«Wenn sich passende Gelegenheiten bieten, haben wir in den vergangenen Jahren gezeigt, dass wir zugreifen», sagte Nestlé-Manager Carsten Fredholm, der für die gruppenweite Strategie von Nescafé zuständig ist, der Nachrichtenagentur Reuters. Im Visier hat der Nahrungsmittelkonzern vor allem den grössten Kaffeemarkt USA.

Das Geschäft rund um das koffeinhaltige Getränk spielt für Nestlé eine wichtige Rolle. Schliesslich hat Konzern-Chef Mark Schneider den Bereich mit Marken wie Nescafé und Nespresso neben Tiernahrung, Wasser und Babynahrung zu einem von vier Geschäftsfeldern auserkoren, die dafür sorgen sollen, dass Nestlé bis 2020 wieder auf Wachstumsraten von rund fünf Prozent kommt - nach zuletzt 2,8 Prozent.

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Die jüngsten Zukäufe untermauern die Strategie von Schneider. Für gut sieben Milliarden Dollar wollen die Schweizer das Detailhandelsgeschäft von Starbucks übernehmen. Es ist der dritte Zukauf im Kaffeegeschäft in den USA innerhalb kurzer Zeit: Seit Herbst vergangenen Jahres hat Nestlé dort auch die Premiumkaffee-Kette Blue Bottle und den Spezialanbieter Chameleon gekauft. Mit den Zukäufen wollen die Schweizer vom rasch wachsenden und gewinnträchtigen Kaffeegeschäft ausser Haus profitieren und sich die neuesten Trends wie kalt zubereiteten Kaffee (Cold Brew) zueigen machen.

An Zukaufsmöglichkeiten im Kaffeegeschäft mangelt es nicht

Experte Andrew Hetzel erwartet weitere Übernahmen in der Branche: Grosse Konzerne wie Nestlé oder die JAB Holding der deutschen Milliardärsfamilie Reimann (Jacobs, Senseo und Tassimo) seien auf der Suche nach kleinen Anbietern, die schneller auf die rasch wechselnden Konsumgewohnheiten reagieren könnten. «Die Herausforderung für grosse Kaffeefirmen besteht darin, dass sie für die Konsumenten relevant bleiben», sagte Hetzel, der seit knapp zwei Jahrzehnten als Berater in der Branche tätig ist.

Für Nestlé sei das mit ein Grund für die Übernahme der Anfang der 2000er-Jahre gegründeten Kaffeekette Blue Bottle gewesen, neben den eigenen Läden auch über das Internet Kaffee verkauft, sagte Nestlé-Manager Donald Howat, der unter anderem für Nescafé Gold zuständig ist. Neben Einblick in neue Trends gewinne der Konzern dadurch auch mehr Gewicht am US-Markt. «Es gibt Pläne, die Marke Blue Bottle auszubauen. Es geht sehr um Wachstum», sagte er.

Das Kaffeegeschäft ausser Haus wächst weltweit stark - angetrieben durch die steigende Popularität von kleinen Spezialkaffeeläden, die nicht bloss normalen Kaffee verkaufen, sondern Cappuccinos und Lattes in verschiedenen Geschmacksrichtungen nach den Wünschen der Kunden. Unterwegs sind die Konsumenten auch bereit, für ihren Kaffee deutlich mehr Geld auszugeben als in den eigenen vier Wänden. Die steigende Popularität kleiner unabhängiger Läden bekommt auch Starbucks zu spüren: Weil der Konzern durch die zunehmende Konkurrenz langsamer wächst, will er im kommenden Geschäftsjahr 150 Niederlassungen in den USA schließen.

Innovationen sollen Wachstum von Nescafé antreiben

Nestlé ist nach Daten des Forschungsinstituts Euromonitor mit einem Marktanteil von knapp 23 Prozent der grösste Kaffeeanbieter der Welt. Doch einige Konkurrenten haben den Abstand durch diverse Übernahmen und Zusammenschlüsse verkleinert. Um den Vorsprung zu halten, will Nestlé die Konzernmarke Nescafé ausbauen. Sie trägt mit Erlösen von zwölf Milliarden Franken mehr als ein Zehntel zum gesamten Jahresumsatz bei. Mit dem Kapselkaffee Nespresso setzt der Konzern pro Jahr über fünf Milliarden Franken um, während das Starbucks-Detailhandelsgeschäft auf einen Jahresumsatz von rund zwei Milliarden Franken kommt.

Um den Absatz anzukurbeln, will der Konzern bei der 80 Jahre alten Marke Neues ausprobieren, sagte Fredholm. «Man muss experimentierfreudig sein und sollte keine Angst davor haben, zu scheitern», sagte er. In Großbritannien etwa versucht Nestlé den Kunden Nescafé unter der Premiummarke Azera Nitro schmackhaft zu machen, der kalt gezapft wird und eine kleine Schaumkrone hat - ähnlich wie Guinness-Bier.

Der Name Nescafé steht in vielen Regionen vor allem für Löskaffee. Unter Nescafé Dolce Gusto vertreibt Nestlé jedoch auch Kaffeemaschinen und Kapseln mit Bohnenkaffee - etwa in Firmen und Hotels. Um die Marke ausser Haus bekannter zu machen, müsse Nestle nicht notwendigerweise eine eigene Ladenkette besitzen, sagte Fredholm. Der Konzern könne beispielsweise auch mit anderen Anbietern zusammenarbeiten und sicherstellen, dass die eigene Marke sichtbar sei - ähnlich wie Coca Cola das mache.

(reuters/mlo)