Holzgas als Treibstoff ist älteren Generationen noch in Erinnerung. In den Kriegsjahren verkehrten auch in der Schweiz einige gasbetriebene Autos. Die Fahrzeuge führten den Holzvergaser mitsamt dem Holzvorrat mit – eine mittlerweile kaum mehr denkbare Kombination. Doch Holzgas als multifunktionaler Energieträger ist heute, angesichts der steigenden Ölpreise und des drohenden Klimawandels, ein höchst aktuelles Thema. Ein Thema ist es ganz offensichtlich auch für die Elektrizitätswerke des Kantons Zürich, EKZ.

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Aus Holz wird Gas, aus Gas Strom

«Eine Schlüsseltechnologie», meint Serge Biollaz vom Paul Scherrer Institut zur Holzvergasung. Denn das Holzgas lässt sich zur Wärme- und Stromerzeugung sowie – durch chemische Umwandlung – als Treibstoff für motorische Zwecke nutzen. Damit bildet Holzgas quasi ein Scharnier zwischen dem nachwachsenden Waldprodukt Holz und den wichtigsten Energiedienstleistungen Mobilität, elektrische Prozesse und Raumwärme. Was dereinst ein neues Energiezeitalter symbolisieren soll, wird heute schon im Zürcher Oberland erprobt. In Wila haben die EKZ, gemeinsam mit einem lokalen Partner, eine Pilot- und Demonstrationsanlage mit einer elektrischen Leistung von 350 kW realisiert. Aus jährlich 3 Mio kg Holzschnitzel entsteht in einem Reaktor Holzgas, das als Treibstoff für einen Ottomotor dient. Der mit dem Motor gekoppelte Generator erzeugt elektrischen Strom. Die Abwärme aus dem Reaktor und dem Gasmotor wird in Wila zur Trocknung von Holzschnitzeln verwendet. Ein geringerer Teil heizt ein Nachbarhaus und erwärmt das Wasser für Küche und Bad. Die Holztrocknung hat einen durchaus ökologischen Aspekt: Statt nasse – und damit schwere – Holzschnitzel an die Bestimmungsorte zu verfrachten, bekommt der Kunde «ofenfertige» Schnitzel. Das bedeutet deutlich weniger Lastwagenfahrten.

Keine triviale Technik

Ein wichtiges Kriterium für die Betriebssicherheit und die Lebensdauer der Anlage, insbesondere des Gasmotors, ist die Gasqualität. Vor allem Teerbestandteile machen dem Motor zu schaffen. Deshalb durchläuft das Holzgas zwischen Reaktor und Motor eine aufwendige Reinigung mittels Filter. Eine weitere harte Rahmenbedingung sind die restriktiven Grenzwerte der Luftreinhalteverordnung für stationäre Motoren. «Trivial ist die Technik nicht», kommentiert Hannes Brühlmeier von der Planungsfirma Durena den komplizierten Prozess. Nicht umsonst sind in der Schweiz erst einige wenige Pilotanlagen in Betrieb. Über die Holzvergasung in Wila soll deshalb ein Messprogramm detaillierte Auskunft geben über die betriebliche Zuverlässigkeit, über die Effizienz und über das Optimierungspotenzial des Gesamtsystems. Ob die Holzvergasung die hohen Erwartungen erfüllt, ist alles andere als gesichert.

CO2 als Leitwert

Jedes Jahr verringert sich durch die Musteranlage die CO2-Fracht um 950 t. Insofern zeigt Wila einen gangbaren Weg zur CO2-Reduktion auf. Multiplikationsfähig ist die Technik allerdings nur innerhalb enger Bedingungen. Die unmittelbare Nutzung der Wärme vor Ort ist eine zentrale Voraussetzung – also ohne Speicher und ohne Fernwärmenetz. Viele Projekte scheitern denn auch an den hohen Kosten der Fernleitung von 500 bis 1000 Fr. pro Meter und an den Durchleitungsrechten für die Realisierung des Netzes. Die Verwertung des Stromes ist dagegen kein Problem, denn die notwendige Infrastruktur bildet das bestehende öffentliche Stromnetz der EKZ. Abgesehen von Inselanlagen ist das Elektrizitätsnetz für die Gewinnung von Strom aus erneuerbaren Quellen also unverzichtbar.

Naturstrom für 600 Haushalte

2,2 Mio kWh Naturstrom liefert der umweltfreundliche Stromerzeuger; das entspricht dem Verbrauch von 600 Haushalten. Gleich viel fällt als Wärme an. Mit Kilowattstundenpreisen von 8 Rp. für Wärme und von 25 Rp. für Elektrizität resultiert ein Ertrag von gut 700000 Fr. Damit sind die Kosten für den Brennstoff, für Wartung und Unterhalt sowie für die Amortisation der 4 Mio Fr. teuren Anlage zu decken. Das Messprogramm erfolgt mit Unterstützung durch das Bundesamt für Energie.

Kein Zweifel: Billiger Strom ist das nicht. Ein wichtiger Grund liegt in der Kostenschere, die in der Fachwelt als Economy of Scale bezeichnet wird. Bei diesen vergleichsweise kleinen Leistungen sind die spezifischen Investitionskosten sehr hoch. Dies gilt für alle drei Komponenten: Für Vergaser, Motor und Generator gleichermassen. Bei grossen Leistungen steht der Betreiber aber vor dem Problem, die anfallende Wärme kostendeckend zu vermarkten. Wirtschaftlich ist dies nur innerhalb von grossen Siedlungs- und Industriegebieten möglich.

In einer völlig anderen Leistungsklasse ist das Projekt «Aubrugg» positioniert. Die EKZ planen für die Heizzentrale in Zürich-Nord ein Holzkraftwerk mit einer thermischen Leistung von 28 MW. Davon bringt der Generator 8 MW. Aus 200000 m3 Holzschnitzel produziert das Werk, wenn es denn realisiert wird, Wärme und Strom für tausende von Wohnungen. «Dadurch lassen sich 24000 t an CO2-Emissionen einsparen», argumentiert Stefan Meyre vom EKZ. Dabei kommt eine andere, durchaus bewährte Technik zum Einsatz: Aus Holzwärme entsteht Dampf, der eine Turbine und einen Generator zur Stromerzeugung antreibt. Auch da lässt sich Abwärme der Dampfproduktion und der Turbine nutzen – für Raumheizung und Wassererwärmung. Im Gegensatz zum Pilotprojekt in Wila ist das Heizwerk bereits heute in ein Fernwärmenetz eingebunden. Damit hat das Projekt «Aubrugg» eine ausserordentliche Standortgunst.