Rund 130 000 Studierende bevölkern die Universitäten und Fachhochschulen der Schweiz, rund 16 000 schliessen jedes Jahr ihre Ausbildung ab, mit einem Lizentiat, einem Fachhochschuldiplom oder einem Doktorat. Diese Studienabgänger suchen eine Arbeit, in der sie die Früchte ihrer Ausbildung ernten können, mehrheitlich im Angestelltenverhältnis und am liebsten in der Privatwirtschaft, wie die Universum-Studie ergibt.

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16 000 neue und adäquate Arbeitsplätze für Jungakademiker ? so viele stellt die Schweizer Wirtschaft derzeit nicht zur Verfügung. Eine Umfrage bei den 500 grössten Unternehmen der Schweiz ergab einen jährlichen Bedarf von gerade mal 2700 Hochschulabsolventen, rund elf Studienabgängern pro antwortende Firma. Und da die befragten Unternehmen auch die grössten Arbeitgeber sind und einen überdurchschnittlichen Bedarf haben, werden von den 16 000, die Jahr für Jahr neu auf den Arbeitsmarkt kommen, etliche nicht den Job ihrer Träume ergattern.

Umgekehrt ist freilich auch gefahren. Viele Unternehmen beklagen sich über einen Mangel an hoch qualifiziertem akademischem Personal: Betriebswirtschaftler (84 Prozent Nennungen) und Ingenieure (44,6 Prozent) sind derzeit am meisten gesucht. Am härtesten umkämpft ist dabei der Markt für jene besondere Spezies, die als High Potentials bezeichnet wird ? junge Menschen,

die nicht nur eine exzellente Ausbildung und tunlichst das eine oder andere Praktikum mitbringen, sondern auch die nötige soziale und emotionale Kompetenz, die sie zu den Führungspersönlichkeiten der Zukunft macht.

Wie viele High Potentials es unter den Hochschulabgängern gibt, lässt sich kaum exakt beantworten. Immerhin kamen Professor Norbert Thom und Vera Friedli vom Institut für Organisation und Personal an der Universität Bern in ihrer Fallstudie zum Thema «Personal-erhaltung» zum Schluss, dass wohl drei bis fünf Prozent der Kader in zwei Grossunternehmen zu diesem erlauchten Kreis zu rechnen seien. Dabei handelt es sich freilich um Personen, deren Qualitäten sich bereits «on the job» beurteilen
lassen.

Unter den Tausenden von Studierenden, die kurz vor ihrem Abschluss stehen, jene drei bis fünf Prozent auszumachen, auf denen sich die Zukunft eines Unternehmens aufbauen lässt, ist schon für sehr grosse Unternehmen schwierig, die über eine schlagkräftige Human-
Resources-Abteilung verfügen. Und für kleine und mittlere Unternehmen ist es ein Ding der Unmöglichkeit. Ganz zu schweigen davon, dass die Rekrutierung eines Jungakademikers frisch von der Hochschule weg ungefähr anderthalb Jahressaläre des Hoffnungsträgers verschlingt, also gut und gerne 120 000 Franken.

Auf diesen Wert kommt auch die bereits erwähnte Umfrage, die im Auf-
trag der A+O Career Group bei den 500 grössten Unternehmen durchgeführt wurde: Im Durchschnitt 117 000 Franken investieren Unternehmen in die Rekrutierung von Nachwuchskaderleuten, wobei die Streuung um diesen Mittelwert riesig ist und bis auf 800 000 Franken ansteigen kann.

Auf diesen Erkenntnissen baut das zumindest für die Schweiz neuartige Angebot auf, mit dem die A+O Career Group einen wichtigen Zukunftsmarkt erschliessen will. «Umfassende Leistungen in der Karriereberatung von Einzelpersonen und Gruppen», vom Career-Assessment über das Coaching bis zum Outplacement bietet das Unternehmen mit neun Niederlassungen in der Schweiz an.

Das Programm «Academic Talents», also sozusagen die Vorstufe zum bisherigen Geschäftsfeld, entstand aus einer Idee von Frau Dilek Ellan, die sie zunächst im Alleingang zu realisieren versuchte: High Potentials bereits in den Hochschulen ausfindig zu machen, sie in einem Pool mit einer überschaubaren Anzahl von Personen zusammenzufassen und mit einem begrenzten Pool von Unternehmen zu konfrontieren. Dabei ging es ihr nicht einfach um Personalvermittlung, sondern darum, den «perfect match» zu erzielen, also die passenden Kandidaten mit den passenden Unternehmen zusammenzubringen und den Prozess über längere Zeit hinweg zu begleiten.

Mit der einen Hälfte dieser Aufgabe, einen Pool von High-Potential-Studenten aufzubauen, kam die hoffnungsvolle junge Unternehmensgründerin gut voran. Auf der anderen Seite, bei den potenziellen Partnern unter den Unternehmen, stiess sie zwar auf Interesse, aber auch auf ein gehöriges Mass an Skepsis. Das veranlasste sie dazu, Partner zu suchen, die im Bereich Personal Coaching bereits etabliert waren. In Christian Buri, dem ehemaligen Departements-Personalchef beim Schweizerischen Bankverein und Mitgründer der A+O Career Group, fand Dilek Ellan diesen Partner und ist nun im Begriff, den ersten Jahrgang ihrer Academic Talents auf die Reise zu schicken.

Aus rund 3000 Bewerbern, vornehmlich betriebswirtschaftlicher Ausrichtung und mit einem Schwerpunkt auf der Hochschule St. Gallen, werden die High Potentials in einem mehrstufigen Verfahren ausgewählt. Mit Hilfe von Bewerbungsunterlagen, Einzelgesprächen und Group-Assessments werden jene Eigenschaften ermittelt, die für künftige Führungskräfte wesentlich sind. Die Auswahl ruht auf drei Säulen:

? Mit dem emotionalen Quotienten (EQ) werden die emotionale Intelligenz, die Reife sowie die kommunikative Kompetenz bestimmt.
? Der akademische Quotient (AQ) gibt Aufschluss über die Qualität von Abschlüssen, Auszeichnungen, wissenschaftlichen Arbeiten und Publikationen.
? Der Business-Quotient (BQ) misst unternehmerisches Denken, Führungsstärke, Projekt-, Krisen- und erste Arbeitserfahrungen.

Mainstream-Persönlichkeiten haben in diesem Auswahlverfahren nur geringe Chancen. Gefragt sind originelle, eigenwillige und flexible Menschen, die darauf brennen, Aufgaben und Verantwortung zu übernehmen. Wer nur darauf aus ist, eine sichere, gut bezahlte Stelle zu ergattern, dürfte ziemlich schnell durch den Raster fallen.

Andererseits wird ein Pool von Unternehmen gebildet, dem maximal dreissig potenzielle Arbeitgeber angehören sollen. Die Beschränkung macht Sinn, denn es geht ja nicht um die grösstmögliche Zahl von Kontakten, sondern um den «perfect match». Das setzt voraus, dass nicht nur die Bedürfnisse der künftigen Kaderleute präzis erfasst werden, sondern auch der Bedarf der künftigen Arbeitgeber. Und dazu bedarf es intimer Kenntnisse der Unternehmenskultur, der Abläufe und der Struktur des bestehenden Kaders. Das aber ist nur in einem zahlenmässig beschränkten Unternehmenspool möglich.

Für Unternehmen gibt es zwei Möglichkeiten, Zugang zum Talentpool zu finden. Am engsten ist die Kooperation über das Programm «Partnerfirma», mit dem man gegen einen Jahresbeitrag zum exklusiven Klub von maximal dreissig Unternehmen gehört, die Jahr für Jahr privilegierten Zugang zum jeweils neuen Pool von High Potentials geniessen. Mit dem Programm «Outsourcing» können Unternehmen die Dienste des «Academic Talents»-Pools je nach Bedarf in Anspruch nehmen.

Die richtigen Kandidaten mit den passenden Arbeitgebern zusammenzubringen, ist die eine Sache. Das geschieht einerseits durch Selektion, zum anderen durch das Angebot von Plattformen, auf denen sich die potenziellen Partner ohne Erfolgszwang treffen können.
Mit der Evaluation und der Selektion ist aber nur der erste Schritt getan. Zum High-Potential-Programm der A+O Career Group gehört das längerfristige Coaching vor, während und nach der Bewerbung. Dazu gehört die regelmässige Nachkontrolle, ob der «perfect match» tatsächlich perfekt war, ob sich die im Bewerbungsprozess entwickelten Vorstellungen auf beiden Seiten bestätigt haben, ob Korrekturen nötig sind.

Das «Academic Talents»-Programm bietet allen Beteiligten enorme Vorteile. Die Hochschulabgänger, die es in den erlauchten Kreis der High Potentials schaffen, können Selbstvertrauen daraus schöpfen, dass sie offenbar zu den Besten gehören. Und jene, die aus dem Rennen ausgeschieden sind, haben im Verlauf des Prozesses gelernt, worauf es ankommt, was ihnen bei künftigen Anläufen weiterhilft. Die begleitete Suche nach dem «perfect match» bietet den 200 Auserwählten zwar keine Garantie, den richtigen Arbeitsplatz auf Anhieb zu finden ? sie vermindert aber das Risiko von Fehleinschätzungen.

Für die beteiligten Unternehmen besteht der grösste Vorteil darin, dass sie regelmässigen Zugang zu den für sie passenden Toptalenten haben, ohne selbst aufwändige Assessment-Verfahren durchführen zu müssen. Das sichert auf längere Sicht die Kontinuität in der Führungsstruktur des Unternehmens. Die massgeschneiderte Auswahl vermindert die Personalfluktuation im Kaderbereich. Und schliesslich ist die externe Evaluation des Führungsnachwuchses meistens kostengünstiger. Sich selbst auf die Suche nach Toptalenten zu machen, können sich nur sehr grosse Unternehmen leisten. Für kleine und mittlere Unternehmen ist das Outsourcen geradezu zwingend.

Insgesamt dürften in der Schweiz zwischen 500 und 800 High Potentials pro Jahr die Hochschulen verlassen. Diesen Führungsnachwuchs möglichst lückenlos zu erfassen, ist nicht nur für die einzelnen Unternehmen lebenswichtig. Es ist auch von grosser volkswirtschaftlicher Bedeutung. Nicht minder wichtig ist es aber, auch dem anderen, dem «normalen» akademischen Nachwuchs und überhaupt allen jungen, ins Berufsleben eintretenden Menschen angemessene Perspektiven zu eröffnen. Wenn die richtigen Leute in Führungspositionen geschleust werden ? und darum geht es bei der Suche nach High Potentials ?, ist auch für die anderen der erste Schritt schon getan.