und Softdrink-Produzenten (SMS).

Schon vor dem Jahrhundertsommer war der Mineralwasser-Markt in der Schweiz ein Wachstumsmarkt (siehe Grafik). Dennoch ist die Mineralwasser-Branche nicht ganz glücklich: «Die Importe haben in den letzten Jahren schneller zugenommen als die Schweizer Produktion. Es gibt eine starke Konkurrenz aus dem Ausland», stellt Studerus fest. Importierte Wasser erreichten in der Schweiz mittlerweile einen Marktanteil von rund 33%. Studerus führt den Importanstieg in erster Linie auf die Lage der Schweiz zurück – ein Land im Zentrum Europas, umgeben von Mineralwasser-Produzenten wie Deutschland, Italien, Frankreich.

Aus Frankreich etwa kommen Marken wie Perrier, das Studerus zu den «höherpreisigen, klassischen internationalen Marken» rechnet, welche die hiesigen Wasser konkurrenzieren. Eine ebenfalls starke Konkurrenz sind laut Studerus «tiefpreisige Wasser», vor allem aus Italien und Frankreich. Gegenüber diesen Wassern seien die Schweizer Marken auch durch gesetzliche Grundlagen im Hintertreffen: «Da spielt möglicherweise die Leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe (LSVA) eine Rolle: Wenn Sie Wasser aus Graubünden in die Westschweiz bringen oder Wasser aus der Romandie in die Ostschweiz, fährt der Lastwagen eine längere Strecke auf Schweizer Strassen als für ausländische Produkte, die quasi über die Grenze zu Verteilern in der Region gebracht werden. Das hat seine Auswirkungen auf die Preise. Die LSVA hat für unsere Branche einen kostentreibenden Effekt.»

*Nationale Marktleader: Henniez und Migros*

Internationale Mineralwasser werden im Schweizer Markt immer stärker – und der Schweizer Markt wird immer internationaler. Traditionsreiche hiesige Quellen wurden von internationalen Konzernen übernommen, Valser von Coca-Cola, Passugger und Rhäzünser gelangten via Feldschlösschen-Verkauf an Carlsberg. Immerhin sind die beiden Marktführer in Schweizer Hand: Nach Einschätzung von Branchenkennern – ganz offizielle Zahlen gibt es nicht – hält Henniez, knapp vor der Migros-Mineralwasser-Produzentin Seba Aproz, den höchsten Marktanteil. Hinter den beiden folgen Feldschlösschen, Valser, die Nestlé-Produkte und die Danone-Wasser.

Wichtigster Verteiler von Mineralwasser ist die Migros. Bereits mit den Eigenmarken Aproz, Aquella, M-Budget und Nendaz liegt sie marktanteilsmässig auf Platz zwei; nun führt sie seit rund einem Jahr auch die Nestlé-Marken S. Pellegrino und Contrex im Sortiment. «Dank der Markeneinführung dieser beiden Mineralwasser wächst die Migros sowohl im Bereich Mineralwasser mit CO2 wie auch im Bereich stille Wasser stärker als der Gesamtmarkt», stellt Monika Weibel, Mediensprecherin des Migros-Genossenschafts-Bund, fest: Im letzten Jahr sei der Umsatz des Mineralwassers im Detailhandel um 15,7% auf 322,2 Mio Fr. angewachsen, während die Migros ihren Umsatz um 23,6% gesteigert habe.

Dabei stieg laut Weibel die Nachfrage nach «stillen» Wassern ohne Kohlensäure stärker als diejenige nach sprudelndem Mineralwasser, ein Trend, den sie in der gesamten Branche feststellt: Im Detailhandel wuchs der Umsatz mit «stillem» Wasser um 19,5%, der Umsatz mit kohlensäurehaltigem Wasser hingegen nur um 13,7%. Nach wie vor halten die kohlensäurehaltigen Wasser zwar mit rund 66% einen grossen Teil des Detailhandelmarktes, doch, so Weibel: «Die stillen Wasser gewinnen in der Westschweiz wie auch in der Deutschschweiz an Marktanteilen.»

*Exporte schrumpfen*

Während der Marktanteil internationaler Marken in der Schweiz steigt, gelingt es den Schweizer Marken nicht, im Ausland zuzulegen. Die Exporte aus der Schweiz sanken von einem Maximum von 16 Mio Litern 1994 auf heute rund 9 Mio Liter. Studerus sieht die Gründe dafür in der Grösse der Schweiz: «Mineralwasser ist kein margenträchtiges Geschäft. Wer eine Marke international bekannt machen will, muss mit hohen Marketingkosten rechnen. Da stellt sich die Frage nach Aufwand und Ertrag. Denn wir sind ein kleines Land, unsere grossen schweizerischen Marken sind, international betrachtet, kleine Marken.»

So liegt der Blick der Branche vor allem auf dem Inland; und auch hier wird das Wachstum irgendwann an eine Grenze stossen, glaubt Studerus: «Das wird zu einem noch härteren Preiskampf und zu noch härterer Konkurrenz führen. Vorläufig hoffen wir für 2004, dass wir das Niveau mindestens halten können – auch wenn der Sommer nicht so schön wird wie letztes Jahr.»

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