Mitte Mai ist der offene Versicherungsmarktplatz «Simpego» an den Start gegangen. Entwickelt wurde er von der Basler Firma Creadi. Diese Firma mit 15 Angestellten ist zwar eine 100-prozentige Tochterfirma der Pax. Aber auf Simpego (Verkürzung für «simple to go») werden auch weitere Versicherer wie die Baloise, Helvetia, Dextra, Vaudoise und Coop Rechtsschutz ihre Produkte verkaufen.

«Wir sind ein innovatives Start-up und beschäftigen uns mit Versicherungen und versicherungsnahen Geschäften», sagt Creadi-CEO Désirée Mettraux im Gespräch. Die Creadi AG ist dabei in einer Doppelrolle: Einerseits sollen Innovationen vorangebracht werden. Andererseits ist es auch ein Profit-Center für Pax, mit eigener P+L. Auch das HR, das Setup und die eigenen Büros in einer beschaulichen Reiheneinfamilienhaus-Gegend von Basel funktionieren losgelöst und selbständig von der Mutterfirma. Das ist, so Mettraux, wichtig für die Unabhängigkeit. «Denn wir verkaufen unsere Lösungen nicht nur an Pax».

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Basel als Epizentrum

Das Creadi-Projekt wurde vor zweieinhalb Jahren vom Pax-Verwaltungsrat ins Rollen gebracht. Nach den Aufbauarbeiten, dem Bau erster «minimal viable Products» (MVP, eine Art Prototyp, die eine Vorstellung vermittelt, wie das spätere Produkt aussehen und funktionieren könnte) ist man jetzt mit Simpego bereit. Man spricht auch mit Banken über den Verkauf weiterer Produkte. Die Simpego-Plattform ist prinzipiell mit offenen Schnittstellen ausgelegt und API-fähig. Mit solchen offenen Schnittstellen lässt sich alles in andere Plattformen einbinden – und umgekehrt. Wobei es aber keinen Austausch von Daten mit Pax gibt. Es werden lediglich die Daten erhoben, die für die Berechnung des Risikos und des Preises wichtig sind.

Die Programmierung der Apps findet in Basel statt. Creadi hat auch Versicherungsspezialisten in den eigenen Reihen. Diese geben wichtiges Wissen weiter. «Aber wir streben dennoch an, dass wir nicht aus einer Versicherung heraus innovieren», so Désirée Mettraux. Basel sei für sie ein sehr guter Standort. «Es gibt eine rege Start-up-Szene im Bereich Biotech und Life Sciences», weiss die Expertin. Zudem wurde ein Impact-Hub-Innovationstreffpunkt eingerichtet. Basel glänze auch durch die Mischung verschiedener Kulturen; sprachliche Hindernisse gebe es nicht. Weitere Insur-Techs gibt es nicht. «Das stärkt auch unsere eigene Position», so Mettraux. «Denn in bestimmten Bereichen muss man das Personal so oder so von auswärts holen.»

Policen-Shop

Simpego erlaubt ein vollständig digitales Onboarding. Es werden unterschiedliche Produkte aus den Bereichen Life und Non-Life (Reisen, Hausrat, Mobilität, Motorfahrzeuge, Haustiere usw.) angeboten. Bei den Personenversicherungen zielt man auf die drei wichtigen Profile «Abenteurer», «Geschäftsreisende» und «Familien» ab. Es gibt auch Empfehlungen für die Kunden, wie welche Versicherungen optimal kombiniert werden können. «Es wird eine Shop-Erfahrung geben», so Mettraux, «der Kauf einer Versicherung soll auch Spass machen.» Simpego versteht sich auch als Plattform, welche die Auswahl unter Versicherungsprodukten erleichtern und transparent darstellen soll.

Regulierungstechnisch ist Creadi ein Broker und man stellt das Geschäftsmodell auf Vermittlungsgebühren. «Aber wir haben keine Broker-Mandate von den Kunden», präzisiert Désirée Mettraux. Unpersönliche Angebote für die breite Masse hätten ausgedient. Umfassender Service sei gefragt, der über den blossen Versicherungsschutz hinausgeht. «InsurTechs bieten Versicherungsprodukte an, die aufs Individuum zugeschnitten sind und betreuen ihre Kunden vor, während und nach dem Abschluss optimal», sagt Mettraux. «Wir arbeiten mit allen Versicherungen zusammen, die gute Produkte haben», ergänzt die CEO. «Wir sind technisch so ausgereift, dass wir mit jeder Technologiereife des Partners umgehen können. Und schliesslich: Es kommen immer mehr zu uns, das Interesse ist gross.»

Zu den weiteren Ausbauschritten äussert man sich nur vage – man will sich bewusst nicht konkret äussern. So sollen auch Funktionen entwickelt werden, die anzeigen, in welchen Bereichen Versicherte über- und in welchen sie unterversichert sind. Auch soll es Funktionalitäten für ein reibungsloses Claims Management geben. Und in noch etwas weiterer Ferne sind Angebote für ganz kleine KMUs. Dazu gehören Freelancer, «digitale Nomaden», die alleine oder nur mit ganz wenigen Angestellten arbeiten. «Solche jungen Firmen sind das ideale Zielpublikum», glaubt Désirée Mettraux. «Der Mindset ist ähnlich wie bei uns und zusammen mit Pax und weiteren lassen sich attraktive Start-up-Pakete schnüren, die auch Themen der beruflichen Vorsorge einschliessen.»

Ungewisse Aussichten

Ob und wie die Rechnung für Simpego aufgehen wird, ist laut Analysten offen. Plattformen, die das Amazon-Konzept auf Finanzdienstleistungen wie Versicherungen übertragen, sind lediglich in einigen aufstrebenden Märkten wie China halbwegs erfolgreich. Versicherungsprodukte werden lediglich von einer Minderheit von Kunden aktiv nachgefragt. Die meisten Kunden fragen eher nach Kombinationen von Produkten oder Services mit «eingebetteten» Versicherungen (Produkte, Haftpflicht usw.), also beispielsweise bei Handy-Versicherungen beim Abschluss eines Smartphone-Kaufvertrages. Oder sie suchen schlicht den günstigsten Anbieter über grosse Vergleichsplattformen – aber auch nur, weil sie es müssen. Und wo Policen aktiv nachgefragt werden wie in einigen P&C-Bereichen, da haben sich eher zielgerichtete, spezialisierte Apps und weniger die grossen Marktplätze etabliert. Aber vielleicht wird man dereinst Simpego in einem Atemzug mit Amazon nennen – weil die Basler etwas geschafft haben, woran andere zuvor gescheitert sind.