Die Raiffeisen-Gruppe gibt sich neue Strukturen. So schafft sie neue Gremien, mit denen sich die einzelnen Raiffeisenbanken bei der Zentralorganisation Raiffeisen Schweiz einbringen können. Damit soll eine Machtfülle der Zentrale wie in der Ära des früheren CEO Pierin Vincenz verhindert werden.

Für die Raiffeisen-Gruppe sei dies ein «Freudentag», sagte Verwaltungsratspräsident Guy Lachappelle am Samstag im Anschluss an die ausserordentliche Delegiertenversammlung in Zürich vor den Medien.

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Die Versammlung hiess den neuen Austausch zwischen den Organen von Raiffeisen Schweiz und den neuen Gremien mit grosser Zustimmung gut – teilweise hätten fast «chinesische Verhältnisse» geherrscht, sagte Kurt Sidler als Vertreter der Regionalverbände.

«One bank, one vote»

Dabei dürfte es sich um die letzte Raiffeisen-Delegiertenversammlung in der heutigen Form gehandelt haben: Künftig wird die Gruppe Generalversammlungen abhalten, an der nach dem Motto «one bank, one vote» jede der insgesamt 229 Raiffeisenbanken vertreten sein wird.

Bisher haben die 21 Regionalverbände eine nach einem mathematischen Verteilschlüssel festgelegte Zahl an Delegierten an die Versammlung entsandt.

Neuer RB-Rat

Die neu geschaffenen Gremien widerspiegeln quasi die bestehenden Gremien von Raiffeisen Schweiz. Neben einer Eignerversammlung (EV) wird es künftig einen «Raiffeisenbanken-Rat» (RB-Rat) geben, der mit dem Raiffeisen-Verwaltungsrat im Austausch stehen wird und gleich viele Personen umfasst.

Auch auf Ebene der Geschäftsleitung von Raiffeisen Schweiz wird es in der neuen Struktur eine Entsprechung auf der «Eigner-Seite» geben. Der Geschäftsleitung wird eine «Koordination Fachgremien» entgegengesetzt, die nach den gleichen Departementen wie die Gruppenleitung gegliedert ist.

Meinungsaustausch

Die neuen Gremien sollen einen Meinungsaustausch über strategische Fragen und - auf Ebene der Fachgremien – auch über einzelne Projekte ermöglichen. Die Gremien der «Eigner» verfügen allerdings über keine Kompetenzen. «Der RB-Rat kann aber etwa kundtun, was die Banken gerne möchten», sagte Sidler.

Zufrieden mit den neuen Strukturen zeigte sich auch Raiffeisen Schweiz-CEO Heinz Huber: «Wir von Raiffeisen Schweiz profitieren enorm», gab er sich überzeugt. Es gebe nun «klare und legitimierte Ansprechpartner» und einen «institutionalisierten Meinungsaustausch». «Das schafft Transparenz und Vertrauen.»

Die neuen Strukturen seien auch mit der Finanzmarktaufsicht Finma abgestimmt, sagte Lachappelle. Gänzlich vom Tisch ist allerdings die Finma-Anregung, die Raiffeisen Schweiz als Aktiengesellschaft zu organisieren: «Wir bleiben beim genossenschaftlichen Modell», so Lachappelle.

Offene Fragen

Des weiteren beschlossen die Raiffeisen-Delegierten, dass künftig konsultativ über die Vergütung der Raiffeisen Schweiz-Organe im Folgejahr abgestimmt wird. Mit «überwältigendem Mehr» wurde zudem Anne Bobilier neu in den Verwaltungsrat von Raiffeisen Schweiz gewählt.

Abgeschlossen ist der Reformprozess allerdings damit noch nicht. Eine offene Frage bleibt etwa weiterhin die Verselbständigung der sechs von Raiffeisen Schweiz geführten Niederlassungen. «Erste wichtige Vorentscheide wollen wir im Verlauf des nächsten Jahres den Banken vorlegen», sagte Lachappelle dazu.

Keine Décharge

Einmal mehr kein Traktandum war die Erteilung der Décharge für das Jahr 2017. Bevor diese der Generalversammlung vorgelegt werde, wolle Raiffeisen «in Kenntnis aller Tatsachen sein», sagte Lachappelle. Die Bank wartet vor allem das Verfahren gegen ihren früheren CEO Vincenz ab.

Gegen den 2015 als Raiffeisen-CEO zurückgetretenen Pierin Vincenz läuft eine Strafuntersuchung der Zürcher Staatsanwaltschaft wegen möglicher ungetreuer Geschäftsbesorgung. In seiner Zeit als CEO, als Raiffeisen durch eine starke Expansion und zahlreiche Übernahmen aufgefallen war, soll er sich laut den Vorwürfen bei Firmenübernahmen auch persönlich bereichert haben.

(sda/mbü)