Ihre Privatbank Baumann & Cie im Dreiländereck Basel hat etliche Kunden aus Deutschland. Geben Sie denen Tipps, wie man am besten Geld über die Grenze bringt?

Niklaus Baumann: Wir haben sehr viele deutsche Kunden, von denen ich weiss, dass sie ihr Geld versteuert haben. Hier braucht es also keine Tipps. Der Zufluss von so genannten Schwarzgeldern ist praktisch nicht vorhanden. Als ich vor 30 Jahren zur Bank stiess, waren 90% der Kunden Deutsche. Heute sind über 50% der verwalteten Vermögen schweizerisch. Das hat sich gewaltig verändert. Die Deutschen bleiben aber die wichtigste Einzelnation bezüglich Kunden.

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Die Grenzkontrollen haben aber zugenommen, einige Kunden scheinen verunsichert. Spüren Sie deswegen einen Rückgang beim Neugeldzufluss?

Baumann: Nein. Klar, die Kontrollen sind da, aber mir ist in unserer Bank in den letzten fünf Jahren kein Fall bekannt geworden, dass ein Kunde an der Grenze Schwierigkeiten hatte.

Von kotierten Privatbanken weiss man um die Schwierigkeiten beim Neugeldzufluss im Kerngeschäft, der Vermögenswerwaltung von wohlhabenden Leuten. Wie sieht das bei Ihnen aus?

Baumann: Im letzten Jahr hatten wir bei Baumann einen Neugeldzufluss von etwas mehr als 5%. Man muss die Gelder aber hart erkämpfen, vor allem aus dem Ausland.

Welche Rolle spielt dabei der Druck auf das Bankgeheimnis oder die Einführung der Zahlstellensteuer in diesem Jahr?

Baumann: Es spielt eine Rolle, indem der Erklärungsbedarf da ist. Das ist eine tägliche PR-Arbeit und ein Aufwand. Bei unseren Privatkunden geht das noch. Aber bei ausländischen institutionellen Kunden, da müssen wir hinreisen und erklären.

Das kräftige Wachstum im internationalen Private-Banking-Geschäft kommt aus Schwellenländern, dem Nahen Osten oder den USA. Sie können dort aber kaum vor Ort präsent sein.

Baumann: Das Wachstum kommt aus Ländern wie China oder Indien, das ist klar. Pictet oder Lombard Odier Darier Hentsch stehen dort zum Beispiel vor Ort bereit. Für uns ist das anders. Wir und andere Privatbankiers werden dort vor Ort nichts unternehmen.

Anders gefragt: Wie können die kleineren Privatbanken längerfristig ihr Überleben sichern? Wo liegt das Wachstum? Und welches sind Ihre Kunden der Zukunft?

Baumann: Die Chance ist da, indem mehr Banken verschwinden werden. Zudem werden Grossbanken grösser und fusionieren. Es gibt aber immer Leute, die eine kleinere Bank oder einen Nischenplayer bevorzugen. Da haben Sie den persönlichen Kontakt und Garantie auf Kontinuität. Wir sind deshalb gar nicht unglücklich, wenn sich die Grossbanken schlucken.

Werden sich auch die Banken der Privatbankiervereinigung gegenseitig schlucken?

Baumann: Wir haben das ja schon gehabt: Bei Lombard Odier Darier Hentsch. Die haben offensichtlich Synergien gesehen und haben sich bereits sehr gut gekannt. Die Kultur muss übereinstimmen. Wir wollen nicht so Probleme erfahren, die wir bei der Zusammenführung von Bankgesellschaft und Bankverein gesehen haben. Ich sehe im Moment keine Privatbankiers, die zusammen in Fusionsgesprächen sind oder dies wollen. Aber wir müssen die Zukunft flexibel anschauen, und irgendwann heisst es vielleicht: Jetzt müssen wir und wollen wir.

Eben: Die Privatbankiervereinigung umfasste nach dem Zweiten Weltkrieg etwa 60 Institute, heute sind es noch deren 13. Gibt es Ihre Organisation in 30 Jahren überhaupt noch?

Baumann: Sie meinen mit einer Bank als Mitglied? (lacht) Doch, ich bin überzeugt davon, weil wir eine Nische ausfüllen, während andere Banken untergehen werden. Fusionen und Übernahmen gibt es bei den Vermögensverwaltungsbanken. Unsere Mitglieder stehen zum persönlich haftenden Unternehmertum. Sie schauen das als Asset an.

Die Zukunft der Gesellschaftsform von Teilhabern, die mit ihrem persönlichen Vermögen haften, wird aber auch angezweifelt.

Baumann: Diese Rechtsform hat Zukunft. Wir sind sehr flexibel beim sich Anpassen an die Märkte und an die Umwelt. Wir haben keine langen Instanzenwege. Der Partner kennt den Grossteil der Kunden und Mitarbeiter. Das ist ein grosser Vorteil.

Ein anderes Problem bei Privatbanken ist die fehlende Nachfolge bei den Besitzerfamilien.

Baumann: Das ist ein ernsthaftes Problem. Das Bankengeschäft ist schwieriger geworden. Früher spielte es nicht eine so grosse Rolle, ob jemand ein begnadeter Wirtschaftsmensch war oder nicht. Es kam mehr auf die Persönlichkeit an und den guten Namen der Familie. Das hat sich weit gehend geändert. Bei qualitativ besseren Leuten entscheiden sich die Banken heute oft für Leute ausserhalb der Familie.

Findet man denn überhaupt noch Leute, die sich als Teilhaber einkaufen wollen?

Baumann: Es gibt genug Leute, die unternehmerisch tätig sein wollen. Oftmals ist es aber so, dass es Leute gibt, die genügend Geld haben, aber nicht wissen, was arbeiten heisst. Auf der anderen Seite gibt es Leute, die arbeiten können, aber kein Geld haben, weil sie noch jung sind. Alle Banken haben daher ein System, welches den Leuten hilft, um sich einkaufen zu können.

Die Grossbanken suchen wieder vermehrt gute Private Banker. Wie sieht die Entwicklung bei den Instituten Ihrer Vereinigung aus?

Baumann: Zurzeit werden die Personalbestände wieder erhöht, nachdem bis vor eineinhalb Jahren generell reduziert worden war. Für uns ist es nicht schwer, Spezialisten zu finden. Es hat sehr viele Leute, die sich bei einer grösseren Bank in einer Mühle fühlen und nicht die genügenden Freiheiten haben. Deshalb wollen viele bei einer Privatbank arbeiten gehen.

Zur Politik: Wie stehen Sie zu den Bilateralen II?

Baumann: Meine persönliche Meinung ist, dass das etwas Gutes ist, das wir annehmen müssen. Besser wäre gewesen, wenn es nie notwendig geworden wäre. Ich bin kein Freund eines Beitritts zur Europäischen Union. Aber wir müssen vorbereitet sein. Das war schon zur Zeit bei der Abstimmung zum Europäischen Wirtschaftsraum so. Ich fand es schade, dass wir damals nicht dem EWR beigetreten sind. Wir müssen gesetzmässig vorbereitet sein, falls es durch äussere Zwänge unumgänglich wird, der EU beizutreten.

Sind denn die Bilateralen der erste Schritt zum Beitritt in die EU?

Baumann: Nein. Es ist ein Anpassen an ein Umfeld, das nötig ist, dass man nicht total ins Offside gerät.

Eines der Mitglieder der Privatbankiervereinigung, Konrad Hummler von der Bank Wegelin in St. Gallen, ist da aber ganz anderer Meinung.

Baumann: Ich beurteile Konrad Hummler als hochintelligenten Menschen. Er äusserte seine persönliche Meinung und nicht die des Bankensektors. Ich finde, das gehört zu der persönlichen Freiheit der Privatbankiers, solche Meinungen äussern zu können.

Warum sind Sie kein Freund eines EU-Beitrittes?

Baumann: Als Privatbankiers sind wir Individualisten. Wir legen sehr viel Wert auf die persönliche Freiheit und die Unternehmensfreiheit. Je grösser ein Gebilde ist, in das man eingebunden wird, desto unangenehmer wird es. Wenn sich die Schweiz ein Image kreieren kann, das von anderen Ländern akzeptiert wird, dann hat ein Alleingang eine Zukunft.

Die ausländische Kritik am Bankgeheimnis nimmt nicht ab. Aber in uns hallt noch immer die prominente inländische nach von Hans J. Bär, wonach das Bankgeheimnis «fett, aber impotent» mache. Ein Rückenschuss?

Baumann: Ich fasste die Aussage als «eigenartig» auf. Mir scheint, er musste in einem Altersreifeprozess etwas loswerden, das irgendwie auf einer Art schlechtem Gewissen basiert. Aber auch hier: Das ist seine persönliche Meinung. Ich hätte es auf der anderen Seite sicher nicht lustig gefunden, wenn mein Seniorpartner so etwas gesagt hätte. Aber das ging im Hause Bär auch so. Der Druck auf das Bankgeheimnis aus dem Ausland, zum Beispiel von der OECD, wird immer da sein, ob wir bei den Bilateralen mitmachen oder nicht. Wir müssen einfach beweisen, dass wir in der Schweiz eine so gute Regulierung haben, dass alles sauber ist.

Ihr Kollege Pierre Mirabaud, der Präsident der Schweizerischen Bankiervereinigung, versucht, sich der Kritik von aussen mit einer Verschärfung der Tonart zu erwehren. Er bezeichnet den Finanzplatz London und die Trusts als Paradies für Geldwäscher. Ist das die richtige Strategie?

Baumann: Es kann einem natürlich schon mal aushängen, wenn man hört, wie die mit uns umgehen. Daher ist seine Reaktion verständlich. Ob es etwas nützt? Das weiss ich nicht. Aber in der Sache Härte zeigen, das ist, glaube ich, schon notwendig. Mit Trusts kann man Sachen machen, die in der Schweiz schon lange nicht mehr möglich sind.

Interview: Daniel Hügli

Der Privatbankier

Steckbrief

Name: Niklaus C. Baumann

Funktion: Teilhaber Baumann & Cie, Banquiers, Basel

Alter: 60

Karriere

Nach dem Studium der Jurisprudenz in Zürich Tätigkeiten bei Landis & Gyr und beim Bankverein in Zug, danach bei der Société de Banque Suisse in Genf.

Seit 1974 bei Baumann & Cie,

ab 1980 als Teilhaber. Das Amt des Präsidenten der Vereinigung Schweizerischer Privatbankiers wird Niklaus Baumann dieses Jahr abgeben.

Vereinigung Schweizerischer Privatbankiers

«Privatbankier» ist nicht «Privatbank»: «Der Privatbankier ist ein Unternehmer des privaten Bankgewerbes, der mit eigenem Kapital, unbeschränkter Haftung seines Gesamtvermögens und alleiniger Entscheidungsbefugnis Bankgeschäfte betreibt.» So umschrieb der ehemalige Präsident der Vereinigung Schweizerischer Privatbankiers, Alfred E. Sarasin, das Wesen seiner Mitglieder. Bei den Banken handelt es sich um Einzelfirmen, Kollektiv- oder Kommanditgesellschaften. Mit der Bezeichnung «Privatbankier» wollen sich die Mitgliedsbanken vom Sammelbegriff «Privatbanken» unterscheiden. Damit sind generell die Vermögensverwalter für reiche Privatkunden und institutionelle Anleger gemeint. Sie sind in der Regel unter der Form von Aktiengesellschaften organisiert (wie zum Beispiel Julius Bär Holding oder die Vontobel Holding). Die Vereinigung der Privatbankiers wurde 1934 gegründet und besass einst gegen 70 Mitgliedsbanken, heute sind es noch deren 13. Die meisten sind in Zürich, Genf und Basel beheimatet, die grössten Banken sind Pictet sowie Lombard Odier Darier Hentsch.

Daniel Hügli
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