Oft trüben dunkle Wolken die Beziehung zwischen Konsumgüterwirtschaft und Handel, weil jeder Part versucht, primär die eigenen Felle ins Trockene zu bringen. Die Industrie hat die Produkte, der Handel bietet den Markt. Mag ein Produkt noch so gut sein und einem echten Kundenbedürfnis entsprechen ohne den Zugang zur potenziellen Kundschaft läuft nichts.
In diesem Spannungsfeld lassen sich nur schwer Meilensteine setzen. Deshalb hat sich vor Jahren die Erkenntnis durchgesetzt, dass mit verstärkten Kooperationen die Wertschöpfungskette nachhaltig optimiert werden kann. Kooperation bedeutet hier der Austausch von Daten, die Anwendung von «Best Practice», die Etablierung von Standards.
Ein eigentlicher Meilenstein ist in dieser Beziehung sicherlich der auf Ende November geplante Zusammenschluss der Schweizerischen Gesellschaft für Logistik (SGL), Efficient Consumer Response (ECR) und EAN Schweiz zu «Global Standard 1» (GS1), um international Synergiepotenziale auszuschöpfen.
Austausch erwünscht
Ein Sammelsurium von Konzepten, Prozessempfehlungen und Technologien bietet die weltweite Initiative Efficient Consumer Response (ECR). Die Überlegung dahinter ist, dass grössere Einsparungen bei allen Produktionsfaktoren eigentlich nur noch durch optimale Kooperationen möglich sind.
Konsequenterweise herrscht bei ECR eine «Open Source»-Denkhaltung: Sämtliche Erfahrungen stehen den Mitgliedern offen und werden ausgetauscht (siehe ECR-Special in der «HandelsZeitung» Nr. 35 vom 25.August 2004).
In diesem Kontext haben die Informationstechnologie und innovative Technologien in der Branche stark an Bedeutung gewonnen, wie die jüngste Erhebung von ECR und Accenture zeigt. Bei fast allen Methoden und Techniken zur Prozessverbesserung, die von den ECR-Initiativen im deutschsprachigen Wirtschaftsraum vorangetrieben werden, befinden sich unterstützende Technologien im Zentrum.
Wenn es um Optimierung geht, steht bei den Unternehmen die «Prozess-Perspektive» klar im Vordergrund, wie die Umfrage zeigt. Die Steigerung der Prozesseffizienz wird als wichtigster Erfolgsfaktor erkannt. Sowohl ECR-Methoden und -Techniken als auch neue Technologien werden als Instrument zur Prozessverbesserung angesehen und eingesetzt.
Doch ECR wird nicht nur als strategisches Instrument zur langfristigen Verbesserung der Prozessabläufe gesehen, sondern es wird ihm auch grosses Potenzial für die Optimierung des Tagesgeschäfts zugeschrieben.
Grundsätzlich wird den neuen Technologien ein grösserer Nutzen bei der Unterstützung der Versorgungsprozesse (Supply Side) beigemessen. Bemerkenswert ist zudem, dass die Umsetzung auf der Supply Side weiter vorangeschritten ist als auf der Nachfrageseite des Handels.
Vor allem bei der neuen Zukunftstechnologie Radio Frequency Identification (RFID) gehen die Auffassungen der Unternehmen im Hinblick auf den erwarteten Nutzen einerseits und die Umsetzungspläne andererseits auseinander. Die Bewertung von RFID als unterstützende Technologie bei der Gestaltung effizienter Prozesse sowie die Implementierungsabsichten der Unternehmen sind im Vergleich zu einer Erhebung vom vergangenen Jahr realistischer. Dazu haben insbesondere erste Erfahrungen mit Konzeptstudien und Pilotprojekten beigetragen.
Verhältnis entkrampfen
Das Fazit, das sich aus der Studie ziehen lässt: Der Einsatz innovativer Technologien schreitet deutlich voran. Jedoch reichen die bisherigen Aktivitäten der Unternehmen nicht aus, um die vorhandenen Potenziale auszuschöpfen. Eine verstärkte Umsetzung von innovativen Technologien würde über den unternehmensinternen Nutzen hinaus wohl auch das nach wie vor gespannte Verhältnis zwischen Handel und Industrie etwas entkrampfen wenn vermutlich auch nur bis zu den nächsten Konditionengesprächen.
Weitere Informationen unter:
www.ecr-schweiz.ch
ecr@ecr-schweiz.ch
j.leichsering@accenture.com