Grossunternehmen setzen seit einiger Zeit im Server-Umfeld auf Linux. Und auch an der Basis erfreut sich das freie Betriebssystem grosser Beliebtheit: Nicht nur Computerfreaks, auch Programmierer oder Studenten an Hochschulen benutzen zunehmend das System mit dem Pinguin als Markenzeichen. Linux und freie Software generell wird heute also getragen von einer Bewegung, die von oben wie von unten eingesetzt hat. Dazwischen steht der Mittelstand in Form der kleinen und mittleren Unternehmen. Auch sie sind von der Linux-Welle erfasst worden. Gemäss einer Studie, die IBM und das Unternehmermagazin «Impulse» gemeinsam in Deutschland durchgeführt haben, setzt heute rund ein Viertel aller KMU bereits Linux auf der Serverseite ein. Als hauptsächliche Verwendungsgebiete gaben die Befragten Internet-Anwendungen wie Webserver oder Firewall an, aber auch Standard-Dienste wie File- und Printserver sowie Unternehmensapplikationen wie etwa SAP.
Know-how als Dienstleistung
Dabei befinden sich viele KMU in einer besonderen Situation. Denn sowohl Grossbetriebe mit eigener IT-Abteilung und vorhandenem Unix-Know-how als auch die Benutzer an der Basis können Linux-Umgebungen mit eigenem Wissen betreiben. Im Gegensatz dazu besitzen Klein- und Mittelbetriebe oft keine eigene IT-Abteilung oder weisen am ehesten noch Kenntnisse über Microsoft-Systeme auf. Das führt dazu, dass diese Firmen auf das Wissen ihres IT-Lieferanten angewiesen sind, wenn sie eigene Linux-Server betreiben möchten. Als Folge davon wird dem IT-Anbieter ein breites Wissen abverlangt, das Windows- wie auch Linux-Umgebungen abdeckt. Erst wenn diese Voraussetzung erfüllt ist, kann ein Anbieter einen Kunden bedürfnisgerecht beraten und betreuen.
Obwohl Linux seine Stärken wie Stabilität, Leistung und Integration insbesondere auch mit Windows-Umgebungen mehrfach bewiesen hat, ist der Schritt hin zum freien Betriebssystem für viele KMU ein Schritt ins Neuland. Das bedingt nicht nur einen kompetenten IT-Anbieter, sondern auch eine vorhandene Vertrauensbasis. Dieses Vertrauen ist insbesondere dann wichtig, wenn ein Unternehmen mit dem Einsatz von Linux seine IT-Strategie neu definiert. Denn seine Stärken entfaltet Linux nur, wenn es gemäss den geschäftlichen Anforderungen eingesetzt wird. Dazu gehört auch, dass die auf dieser Plattform betriebenen Anwendungen auf die gestellten Aufgaben zugeschnitten sind. Das bedingt eine sorgfältige Evaluation, in die unter anderem der längerfristige Nutzen der gesamten Umgebung einbezogen werden sollte.
Linux als Strategie
Aufgrund der Möglichkeiten, die sich mit Linux öffnen, ist es sinnvoll, dieses Thema zur «Chefsache» zu machen: Die Zahl der unterstützten Plattformen vom PDA bis zum Host und die weitreichenden Anpassungsmöglichkeiten des Systems selbst bieten flexiblere Einsatzmöglichkeiten als proprietäre Umgebungen. Das ist ein weiterer Grund, das freie Betriebssystem in eine Gesamtstrategie einzubinden. Eine gesamtheitliche Sicht der Dinge hilft, wenn ein Unternehmen die bestehende Infrastruktur oder Teile davon schrittweise auf Linux umstellen will. Ein solches Vorgehen ist denkbar und sinnvoll, wenn die Situation es zulässt, dass einige Bereiche einzeln umgestellt werden.
Eine strategische Planung erfordert aber zumindest theoretische Grundkenntnisse von Linux innerhalb des Unternehmens. Dazu gehört das Wissen um Möglichkeiten und Grenzen dieser Plattform, beispielsweise, wenn es um die Evaluation einer geeigneten Technologie oder Anwendung für eine bestimmte Aufgabe geht. Hier ist wiederum das Know-how des IT-Anbieters gefragt, der das Unternehmen bei der Planung mit seinem Fachwissen unterstützt und die Umgebung auch betreiben kann.
Karl Arnold, Leiter Midmarket Business IBM Schweiz, Zürich.
Praxisbeispiele: Kleine kommen auch ohne viel Wissen zur Linux-Plattform
Die auf Zeitbewirtschaftungssysteme und Industrieuhren spezialisierte Firma Mobatime betreibt ihre ERP-Lösung auf einem Linux-Server. Das Unternehmen, das unter anderem die markanten Schweizer Bahnhofsuhren produziert, entschied sich aufgrund eines Angebots des IT-Partners für diese Kombination. Den Ausschlag gab, dass dieser ein Gesamtpaket offerierte, das nebst Installation und Support auch eine Funktionsgarantie beinhaltete. So konnte die Mobatime auch ohne eigenes Linux-Know-how das Risiko minimieren und den optimalen Betrieb der Plattform sicherstellen.
Bereits vorhandenes Wissen wirkte sich beim auf Italienreisen spezialisierten Reiseunternehmen Wasteels Schweiz zugunsten von Linux aus. Aufgrund der positiven Erfahrungen wie Stabilität und des Fehlens von Lizenzkosten entschied sich das europaweit präsente Unternehmen, sowohl den Webauftritt als auch das Intranet in der Schweiz auf Linux als Betriebssystem aufzubauen. Die Vorteile von Linux und die Unterstützung durch den IT-Partner haben Wasteels dazu bewogen, das freie Betriebssystem als strategische Richtung vorzugeben und schrittweise weitere Systeme umzustellen. Sowohl bei Mobatime als auch bei Wasteels fällt das Echo auf den Linux-Entscheid unisono positiv aus. Beide Unternehmen würdigen die hohe Stabilität und Leistung des freien Betriebssystems. (ka)