Wer Turnschuhe von On trägt, tut damit auch etwas Gutes – das zumindest schreibt sich die Firma, an der auch Tennisstar Roger Federer beteiligt ist, gross auf die Fahne. Ab 2024 will das Unternehmen beispielsweise nur noch recyceltes Polyester und Polyamid sowie Biobaumwolle für die Herstellung seiner Produkte verwenden.

Zudem hat es erst diesen Sommer ein zirkuläres Schuh-Abo lanciert und setzt auf ein Forschungsprojekt, das aus Kohlendioxid Kunststoff herstellt. Wenn sich das Ganze skalieren lässt, will On mit dem CO2-basierten Plastik Schuhe fabrizieren. Das Ziel all dieser Initiativen: Die On-Produkte sollen einen komplett kreislauffähigen Produktlebenszyklus erhalten.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Re-Commerce für Gutschein und Gewissen

Um das zu erreichen, führt das Unternehmen mit der Plattform «Onward» nun auch schon die nächste Idee ein. Seit vergangenem Donnerstag können US-Kunden und US-Kundinnen auf der Plattform gebrauchte Schuhe von On kaufen und eintauschen. Demnächst soll das auch für Kleidung möglich sein, wie On vergangene Woche mitteilte.

Sprecherin Vesna Stimac erklärt, wie es funktioniert: Kunden und Kundinnen können On-Schuhe, die noch in gutem Zustand sind, aber nicht mehr gebraucht werden, an die Firma zurückschicken. Sie werden gereinigt, überprüft und dann günstiger via Onward angeboten.

Sie werden in die drei Kategorien «so gut wie neu», «sehr gut» und «gut» eingeteilt. Je gebrauchter der Zustand der Schuhe ist, desto günstiger sind sie zu haben. «Schuhe, die nicht den Re-Commerce-Kriterien entsprechen, werden gemeinnützigen Organisationen gespendet», erklärt die Sprecherin.

Ökobilanz ist schwierig einzuschätzen

Doch was springt für die Verkäuferinnen und Verkäufer dabei heraus? Sie erhalten einen Gutschein über 35 Dollar, den sie direkt beim Secondhandportal Onward oder für den Kauf neuer On-Produkte via Webseite einlösen können. Für die Käufer und Käuferinnen gibt es die vergünstigten Modellen – und dazu ein gutes Gewissen.

«Mit Onward tragen On und die Kundschaft dazu bei, dass diese Produkte nicht im Müll landen. Gleichzeitig entfallen Wasser-, Energie- und CO2-Emissionen, die bei der Herstellung von neuen Produkten anfallen», so die Sprecherin.

Ganz so einfach ist diese Rechnung allerdings nicht, wie Tobias Stucki, Experte für Kreislaufwirtschaft und Co-Leiter des Instituts für Sustainable Business an der Berner Fachhochschule, auf Anfrage erklärt. Aussagen darüber seien schwierig, wenn man die Ökobilanz der Schuhe selber nicht kenne. «Gut möglich, dass die Ökobilanz negativ ausfällt, wenn jemand die Schuhe extra mit dem Auto zur Post bringt», sagt der Experte.

Ihm ist es jedoch wichtig, nicht nur die unmittelbaren ökologischen Kosten zu betrachten: «Wenn es uns gelingt, die Leute generell für die Nachhaltigkeit zu sensibilisieren, ist der Re-Use der Schuhe vielleicht nur der Anfang, und die Leute überdenken generell ihren Lebensstil», so der Experte. Und das könne längerfristig zu viel grösseren Umwelteinsparungen führen. «Ich finde deshalb solche Initiativen sehr wichtig, unabhängig von der unmittelbaren Ökobilanz», sagt Stucki.

Trend bei Textilmarken

Stucki und seine Kolleginnen und Kollegen von der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (KOF) stellten in einer 2020 durchgeführten Studie fest, dass sich in der Schweiz 5 Prozent der Unternehmen mit dem Wiederverkauf von zurückgegebenen Produkten beschäftigen. Damit stünde man noch ganz am Anfang des Themas der Wiederverwendung, so Stucki.

Auch in den USA verkauft erst eine verschwindend kleine Zahl der Marken auch Secondhandprodukte über eigene Plattformen. Am Beispiel USA sieht man aber, wie schnell sich der Trend beschleunigt: Einer Studie des Resellers Thredup zufolge stieg die Zahl von Marken, die eigene Secondhandportale betreiben, von 8 im Jahr 2020 auf 30 ein Jahr darauf – das entspricht einem Anstieg um 275 Prozent.

«Während die letzten zehn Jahre von Marktplätzen dominiert wurden, treiben Marken und Detailhändler die nächste Welle von Secondhand an», wird Thredup-CEO James Reinhart im jährlichen Resale-Report des Unternehmens zitiert.

Dabei seien innovative und grosse Unternehmen weiter, wie Stucki erklärt. «Dies kommt daher, dass Kreislaufwirtschaft und die Umstellung auf Re-Use eine Innovationsaktivität ist – die Prozesse im Unternehmen müssen angepasst werden.»

Als Beispiel gibt er an, dass Firmen, die auf Kreislaufwirtschaft setzen möchten, ihre Produkte bereits bei der Planung und beim Designprozess so anfertigen, dass sie sich wiederverwenden lassen. Materialien müssen trennbar und reparierbar und die Produkte modular aufgebaut sein, damit Anpassungen vorgenommen werden können.

Grosse Unternehmen, die solche Prozesse skalieren können, sind also im Vorteil. Grosse, bekannte Labels stehen laut Stucki aber auch mehr im Rampenlicht, weshalb sie sich schneller an neue Trends anpassen müssten. «Es überrascht deshalb nicht, dass On als grosses und innovatives Unternehmen jetzt auch relativ früh auf diesen Trend aufsteigt.»

(AWP/mth)