Wie vollbringt man Höchstleistungen? Eine an sich einfache Frage. Mit einfachen Antworten: «Entscheidend sind die Gene, das Elternhaus und das innere Feuer», sagt Oswald Oelz, einer der es wissen muss, weil er schon immer hoch hinaus wollte.

Immerhin hat er mit einigen der besten Bergsteigern der Welt als dritter Mensch die «Seven Summits», die jeweils höchsten Gipfel der sieben Kontinente erklommen, «plus zirka 1500 weitere Berge; aber ich habe schon lange aufgehört zu zählen». Und er ist seit 15 Jahren als Chefarzt für innere Medizin am Triemli-Spital unter anderem zuständig für 300 Ärzte, Ärztinnen und Fachpersonen. Jedenfalls noch bis Ende diesen Monats dann lässt er sich selber frühzeitig pensionieren.

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Er habe das beste aller möglichen Leben gehabt und mehr erreicht, als er sich je erträumt hatte. Was also braucht es, um überdurchschnittlich erfolgreich zu sein?

Die Veranlagung und die Prägung

Die entscheidende Basis für den Erfolg liegt in den Genen, ist Oswald Oelz überzeugt. Es brauche eine robuste Gesundheit und einen hohen Energielevel. Nicht nur zum Bergsteigen.

Die Gene kommen von den Eltern. Die ersten Lebenserfahrungen auch: Oelz ist 1943 in Rankweil im Vorarlberg geboren worden. Seine Mutter habe ihn schon als 5-jährigen auf die Berge geschleppt und ihm gesagt, das sei schön. Und das glaube er bis heute. Und sein Vater machte ihm klar, dass «wer etwas erreichen will, dafür etwas leisten muss» - an sich nicht eben aussergewöhnlich für die Kinder der Nachkriegszeit.

Und die heutige Generation? «Verweichlicht, ohne jeden Zweifel.» Auch und besonders die Ärzte mit ihrer Arbeitszeitreform. «Absurd, dass die jungen Ärzte nicht mehr 12 Stunden am Tag während sechs Tagen die Woche arbeiten sollen. Und woher kommt die Übung, die Erfahrung, die Routine?», wettert er. «Wenn Sie operiert werden müssen, wollen Sie einen Arzt, der diese Operation dreimal pro Woche macht oder einen, der sie dreimal im Jahr macht? Gut wird man durch Tun und nicht durch Selbstverwirklichung in der Freizeit. Und wer nicht Arzt werden will, muss auch nicht.»

Der Wille

Zum Wollen gehören Disziplin. Willensstärke, Beharrlichkeit. Ist das die Essenz des Erfolgs? «Man muss die Dinge einfach tun», bringt es Oelz auf den Punkt, ohne lange herumzuphilosophieren. Und wenns weh tut? «Kein Problem. Im Gegenteil: Es muss weh tun.» Aber wenn man abstürzt? «Die Kunst, sich rechtzeitig auch wieder zurückzuziehen, die Unternehmung abzubrechen, kann Leben retten.» In dieser Situation trennt sich dann manchmal eine Seilschaft - die einen steigen weiter auf, die anderen steigen aus.

Die Sinnfrage

Was ist ausserdem entscheidend für den Erfolg? Einen Sinn zu sehen, in dem was man tut? Mumpitz. «Bergsteigen ist das Sinnloseste, was man sich vorstellen kann. Man quält sich rauf und kaum ist man oben, ist das einzige Problem: Wie komm ich wieder runter. Und am Ende des Tages ist man gleich weit wie am Anfang nur müder.»

Aber einen gewissen Sinn wirds wohl schon haben, oder? «Das Tun selbst ist befriedigend. No pain, no gain. Die Welt ist von oben am schönsten.» Also: Hohe Ziele stecken? Kommt drauf an.

Die Qualität des Ziels

«Die Nachkommen Zwinglis und Calvins säen und ernten ohne Unterlass und sammeln in Scheunen, die jetzt schon voll sind wie jene von Onkel Dagobert», hat Oelz einmal geschrieben. Er sagt, Millionen verdienen zu wollen, sei kein Ziel: «Was tun damit? Ich kann nur in einem einzigen Haus wohnen, nur eine Flasche Wein pro Tag trinken, nur ein Filet essen. Also was soll das? Ich bin zufrieden mit meinen 400000 Fr.»

Und was, bitte sehr, soll es dann, auf noch mehr Berge zu wollen? Wieso soll die zehnte Million für entsprechend Veranlagte weniger wichtig sein als der zehnte Gipfel für ihn? Oder der 1500ste? Besonders, da er sagt, bei Getriebenen - zu denen auch die Workaholics in den Büros gehören - wachse die Zufriedenheit nicht mit der Erreichung der Ziele. Sondern die Grenzen würden einfach immer etwas weiter gesteckt oder verschoben. Wie bei einem Drogensüchtigen.

Die Energie

Auch sein eigenes Tun hat starken Suchtcharakter: «Natürlich! Sucht macht Freude.» Und woher kommt die Energie? Nicht nur bei Sportlern, auch bei Managern ist der Medikamentenmissbrauch, das Doping, weit verbreitet. Für Bergsteiger gibts keine Angaben, die stehen auch kaum im Wettbewerb. Dennoch wurde bei Himalayaexpeditionen früher Doping sogar empfohlen. Dabei: «Wer begeistert ist, braucht keine körperfremden Aufputschmittel - sondern ist ein Adrenalinjunkie.»

Begeisterung kommt zwar primär von innen. Doch man könne Motivation auch fördern. «Dazu muss jedoch bei den zu Motivierenden ein gewisses Substrat vorhanden sein, sonst ist es sinnlos. Man muss entzündbar sein oder besser schon brennen dann erreicht man hohe Ziele», sagt Oelz.

Und das berüchtigte Burnout-Syndrom, wenn sich die Batterien nicht mehr aufladen? Schon das Wort löscht ihm ab: «Wer wirklich brennt, der brennt nicht aus nur wer vor sich hinmottet wie eine alte Matratze», ist er überzeugt.

Es gäbe das Phänomen sicher, aber keinesfalls so weit verbreitet wie behauptet. «Noch nie ist es uns so gut gegangen wie heute und trotzdem brennen die Leute reihenweise aus. Weil viele keine wirklich befriedigende Arbeit haben, ständig den gleichen Trott erleben. Das gibts auch bei den Ärzten, den «BODRs, burned out doctors».

Sein Tipp, nicht nur für Ärzte: Zwischendurch etwas ganz anderes tun. Bergsteigen zum Beispiel. «Das ist ein absolut idealer Ausgleich zu der künstlichen Welt, in der wir hier unten leben.»

Die Alternative

Oelz ist noch in einer weiteren Disziplin überdurchschnittlich: Er ist stolzer Besitzer von sagenhaften 500 Stück riesigen Tukanen und Papageien aus Balsaholz. «Wahrscheinlich die grösste Sammlung der Welt», wie er bescheiden sagt. Ein Dutzend der vielfarbigen Vögel steht im Büro, ein halbes Dutzend vorderhand noch im Triemli-Eingangsportal, der Rest zuhause am Bachtel.

Einfach bestellt bei einem befreundeten Schweizer Geschäftsinhaber in Ecuador, den er anlässlich einer Klettertour dort getroffen hat. Zuerst einige, dann mehr, dann viele.

Woraus ersichtlich ist, dass es nicht immer grossen Einsatz und viel Energie braucht, um zu überdurchschnittlichen Resultaten zu kommen.

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Service: Für Gipfelstürmer auf Karriereleitern

Erkenntnisse des Bergsteigers Oswald Oelz, die auch für Manager gelten:

- Von oben ist die Welt am schönsten.

- Was den Guten vom sehr Guten unterscheidet, ist die Technik, nicht die Kraft.

- Wer im Team Erfolg haben will, muss als Experte mit Experten arbeiten, die perfekt zusammenspielen.

- Man muss sich auf sein Material und seine Kameraden verlassen können.

- Falls man seine eigenen Grenzen ausdehnen und über sich hinauswachsen will, so muss man dies Schritt für Schritt tun und langsam aufbauen wie jede Karriere.

- Wenn man sich schindet, sein Bestes gibt und dafür leidet, dann ist das Erreichte das wirklich Wertvolle.

- Rechtzeitig umkehren, wenn die Risiken für die Gesundheit zu gross werden.

- Zwischendurch etwas ganz anderes tun, um die Batterien wieder aufzuladen.