Die Aussage «Die Schweiz ist gebaut!» ist vielerorts zu hören und zu lesen. Diese These stützt sich auf die Tatsache ab, dass in den letzten 15 Jahren eine sinkende Angebotsausdehnung zu beobachten war. Auch in näherer Zukunft rechnen wir mit einer moderaten Entwicklung im Neubau. Dagegen dürften Altbauten häufiger umgenutzt und den veränderten Bedürfnissen angepasst werden.

Die Neubautätigkeit von Wohnungen und Häusern hat in der Schweiz deutlich nachgelassen. Während das Wohnungsangebot in den 70er und 80er Jahren um durchschnittlich 1,5% pro Jahr ausgeweitet wurde, hat sich die Angebotsausdehnung zu Beginn des neuen Jahrtausends auf unter einem Prozent eingependelt. Im laufenden Jahr rechnet das Economic Research der Credit Suisse zwar mit einer neu erstarkten Bautätigkeit, in den kommenden Jahren ist jedoch wieder von deutlich schwächeren Wachstumsraten auszugehen.

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Renovationen unumgänglich

Dagegen wird der alternde Gebäudebestand in der Schweiz mittelfristig vermehrt Renovationen auslösen. Um den Qualitätsansprüchen der Mieter und Käufer gerecht zu werden und um Leerstände zu vermeiden, müssen Altbauten durch Umbauten saniert werden. Renovationsausgaben werden vielerorts unumgänglich.

Raumplanung wirkt wenig

Heute leben bereits 75% der Schweizer Bevölkerung in städtischen Gebieten. Diese bestehen aus den Gross-, Mittel- und Kleinstädten sowie den Agglomerationsgemeinden. Die grössten Bevölkerungszunahmen verzeichneten in den letzten Jahren nicht die Kernstädte, sondern die umliegenden Gemeinden im Agglomerationsgürtel.

Die Ausweitung im Schweizer Immobilienmarkt hat somit trotz Anstrengungen in der Siedlungsbegrenzung in den letzten Jahrzehnten hauptsächlich in der Fläche stattgefunden. Diese Gefahr wurde früh erkannt. Schon im Raumplanungsgesetz von 1969 wurde die haushälterische Nutzung des Bodens als Hauptziel definiert und eine innere Verdichtung angestrebt. Doch bei der Umsetzung dieser Ziele hapert es seit eh und je. Noch heute wächst die Siedlungsfläche jede Sekunde um rund 0,9 m2 und Kulturland verschwindet. Trotz Anstrengungen konnten die Agglomerationsausdehnung und die daraus resultierende Verstädterung der Schweiz nicht gestoppt werden.

Um die Zersiedelung der Landschaft zu verlangsamen, muss dichter gebaut werden. Aber wo? Gerade in den Städten könnte durch den Bau von Hochhäusern mehr Wohnraum geschaffen werden. Um dies zu ermöglichen, müssten die Gemeinden allerdings Zugeständnisse bei der Ausnutzung des Bodens machen. Eine Erhöhung ebendieser Ausnutzung würde mittelfristig eine Verdichtung, welche beispielsweise in einer höheren Bauweise zum Ausdruck kommt, nach sich ziehen. Durch die intensivere Bebauung der Grundstücke würde sich der Abriss alter Gebäude vermehrt lohnen, da das Bauen von mehr Wohneinheiten auf derselben Parzelle möglich wäre. Dies führt zu höheren Mieteinnahmen oder grösseren Verkaufserlösen. Neben den Zentren könnten aber auch die Verdichtungen in den Agglomerationsgemeinden der Kernstädte Abhilfe schaffen. In diesen Gebieten ist die dichtere Bebauung jedoch oft nur durch den Abbruch von Ein- und Zweifamilienhäusern möglich, was auf Widerstand stossen dürfte.

Bremsen der Zersiedelung

Die Zersiedelung der Landschaft kann weiter durch marktkonforme Umbauten oder Renovationen verlangsamt werden. Gerade im Umbau eröffnet sich ein grösser werdendes Potenzial. In der Schweiz wurde in den letzten Jahren lediglich rund ein Viertel der gesamten Wohnbauinvestitionen für Umbauten eingesetzt. In einigen Regionen der Schweiz ist die Gebäudestruktur vergleichsweise alt. Diese Liegenschaften können oft mit mittleren Investitionstätigkeiten an die geänderten Präferenzen der Personen (grössere Fläche, offen gestaltete Wohnräume, moderner Innenausbau) angeglichen werden. Dadurch sichern sich Eigentümer von Mietwohnungen eine marktkonforme Rendite und verkleinern das Leerstandsrisiko.

Abnutzung mindert Qualität

Durch Abnutzung sinkt die Qualität der Wohnung über die Zeit und entspricht dann nicht mehr den Anforderungen der bisherigen Nachfrager. Doch auch veränderte Einkommensströme verursachen Wohnungswechsel. Dieser aus der Theorie bekannte «Filtering»-Prozess unterstellt, dass Haushalte mit steigenden Einkommen aufgrund der sich wandelnden Präferenzen in Wohnungen des oberen Teilmarktes umziehen. Mieter- oder Käuferschichten mit unverändertem Einkommen übernehmen die freigewordenen Wohnungen, die durch den Leerstandsdruck am Wohnungsmarkt im Preis gesunken sind. Dieses Muster spielt bei perfekten Teilmärkten für alle Haushalte, bis die letzten Einkommensschichten in einen oberen Teilmarkt nachrücken und die Wohnungen mit den tiefsten Qualitätsstandards aus dem Markt ausscheiden. Dadurch erfährt die Wohnung im Zeitablauf einen ständigen «Filtering down»-Prozess, bis die Nutzung für Wohnzwecke nicht mehr rentabel ist und die Wohnungen aus dem Markt ausscheiden. Durch Renovations- und Sanierungsmassnahmen können die Wohnungen länger auf einem Qualitätsniveau gehalten und der «Filtering down»-Prozess verlangsamt werden. Auf der anderen Seite wird durch Modernisierung und daraus resultierender Qualitätsverbesserung einer Wohnung ein «Filtering up» ermöglicht, das heisst, eine Wohnung kann nach der Sanierung auf einem höheren Teilmarkt zu höheren Mietzinsen angeboten werden.

Pascal Roth und Ulrich Braun, Mitarbeiter, Bereich Real Estate Analysis, Credit Suisse Economic Research, Zürich.

Mietzinsdifferenzen bei Alt- und Neubauwohnungen

Der Umbau wird wichtiger: Preissteigerungen bei neu erstellten Mietwohnungen lassen sich beim derzeitigen Nachfrageüberhang relativ einfach durchsetzen. Die Preisschere zwischen den Mieten von Neu- und Altbauwohnungen hat sich in den vergangenen Jahren noch weiter geöffnet. Nur teilweise sind allerdings diese sich ausweitenden Mietzinsdifferenzen auf eine Verbesserung der Qualität und auf die Vergrösserung der Flächen bei den Neubauwohnungen zurückzuführen. Trotz steigender Zinsen erwarten Beobachter 2005 kaum Mietzinseinbussen. Die steigenden Zinsen werden zu anziehenden Bestandesmieten führen, im Neubau sind hingegen keine Aufschläge mehr zu erwarten.

An attraktiven Standorten und zentrumsnahen Lagen werden die Mietzinsen weiterhin auf hohem Niveau verharren. Preiskorrekturen und somit Einbussen bei der Rendite werden in erster Linie in Mietobjekten an weniger attraktiven Lagen zum Tragen kommen. An diesen Standorten kann durch Umbau oder Renovationen (das so genannte «Filtering up») von Wohnungen ein attraktiveres und somit deutlich marktkonformeres Angebot geschaffen werden. Der Umbau ist zudem ein notwendiger Prozess, um zu erreichen, dass die Zersiedelung in der Schweiz nicht im heute erreichten hohen Tempo fortschreitet.