In der Medienwelt wird seit Jahren nur abgebaut: Redaktionen werden verkleinert, zusammengelegt oder gar ganz geschlossen. Ausgerechnet in diesen Bereich steigen Yves Kilchenmann und seine Mitstreiter jetzt neu ein: Sie bauen das Online-Nachrichtenportal Nau.ch auf und haben dafür bereits 45 Journalisten rekrutiert. Wann genau Nau aufgeschaltet wird, will Kilchenmann nicht verraten. «Aber sicher noch 2017.» Nau – respektive die Nau Media AG – ist der neuste Zuwachs der Livesystems Holding, die 2007 von Kilchenmann (37) und Olivier Chuard (41) gegründet wurde und an der die beiden heute noch die Mehrheit der Aktien halten.

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Mit Passengertv schufen Kilchenmann und Chuard einen neuen Kanal für den Verkauf von Werbung. Auf Bildschirmen im Bus oder im Tram strahlen sie Fahrplaninformationen und News aus und platzieren dazwischen Werbung, wobei der Werbeanteil nicht mehr als ein Viertel der Sendezeit beanspruchen darf. Mitstreiter der ersten Stunde war auch Christian Imhof (36), der heute als Aktionär im Verwaltungsrat sitzt.

Der erste Partner, den die Firma gewinnen konnte, war die Berner Marzili-Drahtseilbahn, die das Quartier an der Aare mit der Bundeshausterrasse verbindet. Inzwischen zählt Passengertv schweizweit rund 3800 Doppelbildschirme in 2300 Fahrzeugen und erreicht damit im öffentlichen Verkehr täglich 1,3 Millionen Passagiere. Seit Anfang 2017 bespielen die Werbevermarkter mit Gasstationtv zusätzliche 660 Screens an Zapfsäulen, was dem Unternehmen täglich weitere 200 000 «Zuschauer» beschert.

Inhalte selber herstellen

Die Firma mit Hauptsitz auf dem Carbagas-Areal in Bern-Liebefeld laufe gut, schreibe einen zweistelligen Millionenumsatz und Gewinn, betont Kilchenmann. Nun bauen Chef Kilchenmann und Verwaltungsratspräsident Chuard den Betrieb aus. Sie wollen neu nicht nur Werbung verkaufen, sondern auch die Inhalte selber herstellen. Damit wollen sie auch ihr neues eigenes Nachrichtenportal Nau.ch bespielen. Kilchenmann ist überzeugt, dass der Plan auch finanziell aufgeht. «Der Online-Werbemarkt wächst. Wenn man es richtig macht, kann man hier sehr gut verdienen.» Zudem müsse die 45-köpfige Nau-Crew in der Startphase nicht gleich eine bestimmte Klickanzahl erreichen. «Sie produziert zu Beginn für unsere bestehenden 1,5 Millionen Zuschauer.»

Mit der Ausweitung des Geschäftsfeldes wird die Firma umstrukturiert: Die beiden Bildschirm-Schwesterfirmen Passengertv und Gasstationtv werden zur Livesystems Dooh fusioniert. Die vier Buchstaben stehen für «Digital out of home», den zweiten Werbemarkt nebst Online, der gemäss Kilchenmann stark wächst. «Die Zahl der Pendler nimmt weiter zu. Zudem steckt die Digitalisierung der Aussenwerbung erst in ihren Anfängen.»

Livesystems akquiriert Werbung

Das dritte Standbein der Gruppe, die Livesystems, bündelt die rund 30 Mitarbeiter, welche die Werbung akquirieren – für die Bildschirme an den Tankstellen, in Postautos und rund 50 weiteren öV-Unternehmen sowie demnächst auch für die Nau-Plattform. Sie sind auf zwölf Standorte über die ganze Schweiz verteilt. «Die lokalen Unterschiede sind zu gross, man muss vor Ort sein», sagt Yves Kilchenmann, der grundsätzlich Zentralisierungstendenzen gegenüber skeptisch ist. Nicht nur beim Verkauf von Werbefläche, sondern auch beim Erstellen von Inhalten.

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