Der Begriff «Nachhaltigkeit» wird sehr häufig und sehr vielfältig eingesetzt. Dabei hat das Wort eine noch junge Geschichte. Erst 1987 rückte der Begriff «Sustainable development» ins Blickfeld von Politik und Öffentlichkeit. Ursprünglich verstand man darunter etwas, das «den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen und ihren Lebensstil zu wählen», wie es im Brundtland-Bericht der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung hiess.

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Heute nimmt vieles für sich in Anspruch, nachhaltig zu sein, und das Wort wird inflationär benutzt. Die Vernetzung von Natur, Wirtschaft und Sozialem hat dazu geführt, dass es in den unterschiedlichsten Zusammenhängen zum Einsatz kommt und damit verwässert wird. Denn so zahlreich der Begriff eingesetzt wird, so verschieden sind die Ideen, die dahinter stehen. Dies trifft nicht zuletzt auch auf nachhaltige Finanzprodukte zu.

Erstmals von kirchlichen Organisationen in den USA und Grossbritannien als Anlegerbedürfnis formuliert, haben «Socially responsible investments» (SRI), heute ein Anlagevolumen von rund 2200 Mrd Dollar. Auf dem europäischen Festland kennt man die «nachhaltige Geldanlage» erst seit rund 15 Jahren. Der Grundgedanke, welcher der angelsächsischen und der kontinentaleuropäischen Bewegung zu Grunde liegt, ist jedoch nicht derselbe: Bei SRI wurden Investments in bestimmte Branchen und Produkte aus ethischen Gründen untersagt. In Kontinentaleuropa hingegen drehte sich die Diskussion verstärkt um Investitionen in Umwelttechnik, um einen effizienten Einsatz von natürlichen Ressourcen in der Produktion sowie um eine ökologische und soziale Unternehmenspolitik.

Produziert das Unternehmen umweltfreundlich? Wird Diskriminierung am Arbeitsplatz unterbunden? Sind Waffen oder pornografische Inhalte vom Angebot ausgeschlossen? Kontrolliert das Unternehmen seine Lieferanten bezüglich Kinderarbeit? Dies sind typische Fragen, die den nachhaltigen Investor beschäftigen. Die Kriterien, nach denen Unternehmen auf ihre Nachhaltigkeit hin bewertet werden, sind entsprechend mannigfaltig und beziehen sich schon lange nicht mehr nur auf rein ökologische Aspekte. Dies wiederum stellt den Anleger vor eine neue Frage: Wie definieren und bewerten die Anbieter von nachhaltigen Finanzprodukten die Nachhaltigkeit?

Transparente Bewertung als Muss

Für den Investor ist der Bewertungsprozess oftmals eine Blackbox mit nicht nachvollziehbaren Ergebnissen. Nur transparente Bewertungsverfahren leisten einen Beitrag dazu, Licht in den Selektionsprozess zu bringen und schaffen beim interessierten Anleger Vertrauen. Schon seit Anfang der 90er Jahre ist deshalb die Nachhaltigkeitsbewertung bei der Bank Sarasin formalisiert und transparent: In deren «Sustainability-Matrix» werden sowohl einzelne Unternehmen als auch gesamte Branchen neben ihrer finanziellen Stärke auch auf Umwelt- und Sozialverträglichkeit hin überprüft.

In der Schnittmenge zwischen hohem Unternehmens- und hohem Branchenrating liegt das nachhaltige Anlageuniversum, das eine gute Performance in Aussicht stellt. Auf dieser Basis lassen sich sodann von den Portfolio-Managern aussichtsreiche Anlagestrategien verfolgen.

Ein Grund für den Erfolg von nachhaltig wirtschaftenden Unternehmen liegt darin, dass das Handeln dieser Unternehmen von allgemein anerkannten Wertvorstellungen getragen wird. Nachhaltigkeit basiert auf der so genannten kulturellen Kompatibilität: In jeder Gesellschaft gibt es konkrete Vorstellungen darüber, was als «gut» und «schlecht» verstanden wird. Dieser Konsens wirkt sich auch auf den Erfolg von Unternehmen aus. Stellt ein Unternehmen ein für «schlecht» befundenes Produkt her, muss es mit strengeren Restriktionen rechnen. Im Gegensatz dazu werden «gute» Produktionsmethoden gefördert und von vielen Menschen befürwortet. Für nachhaltige Anleger sind diese Unternehmen interessant, weil sie längerfristig von kostspieligen Sanktionen der Gesellschaft etwa Boykotte verschont bleiben.

In Performance-Studien wurde die Renditeentwicklung nachhaltiger Fonds im Vergleich zu herkömmlichen Produkten untersucht. Die Ergebnisse zeigen: Wer sozial- und umweltverträglich investiert, muss langfristig nicht auf Rendite verzichten. Spezielle Analysen ergaben, dass Aktien nachhaltiger Unternehmen im Vergleich zu anderen Unternehmen derselben Branche ein geringeres Risiko von Kursschwankungen relativ zum Gesamtmarkt haben. Allerdings entwickeln sich die erzielten Renditen je nach gewähltem Nachhaltigkeitskonzept in einzelnen Jahren nicht immer im Gleichschritt zum Gesamtmarkt. So können ethisch motivierte Ausschlüsse von Branchen und Unternehmen sowie die starke Berücksichtigung der Branchennachhaltigkeit grössere, positive wie negative, Abweichungen mit sich bringen, während reine Best-in-class- und damit relativ marktnahe Konzepte geringere Abweichungen aufweisen, aber dafür die durch Nachhaltigkeit bedingte längerfristige Performance-Chancen nicht voll nutzen.

Starkes Wachstum

Die Gruppe nachhaltiger Investoren wächst: Allein in der Schweiz ist das Investitionsvolumen nachhaltiger Publikumsfonds zwischen 1998 und 2003 von 550 Mio auf über 1,760 Mrd Fr. gestiegen. Das entspricht einem Wachstum von 220%. Herkömmliche Publikumsfonds sind im gleichen Zeitraum nur um 60% gewachsen. Die Wachstumsraten könnten allerdings noch grösser sein, denn zwischen dem gestiegenen Interesse und dem tatsächlichen Investitionsverhalten der Anleger klafft eine Lücke. Umfrageergebnisse zeigen, dass mangelnde Informationen Anleger von einem nachhaltigen Investment abhalten. Für die Anbieter von nachhaltigen Produkten stellt sich deshalb folgende Aufgabe: Sie müssen umfassende und differenzierte Informationen über Bewertungsprozesse und Produkte liefern. Dies wird nicht nur von der Anlegergemeinde verlangt, sondern hilft auch, das vorhandene Potenzial voll auszuschöpfen.

Umwelteffizient arbeitende Firmen mit gutem Sozialmanagement

- reduzieren die Kosten: Umweltschutz kostet Geld kein Umweltschutz kostet oft mehr (z.B. hohe Entsorgungskosten, wenn kein Abfallvermeidungsprogramm besteht);

- erhöhen die Produktivität: Faires Verhalten gegenüber Mitarbeitern und anderen Sozialpartnern zahlt sich aus (z.B. sind zufriedene Mitarbeiter leistungsfähiger und motivierter);

- verbessern die Absatzchancen: Für umwelt- und sozialverträglich erzeugte Produkte besteht eine zunehmende Nachfrage von Unternehmens- und Konsumentenseite (z.B. fordern dies Einkaufsrichtlinien zahlreicher Firmen);

- bringen bessere Anlageerträge: Der Markterfolg nachhaltiger Unternehmen widerspiegelt sich in einer guten Rendite nachhaltiger Finanzprodukte.

Andreas Knörzer, Leiter Sustainable Investments, Bank Sarasin & Cie AG, Basel.