Ruedi Baer hat seinen Ferrari Testarossa mit Spitzengeschwindigkeit von bis zu 300 Kilometern pro Stunde und weitere schnelle Autos schon vor Jahren seinen Kindern geschenkt. Nur noch im Sommer gönnt sich der 61-jährige Gründer und CEO von Mobilezone ab und zu eine Spritztour mit einem seiner «Oldtimer». Beruflich gibt der frühere Chef und Aufbauer der Interdiscount-Gruppe aber nach wie vor Vollgas. Seine Handy-Ladenkette steigerte den Absatz von Mobiltelefonen auch im letzten Jahr - um 10% auf 510000 Stück -, der Marktanteil stieg auf 26%. Gleichzeitig kletterte der Umsatz von Mobilezone und der Tochterfirma Globalzone um 18,1 Mio Fr. auf 268 Mio Fr.

*Nachwehen wegen Deutschland-Abstecher*

Doch die Tempobolzerei bekam der Mobilezone nicht überall gleich tut. Der Abstecher nach Deutschland - wo Mobilezone die Tabakladenkette Otto Boenicke mit rund 120 Standorten erwarb - riss 2002 ein Loch von insgesamt 24,5 Mio Fr. in die Kasse. Rund 90 unrentable Standorte konnte die Schweizer Handy-Kette im letzten Jahr abstossen, die 31 T.H.-Kleen-Shops, allesamt an bester Lage in deutschen Bahnhöfen, blieben in der Holding. Obwohl die Shops laut Baer schwarze Zahlen schreiben, sollen sie noch in diesem Jahr verkauft werden. Das Ziel: Im lukrativen Schweizer Markt weiter zu wachsen. Refokussierung könnte man das nennen, oder auch «runter vom Bleifuss». Die Wehen der Expansion werden sich nach 2002 auch noch auf 2003 auswirken - wenn auch reduziert. «Deshalb wird unser Betriebsergebnis erfreulich sein», versichert Ruedi Baer. Für das laufende Jahr ist er noch zuversichtlicher.

*Die Kunden werden immer jünger - und immer älter*

Zum Optimismus hat Baer allen Grund. Er hat den Abstand zu seinen nachfolgenden Konkurrenten nicht nur unaufholbar vergrössert, sondern ist auch näher zum Branchenprimus Swisscom aufgerückt (siehe Grafik). Dieses Jahr ist es dem cleveren Geschäftsmann durchwegs zuzutrauen, dass er die Mobilezone auf gleiche Höhe bringt. «Wenn Baer nichts falsch macht, wird Mobilezone die Swisscom heuer aufholen», sagt ein Szenenkenner. Nicht zuletzt, weil die ehemalige Monopolistin erst ihre internen Probleme beheben müsse. Konkret: Zwischen den Abteilungen Swisscom Fixnet, der Betreiberin der Swisscom- Shops, und Swisscom Mobile herrscht dicke Luft. Die Mobil-Sektion ist unzufrieden mit dem Betrieb der Verkaufsstellen.

Doch auch ohne eine Schwäche von Swisscom wird Mobilezone weiter wachsen. Denn die Firma mit Sitz in Regensdorf kann von drei Branchentrends profitieren:

1. Die Kunden werden immer jünger und immer älter. Kauften 2002 noch vornehmlich Personen zwischen 14 bis 65 Jahren ein Handy, vergrösserte sich

das Kundensegment 2003 von

12- bis über 80-Jährige. Inzwischen kaufen Eltern auch immer öfter Mobiltelefone für ihre Kinder ab zehn Jahren.

2. Die Nutzungsdauer eines Handys sinkt beständig. Hielt ein Konsument vor wenigen Jahren seinem Mobiltelefon noch zwei Jahre die Treue, sank die Zeitspanne zwischen den Käufen mittlerweile auf 20 Monate. Mit der Vielzahl von angekündigten Innovationen in diesem Jahr wird sich dieser Trend noch akzentuieren. Im Vergleich: Ein Hongkonger behält sein Mobiltelefon im Schnitt 18 Monate.

3. Grenzgänger kaufen immer öfter in der Schweiz ein. Weil die Mehrwertsteuer im umliegenden Ausland zwei- bis dreimal so hoch ist wie hier zu Lande, beschaffen sich viele Mobiltelefonierer ihr neues Handy in der Schweiz. Bei Mobilezone machen die Grenzkäufe inzwischen 15 bis 16% des Ersatzgeschäftes aus.

*Für die Konkurrenz wird es ein hartes Jahr*

Dank seiner Marktstärke und seiner fokussierten Ausrichtung hat Mobilezone im Verdrängungskampf bessere Karten als die Konkurrenz. So können weder Interdiscount noch Mediamarkt oder die Post im Bereich Kundenservice mit der Handy-Kette mithalten. Grund: Es ist nicht ihr Kerngeschäft, und das Service-Angebot ist entsprechend schmäler.

Für kleinere Anbieter wie etwa Migros, Fust oder die Post stellen sich dieses Jahr weitere Probleme. So müssen etwa im Rahmen des revidierten Fernmeldegesetzes Anfang Juni neu alle Prepaid-Kunden registriert werden. Dazu benötigt es nebst stärkerer Kundenbetreuung auch die entsprechende Infrastruktur, über die vor allem kleinere Verkaufsstellen nicht verfügen. Bei Mobilezone sind sämtliche Läden mit allen drei Netzbetreibern online verbunden.

Auch spezialisierte Händler wie Phone House werden dieses Jahr einen schweren Stand haben. Die Tochter der britischen Carphone zum Beispiel muss beweisen, dass sie die zusätzlichen Verkaufsstellen in Manor-Filialen rentabel betreiben kann. Dazu muss sie die Handy-Absätze, der bisher von der Warenhaus-Kette Manor selbst betriebenen Mobil-Shops, deutlich erhöhen. Grund: Manor reichte in ihren 32 Filialen letztes Jahr nur einige 10000 Handys über den Ladentisch, Phone House dagegen setzte in ihren 20 Läden rund 100000 Mobiltelefone ab.

Aber selbst wenn Phone House der Überraschungscoup gelingen sollte, würden die Briten einzig die drittplatzierte Interdiscount bedrängen. Mobilezone kann deshalb gelassen auf die Konkurrenz blicken. Und falls es doch noch nicht für den 1. Platz reichen sollte, kann sich CEO Ruedi Baer zumindest an all den Handy-Neuerungen in diesem Jahr erfreuen (siehe Kasten). Diese testet Baer gerne als Erster - um «nahe bei den Kunden zu sein», wie er sagt. Seine aktuellen «Spielzeuge» sind ein Sharp GX20 und ein Nokia 6100.

Partner-Inhalte