Den Eintrittstest besteht er mit Bravour. Moritz H. Weber, seit drei Monaten auch noch CEO der Promena AG, der umsatzmässig wichtigsten Tochtergesellschaft der Promena Holding AG: Er soll einen Werbekoffer, der die Bandbreite der Aktivitäten des Distributors für Markenartikel des täglichen Bedarfs illustriert, blitzschnell so einpacken, wie er als «Bhaltis» abgegeben wird. Wir haben ihn einfach auf dem Tisch vor ihm ausgeleert. Innert weniger Minuten sind die McCormick-Gewürze, Snack-a-Jacks, der Lavazza-Kaffee, das Assugrin, die Vileda-Fenstertücher und vieles mehr, das wir täglich benützen, wieder im Koffer eingeordnet. Und zwar so, dass alle Artikel wie ein Puzzle ineinander greifen.

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Wieso gelingt Moritz H. Weber so etwas in Sekundenschnelle? Schliesslich ist er von Haus aus Jurist und nicht Marketing-Leiter des Unternehmens. Kommt hinzu, dass er relativ lange gezögert hat, in die väterliche Unternehmensgruppe einzutreten. Er lacht über das ganze Gesicht. «Das ist ganz einfach. Als ich mich 1997 entschloss, in die Herba-Imodac AG, eine Tochtergesellschaft der Promena-Gruppe, einzusteigen, habe ich mir klare Vorgaben gemacht. Wenn ich schon Geschäftsführer werde, setze ich alles daran, dieses Unternehmen gründlich kennen zu lernen.»

Und zwar nicht vom Bürostuhl aus. «Das kann nicht funktionieren und erklärt auch, wieso viele CEO gar nicht wissen, wie es an der Front aussieht. Ich suchte zuerst den Kontakt zu allen Mitarbeitenden, Kunden und Lieferanten. Dazu habe ich im Lager gearbeitet, selbst die grössten Kunden betreut und jede Gelegenheit für einen Lieferantenkontakt genutzt. Meine Mitarbeitenden konnten auch jederzeit zu mir kommen.»

An diesen Grundsatz hat er sich gehalten. Zuerst als Geschäftsführer der Herba-Imodac, dann als Delegierter des Verwaltungsrates der Promena Holding AG in Pratteln und seit wenigen Monaten zusätzlich auch als Geschäftsführer der Promena AG, einem der führenden Distributoren von Markenartikeln in der Schweiz. Auf seiner Visitenkarte steht Moritz H. Weber, Geschäftsführer und CEO.

Himmelfahrtskommando hat gereizt

Es kann nie schaden, wenn man fremdes Brot gegessen hat. Nach der Erlangung des Lizenziates der Rechtswissenschaft an der Universität St. Gallen war er Assistent an der ETH, hat im Bezirksgericht Meilen als Auditor «gedienstet», in den USA etwa im bekannten Anwaltsbüro Nordman, Cormany, Heir & Compton und als Risk and Insurance Manager bei Rieter gearbeitet.

Aber wieso hat er sich vor fast acht Jahren bereit erklärt, eine Art Himmelfahrtskommando bei einer der vier Töchter der Promena Holding AG, der Herba-Imodac AG in Aarburg, zu übernehmen? Das auf Haar- und Modeschmuck, aber auch Stahlwaren wie etwa Feilen und Scheren für den Körperpflegebereich spezialisierte Unternehmen war schwerst krank. «Die Kosten liefen aus dem Ruder, die Kunden davon», umschreibt Moritz H. Weber in seiner nüchternen Ausdrucksweise die desolate Situation.

Das fällt an ihm auf, er kommt immer mit knappen Worten zum Punkt, redet druckreif und wirkt, als sei er dauernd «unter Strom». Die Verluste bewegten sich knapp unter der Millionengrenze. «Mich reizte es, hier einzusteigen, und ich habe es keine Minute bereut», sagt er rückblickend. Weber verbiss sich in seine neue Aufgabe und erreichte, dass bereits nach einem Jahr das Unternehmen wieder schwarze Zahlen schrieb, neue Kunden akquiriert waren und alle wussten, wos langging.

Mit der Sanierung dieser Promena-Tochter waren auch Entlassungen verbunden. «Ich konnte nicht umhin», sagt Weber jun. Aber ebenso wichtig sei für ihn gewesen, möglichst rasch einen Überblick über das Desaster zu gewinnen. Innert zwei Jahren war der Turnaround geschafft, diese Promena-Tochter salonfähig gemacht, und abtrünnige Kunden wurden wieder ins Boot geholt.

«Ich habe mich dem Speed-Management verschrieben. Am Abend sind alle E-Mails beantwortet und das Pult ist leer. Ich weiss, dass alle Manager von sich behaupten, sie seien ungeduldig. Aber bei mir ist das extrem», sagt Weber. Um ein konkretes Beispiel gebeten, muss er sich nicht lange besinnen. «Wenn eine Mitarbeitende oder ein Mitarbeitender etwas von mir will, mache ich es möglich, dass wir in der nächsten halben Stunde das Problem miteinander bereden können.» Weber scheint ganz der Dynamik des Unerledigten verfallen zu sein.

2002 hat ihm sein Vater die Gruppenverantwortung übertragen. Er war 40 Jahre alt. Ende letztes Jahr kam die Leitung der Promena AG hinzu. Sie ist das eigentliche Standbein dieser Unternehmensgruppe. Mit Markenprodukten beliefert werden der Lebensmittel-Gross- und -Detailhandel sowie der Conveniencebereich. Die Dienstleistungspakete umfassen Markenvertretungen und Point-of-Sales-Services.

Stichwort Marken: Darunter sind die eingangs erwähnten, aber auch so bekannte Namen wie Olio Sasso, Häagen Dazs, Gatorade, ein In-Drink für Sportler und sportliche Menschen, oder Varta. «Am POS setzen Verkaufsmitarbeitende Aufträge für die gerade erwähnten Marken und für andere Unternehmungen um», sagt Weber. Dazu gehören unter anderem Red Bull, Henniez, Bic, Storck, Sara Lee, Feldschlösschen, Campari oder Brita. Das modular aufgebaute Dienstleistungsangebot umfasst vor allem Verkaufsaktivitäten (z.B. Neulancierungen, Platzierung von Promotionsmaterial) und Merchandising (z.B. Regalpflege, Layout-Umbauten, Frische- und Qualitätskontrolle oder Out-of-Stock-Behebungen).

Der Kundenstamm liest sich wie ein Who is who im Gross- und Detailhandel: Coop, Denner, Manor, Spar, PickPay, Prodega, Jumbo, Carrefour oder die neuen Einkaufsmöglichkeiten bei BP oder Shell. Der Vater von Moritz H. Weber und heutige Präsident des Verwaltungsrates hat schon rasch nach seinem Einstieg in das Unternehmen erkannt, dass es sich für ausländische Hersteller von Markenartikeln nicht lohnt, eigene Strukturen aufzubauen, um Produkte auf eigene Faust in der Schweiz zu verkaufen. Das gilt auch für auf dem Binnenmarkt tätige schweizerische Unternehmen, die, wenn es um Marketing und Distribution geht, gleich entscheiden.

Schutz vor Blechpolizisten

Bleibt neben dem Management auch noch Zeit für ein Privatleben? «Das habe ich mir gleich beim Eintritt in die Promena fest vorgenommen, nicht zuletzt deshalb, weil ich wie eingangs erwähnt immer noch in Erinnerung habe, wie selten wir unsern Vater zu Gesicht bekamen. Meinen Tag beginne ich sehr früh, achte aber darauf, dass ich zum Nachtessen mit meiner Familie zuhause bin.»

Seine Familie, das sind zwei Buben im Alter von sechs und acht Jahren und eine Frau, die sich ganz deren Erziehung verschrieben hat.

Wenn die beiden Kinder schlafen, steigt er in den unteren Stock und trainiert für die nächste Velotour, die er mit dem Rennvelo zurücklegen wird. Wenn ihm gesagt wird, dass das eigentlich nicht originell ist, weil (fast) alle Manager von sich behaupten, sie seien sportlich, nimmt ers nicht übel. «In meiner Jugend war ich ein guter Volleyball-Spieler, aber dieser Sport ist in meiner heutigen Situation nicht so leicht auszuüben», bedauert er.

Einen grossen Pluspunkt gilt es noch anzumerken. Wer nach Pratteln fährt, bekommt in der Wegbeschreibung gleich noch mitgeteilt, wo sich Blechpolizisten in der näheren Umgebung befinden. So ein Service ist in der Tat selten.

Rechtsanwalt und Risk Manager

Steckbrief

Name: Moritz H. Weber

Geboren: 1962

Zivilstand: Verheiratet, zwei Buben

Wohnort: Strengelbach

Funktion: VR-Delegierter der Promena Holding AG und Geschäftsführer der Promena AG sowie der Herba-Imodac AG

Karriere

1990-1991 Winterthur Versicherungen, interne Unternehmensberatung

1991-1995 Rieter, Risk und Insurance Manager

1995-1997 Zürich Versicherungen, Account-Teamleiter Firma

Promena: Unter dem Holding-Dach der Promena sind vier Unternehmen vereint: Die Promena AG, die sich mit Marketing und Verkauf, Markenvertretungen, dem Key Account Management und Verkaufsunterstützungs-Aktivitäten befasst; Promolog AG, zuständig für Logistik, Lagerung und Kommissionierung; die SFM Cosmos AG, die unter anderem das Merchandising im Food-Kanal betreut, Promotionen und Degustationen für Dritte durchführt, und die Herba-Imodac AG: Sie verkauft Haarschmuck, Manikür- und Pedikürartikel. Das Unternehmen setzt mehr als 100 Mio Fr. um und hat 690 Mitarbeitende.